Jona – Ein Prophet, der keiner sein wollte

14.12.2019 in Fulda, Protokoll meiner Gattin Debora, eine große Hilfe an meiner Seite
(deine-wurzel.de)

Einleitung: Was macht den Text heilig?

Eigentlich ist es eine peinliche Geschichte, dass Gott einen Mann beruft, der nicht gehorcht und sogar davon läuft. Jona ist doch ein Prophet, ein Künder! Als solcher müsste er die Macht Gottes doch kennen.
Gottes Macht wird im Buch Jona deutlich dargestellt: ER hat die Macht über die gesamte Schöpfung, denn ER lässt den Sturm aufkommen und stillen, als Jona ins Meer geworfen wird.
Jonas Verhalten lässt schließlich Heiden erkennen, dass Jonas Gott der wahre Gott ist. Die Seeleute bekommen Angst und erkennen den Zusammenhang zu Gott. Sie bringen sehr bald Schlachtopfer für diesen Gott. Sie kehren um zu Gott, weil sie IHN als den Numinosen[1] erkennen. Sie demütigen sich, obwohl sie vorher ihre eigenen Götter angebeteten.
Ob diese Geschichte real ist oder eine Parabel, spielt für den jüdischen Gelehrten keine Rolle. Beides trifft zu und beides kann so miteinander gelesen werden. Jedes reale Geschehen in der Bibel beinhaltet ebenso eine Botschaft wie eine Parabel. Jona wird als historische Gestalt in 2. Kö.14,25 erwähnt. Ob diese beiden Figuren jedoch identisch sind, ist nicht sicher. Trotzdem ist das ewig Gültige die Botschaft der Geschichte: Gott will uns jederzeit re-orientieren. Gott gibt uns immer wieder Neugeburten, besonders in spiritueller Hinsicht.
Es gibt für Juden die historischen Bücher, die die geschichtliche Entwicklung des jüdischen Lebens darstellen. Sie bringen viele historische Fakten gepaart mit Theologie. Zu diesen Büchern gehört in erster Linie die Tora abgesehen von den ersten drei Kapiteln, weiter die Königsbücher und die Chroniken. Ein Jude stellt diese Geschichten nicht in Frage. Zum metaphorischen Genre gehört beispielsweise Hiob als eine große Parabel sowie das Buch Jona oder das „Hohelied der Liebe“. Die Absicht der Autoren dieser Bücher war die Darstellung einer Parabel, denn in diesen Schriften fehlen historische Details. Die Sprüche und der Prediger zählen zur Hagiographie, der Weisheitsliteratur.
Wenn ein Mensch etwas tut oder unterlässt, hat das Auswirkungen auf seine Mitmenschen und auf seine Umwelt. Gott lässt Dinge geschehen, die ansonsten nicht geschehen würden. Es kommt zu einer Verkettung von Umständen. Alle Beteiligten haben mit der Situation zu tun, weil Gott auch die vorher Unbeteiligten belehren will. Wir Menschen sind alle miteinander verbunden oder vernetzt. Nur durch Jonas eigentlich ungehorsame  Flucht lernen die Seeleute Jona kennen und somit Gott. Unbeabsichtigt leistet Jona einen Beitrag zur Teschuwa der Seeleute. Gott kann die Handlung eines Menschen umbauen, nutzen, um die falsche Handlung zum Nutzen für andere zu machen. Die Flucht eines einzelnen Mannes wird zu einem kosmischen Geschehen. Gott steuert alles so, dass nicht nur Jona korrigiert wird, sondern die Außenstehenden ebenfalls und somit alle profitieren.
Gott schreibt auf krummen Linien gerade.
Jeden Tag geschehen Begegnungen, und jede Begegnung ist gemäß Martin Buber eine Führung Gottes. Jede Entwicklung hat etwas mit unserem Reifungsprozess zu tun und hat Offenbarungspotential für mein Leben. Jedes Leben ist Begegnung und Beziehung.
Gott gibt keinen Menschen auf; ER korrigiert den Menschen, um ihn zurückzuführen.
Welches Gottesbild habe ich? Vor wem fliehe ich, wenn ich vor Gott fliehe? Was ist Berufung? Kann ich mich der entziehen?

Jona Kap. 1

1 SEINE Rede geschah וַיְהִי דְּבַר יְהוָה  zu Jona Sohn Amitajs, es sprach:
Gottes Rede geschieht! Gottes Reden ist ein Geschehen, ein Ereignis.
Jona, Sohn des Amitaj – warum wird der Vater mit erwähnt? Der Vater steht für Identität, Abstammung und Ursprung, Zuordnung, Familiengeschichte. Wir erfahren durch die Namen eine spirituelle Wahrheit des Menschen und sein Lebensprogramm.
Jona = die Taube; Programm des Namens: Die Taube steht für den Geist Gottes; sie ist Botschaftsüberbringer wie nach der Flut die Friedenstaube u. Zeichen der Dienstbereitschaft, Sanftheit; sie war ein Opfertier im Tempel. Sie ist aber auch widerspenstig, denn das Wort Jona in der Tiefe bedeutet von seiner Wurzel ינה (jana) her: trügerische List, Trotz, Ambivalenzen und Brüche. Die Jona steht als Prototyp für Israel gemäß des Hohenliedes Salomos.
Amitai Wurzel: אמת (Emet) = meine Wahrhaftigkeit; Treue, Ganzheit, Zugehörigkeit Gottes; Gott ist die Wahrhaftigkeit
Sohn von: בן = erbaut von > Der Sohn wurde erbaut durch Gottes Wahrhaftigkeit und ultimative Treue.
Das ist Jonas Programm und er ist Friedensbote. Ist er bereit, in dieses Programm hineinzuwachsen, Friedensbote für die gesamte Schöpfung zu sein? Jeder Mensch soll ein Bote Gottes sein, doch in Jonas Namen steckt dieses Programm durch die Wortbedeutung. Ihm fehlt jedoch die Beziehung zu sich und seinem Sendungsbewusstsein. In so einer Situation wird man unumgänglich Schiffbruch erleiden. Leben besteht aus Sendung und Sendungsbewusstsein.
In den Namen der Geschichte steckt schon die Theologie des gesamten Plots. Aus dem flatterhaften Täuberich soll ein Gott Zugehöriger erbaut werden.

2 Steh auf, wandre קוּם לֵךְ  nach Ninive, der großen Stadt, und rufe über ihr aus, daß ihre Bosheit vor mein Antlitz herübergezogen ist.
Kum, lech! ist der typische Aufruf zur Berufung, ein Terminus technicus in der Theologie. Die drei Aufforderungen rufen ebenfalls in die Bestimmung. Diese Bestimmung ist, mit dem Antlitz Gottes auf dem Weg zu gehen.
Die Bosheit in Ninive, in welche Gott Jona schickt, ist für Jona ein Spiegel der eigenen Bosheit, mit der er sich vor Gott zu verstecken sucht.

3 Jona stand auf, nach Tarschisch zu flüchten, von SEINEM Antlitz fort. Er stieg nach Jaffa hinab, fand ein Schiff, das nach Tarschisch ging, gab den Fährlohn dafür, bestiegs, mit ihnen nach Tarschisch zu gehn, von SEINEM Antlitz fort.
Jona steht auf, aber er bewegt sich in die falsche Richtung, denn er flüchtet – vor Gott – steigt hinab. Jede Flucht vor Gott ist ein Abstieg. Tarschisch, die Verhärtung, wird dreimal erwähnt und zeigt, wohin Jona damit geht: in die Verhärtung. Zweimal wird erwähnt, dass er „von seinem Antlitz fort“ flieht. Die Zweiheit drückt die Zerrissenheit, Gespaltenheit Jonas aus.
Jaffa יפו  = die Schöne; Hafenstadt am Mittelmeer, äußere Schönheit, d.h. Jona flieht über das Meer, nicht über Land. Es hat zu tun mit Grenzüberschreitung und er verlässt das Feste. Er begibt sich auf das Unstete, was mit Jonas Charakter zu tun hat. Er ist selber wankelmütig. Gleichzeitig ist Wasser Symbol für Reinigung. Jonas Gottesbild scheint zu beinhalten, dass Gott nicht auf dem Wasser ist. Kennt er Psalm 139 nicht?
Tarschisch תַרְשִׁישׁ: von > שיש = Verhärtung, Versteinerung, denn wahrscheinlich wurde Marmor in dieser Stadt bearbeitet. In ihr sucht Jona die Trennung von Gott. Sie birgt in sich die trügerische Stabilität. Jona sucht Halt, aber er rennt vor dem Ewigen weg genau dort hinein, was das Problem verstärkt. Es drückt sein Beziehungsproblem mit Gott aus, denn er ist nicht  in der Lage, mit Gott ins Gespräch zu kommen, der ihn doch anspricht. Aber je mehr ein Mensch denkt, vor Gott fliehen zu können, umso mehr zeigt er seine Unsicherheit und bewegt sich letztlich genau  in Gottes Hand. ER holt dich ein, denn jeder Mensch ist ein Teil von Gott. Gott ist das Allseiende.
Ninive נִינְוֵה: von > נווה (Newe)= Wohnstätte, Residenz; Ein Ort, in dem Gott seine Wohnstätte haben möchte. Gott möchte hier etwas Neues kreieren. Es ist eigentlich eine Gegend und ein Ort, in die im Tanach nie jemand hingeschickt wurde. Ninive war damals eine Weltstadt.
Das jüdische Denken ist sehr kontradiktorisch aufgebaut. In diesem Text sind die Gegensätze die Verhärtung, in welche Jona sich begibt im Gegensatz zur Schönheit, aus der er flieht, der Stadt Jaffo. So versteinert sein Herz, sodass er kein Mitleid mit den Seeleuten hat, die durch ihn in Gefahr geraten werden.
Drei Städte werden genannt und weisen zahlenmäßig auf die anstehende Verwandlung hin.
Jona sucht Ersatzbegegnungen. Er sucht die äußere Schönheit in der Stadt Jaffo, bleibt darin aber nicht, obwohl es eine jüdische Stadt ist. Dann steigt er in das Schiff, die „Onia“ הָאֳנִיָּה von אֳנִיּ = Ich. Damit begibt er sich in seine Ichhaftigkeit. In seinem Ich sieht er seine Sicherheit, sodass er tief schläft.
Buber: Wo du gerade bist, ist dein wichtigster Auftrag. Die Flucht davor ist ein Weglaufen vor sich selbst und schadet sich selbst. Und du schadest dem Ort, an dem du nicht bist sowie dem Ort, an dem du nicht sein solltest.
Die Bibel ruft auf, zu prüfen, was unser Auftrag ist.

4 ER aber schleuderte einen großen Wind aufs Meer, ein großer Sturm ward auf dem Meer, daß das Schiff הָאֳנִיָּה zu zerbrechen meinte חִשְּׁבָה  dachte. (im hebr. Original)
Gott schickt den „Ruach“, was Wind und Geist bedeutet. Der Geist Gottes durchweht Jona und das Schiff. Das Schiff = die Ichhaftigkeit des Jona meinte, zu zerbrechen. Das Schiff wird personalisiert, weil es das Ich des Jona darstellt. Außerdem beinhaltet das jüdische Denken, dass alles mit Gott zusammenarbeitet, auch die Materialität. So entsteht eine neue Triade: Gott – das Schiff – Jona. Alles interagiert. Alles hört auf Gottes Stimme und dient IHM zu dem Zweck, Jona neu zu orientieren. Alles hört auf Gott aufs Wort -, nur Jona gehorcht nicht. Das ist eine Spitze gegen den Propheten. Wenn einmal etwas von Gott initialisiert wird, arbeiten alle Kräfte zusammen. Und so ist das Schiff nicht mehr bereit, Jona zu tragen, zu ertragen noch zu vertragen. Auf der symbolischen Ebene ist das Schiff bereit, mit Gott und dem Sturm zusammenzuarbeiten, damit Jonas falsches Ich Schiffbruch erleidet.
Jona steckt im Ego, in seiner Enge. Er will sich die Finger nicht schmutzig machen. Er meint, Gott hätte diesen Auftrag nicht zu Ende gedacht. Aber Gott ist in der Weite. Jona denkt nicht zu Ende, dass Gott nicht mit der Aufgabe zugleich die Lösung schickt; dass eine Herausforderung gleichzeitig das eigene Wachstum fördert.
Antithese zu Jona sind Menschen, die mit Gott sprechen: Mose am brennenden Dornbusch in Ex.3+4; Jeremia Kap.1; Gideon in Ri 5+6 wird von Gott überzeugt.
Ein ebenfalls gestörtes Gottesbild hatte Hiob.
Aber: Wen Gott liebt, den züchtigt er und holt ihn zu sich ran. Dafür konstelliert Gott Umstände und Begegnungen. Diese sind allesamt bereit, mit Gott in Beziehung zu treten. Sie werden damit zu Gesandten Gottes, die Jona über das Leben belehren, was Gott in der direkten Begegnung ermöglichen wollte. Zu diesen Gesandten Gottes gehören ebenso der Sturm und das Meer.

5 Die Seeleute fürchteten sich, sie schrien, jedermann zu seinem Gott, sie schleuderten ins Meer die Geräte, die im Schiff waren, sich darum zu erleichtern. Jona aber war ins hinterste Verdeck gestiegen, hatte sich gelegt und war eingeschlafen.
Die Heiden arbeiten mit Gott zusammen. Wie ER schleuderte, so schleudern sie nun. Über den Terminus wird die konzertierte Aktion ausgedrückt. Jona ist nicht nur ein Gesandter zu den Heiden, sondern Heiden sind Gesandte zu Jona. Gott benutzt uns füreinander, damit wir re-orientiert werden.
Gott ist in der Lage, die Schöpfung sowie unser Handeln zu instrumentalisieren, damit letztlich jeder Beteiligte profitiert und alle miteinander interagieren. Alle kommen ins Gespräch mit Gott, was Jona seinerseits mit Gott versuchte zu vermeiden.
Seeleute, die auf dem Schiff arbeiten, kennen sich nicht. Alle sind zusammengewürfelt; jeder hat seinen eigenen Gott. Aber Gott schickte die Menschen so zusammen, wie sie eine gemeinsame Gotteserfahrung machen sollen und wer Gott als den Einen kennenlernen soll. Sie sind durch den Sturm bereit, alles wegzuwerfen, was überflüssig ist im Leben. Menschen in der Not kommen ans Eingemachte, ins Innere, lassen das Äußere los. Nur der Mensch Jona in seinem falschen Ego wähnt sich sicher. Er ist nicht besser als die Heiden. Vielmehr erkennen die Heiden zuerst, dass das Schiff brüchig ist. Sie erkennen!
„Erkennen“ bedeutet bereits mehr als nur sehen oder wahrnehmen, sondern ein In-Beziehung-Treten. Darin ist ein tiefes Wahrnehmen des anderen, eine gewisse Intimität ausgedrückt, weshalb das Wort in der Bibel immer wieder für Geschlechtsverkehr benutzt wird, der zur Zeugung eines Kindes führt oder für eine Begegnung von Gott und Mensch.

Die Erinnerungstafel in Eschede für das Zugunglück am 3.06.1998 fasst in Worte, wie einander fremde Menschen in einem gemeinsamen Schicksal geeint werden:
Inschrift auf der Gedenktafel:
Der Lebensweg dieser 101 Menschen
endete in der Zugkatastrophe von
Eschede.
Auf unergründliche Weise kreuzten und
vollendeten sich hier ihre Schicksale.
In das Leid und die Trauer um die
geliebten Menschen mischt sich
Dankbarkeit, ihnen im Leben nahe
gewesen zu sein.
Trost ist die Hoffnung:
Sie ruhen in Gottes Hand.

https://de.wikipedia.org/wiki/ICE-Unfall_von_Eschede#Gedenkstätte_Eschede

6 Da näherte sich ihm der Kielherr und sprach zu ihm: Wie kannst du schlafen! steh auf, ruf deinen Gott an! vielleicht bedenkt sich unsertwegen der Gott, daß wir nicht hinschwinden müssen! 7 Jene aber sprachen einer zum andern: Wohlan, wir wollen Lose werfen, daß wir erkennen, wessenthalb uns dieses Böse geworden ist. Sie warfen Lose, das geworfne Los fiel auf Jona. 8 Sie sprachen zu ihm: Vermelde uns doch, du, dessenthalben dieses Böse uns ward, welches ist dein Geschäft? und woher kommst du? welches ist dein Land? und von welchem Volk bist du?
Selbst auf dem Schiff flieht Jona weiter ins Unterste, ins hinterste Verdeck, schließlich sogar ins Meer und damit in den Tod. Jona verschläft sein Leben und hat die Flucht zu dieser Zeit zu seinem Lebensprogramm erwählt. Das zeigt seine tiefe Verfinsterung, die ihn tiefer und tiefer herabsteigen lässt. Die Heiden müssen dem Juden sagen, dass er an seinen Gott glauben soll, zu ihm beten soll. Die Heiden sind hier also die Boten Gottes für Jona. Sie benutzen denselben Terminus: Steh auf! Sie wiederholen den Ruf Gottes. Und sie erkennen den Gott als den einen Gott an.
Die Heiden müssen dem Juden sagen, was das Böse ist. Wenn Heiden Lose werfen, wollen sie ihre Götter fragen, wer an einer Situation Schuld trägt. Gott lässt es zu, dass das heidnische Los auf seinen Propheten Jona fällt.
Die heidnischen Seeleute stellen vier Fragen, die allumfassenden Fragen (4 > weltumspannend, Welt und Materie). Diese Fragen muss sich jeder Mensch stellen, damit er keinen Schiffbruch erleidet. Die Frage richtet sich an die Aufgabe, die den Menschen an seine Berufung bindet; sein Land bedeutet seine Prägung in Glaube und Kultur, ebenso sein Volk, das eine Identität und Sprache hervorbringt oder sogar wie das deutsche Volk eine Verantwortung mit sich schleppt durch die Schuld an der Judenvernichtung.

9 Er sprach zu ihnen: Ich bin ein Ebräer, und IHN, den Gott des Himmels, fürchte ich, der das Meer und das Trockne gemacht hat.
Jona befindet sich in Distanz zu Gott. Das ist keine Ehrfurcht, sondern Furcht. Außerdem sieht er Gott im Himmel, nicht als den Gott Himmels und der Erde. Er sieht nur einen polaren Gott, der Meer  und Trockenes gemacht hat, obwohl ER noch viel mehr geschaffen hat. Jona bekennt sich zu dem monotheistischen Gott, aber die eigentlichen Fragen nach dem Bösen und der Berufung beantwortet er nicht. Was macht er aus seinem Hebräersein? Er lebt nicht, was er spricht. Man erkennt ihn nicht an seinen Früchten.
Hebräer: עיברי (Iwri) = Grenzgänger, Grenzüberschreiter (Gen.14 Abraham, der erste Hebräer) Es handelt sich um die älteste Selbstbezeichnung des Juden. Der Hebräer überschreitet Grenzen, Begrenzungen und Kleinkariertheiten. Er überschreitet das Gestrige und sucht das Heutige. Aber Jona überschreitet ungute Grenzen, weil er seine Identität verleugnet und zu falschen Ufern aufbricht. Niemand kann vor Gott fliehen (Ps.139 > Psalm der Unentrinnbarkeit vor Gott).

10 Die Männer fürchteten sich, eine große Furcht, sie sprachen zu ihm: Was hast du da getan! Denn die Männer erkannten nun, daß vor SEINEM Antlitz er flüchtig war, denn damit hatte ers ihnen gemeldet.
„damit“: Was ist die Formulierung, mit der Jona sich in V9 verriet? Die Männer erkennen das Lippenbekenntnis Jonas, denn er fürchtet Gott, betete aber nicht zu IHM, versteckte sich vor IHM und lebt nicht als Vorbild. Er beantwortet die vier Fragen nicht und nennt als seine Beziehung zu Gott die Furcht! Ihm sind seine Mitmenschen gleichgültig. Jeder spürt, dass er nicht mit Herz und Blut Hebräer ist. Er spricht nicht von Liebe zu Gott oder vom Dienst, zu dem er berufen ist. Ein Diener Gottes zu sein, ist ein Ehrentitel, den er nicht in Anspruch nimmt.
Seine Furcht ist ansteckend; es ist eine fürchterliche Beziehung. Somit fürchten sich auch die Männer, sogar eine große Furcht. Die Frage muss sich auch stellen, was ein Hebräer, ein Diener Gottes, auf dem Schiff verloren hat. Es wird offensichtlich, dass er ein Mann ist, der seiner Berufung nicht nachkommt. Ein Mann, der Gott fürchtet, liegt nicht passiv im Schiff und schläft und verpasst das Gebet zu Gott.

11 Sie sprachen zu ihm: Was sollen wir mit dir tun, daß das Meer von uns ab sich stille? denn das Meer stürmt immer heftiger noch! 12 Er sprach zu ihnen: Ergreift mich und schleudert mich ins Meer, daß das Meer von euch ab sich stille וְיִשְׁתֹּק הַיָּם! denn ich erkenne, daß meinethalb dieser große Sturm הַסַּעַר הַגָּדוֹל  wider euch ist.
Endlich ergibt sich Jona in den Willen Gottes, denn er will, dass man ihn ins Meer schleudern möge. Eine große Furcht und ein großer Sturm sind im Hebräischen weiblich, sodass durch die Grammatik die Interaktion der beiden deutlich wird. Das Meer wird sogar wütend (stürmte in der hebräischen Bedeutung), was eine Ironie darstellt, denn das Meer wird anthropomorphiert. Es zeigt mehr Leidenschaft für den Auftrag für Ninive als Jona.

13 Die Männer ruderten drauflos, es ans Trockne zurückzubringen, aber sie vermochtens nicht, denn das Meer stürmte immer heftiger wider sie. 14 Da riefen sie IHN an, sie sprachen: Ach, DU, laß uns nimmer doch schwinden um die Seele dieses Manns! nimmer auch mögst du unsträfliches Blut über uns geben! denn selber, DU, tust du, wies dir gefällt. 15 Sie ergriffen Jona und schleuderten ihn ins Meer. Da hielt das Meer in seinem Wüten ein.
16 Die Männer fürchteten IHN, eine große Furcht, sie schlachteten Schlachtmahl IHM, sie gelobten Gelübde.

Im ersten Kapitel sprechen die Seeleute, die Gott nicht kennen, mehr als Jona, der den großen Gott erst spät bekennt. Durch seine Abgestumpftheit begegnen diese Heiden Gott. Sie beten zu diesem Gott und kommen zur Gotteserkenntnis. In V14 beten sie zu Gott und wissen darum, dass Gott alles tut, auch wenn es um Jonas Leben geht. Sie erkennen Gottes Plan und die kollektive Verantwortung, für die sie nun einstehen müssen. Sie stehen vor der Theodizeefrage. Müssen wir alle sterben, weil dieser Mann versagt?
Die Seeleute erkennen in V14, dass es nur um DU geht, während Jona im Ego ist. Die Seeleute erkennen, dass sie Gottes Willen erfüllen, wenn sie Jona ins Meer werfen. Die Seenot erkennen sie als eine theologische Not, nicht einfach als einen Sturm, wie sie ihn schon oft erlebt haben. Als Hebräer sollte Jona Angst und Fragen überwinden. Weil er das nicht tut, sollen andere sterben?  In Demut bekommen die Seeleute Gotteserkenntnis. Die Heiden bekennen: DU bist der Boss. Deinen Willen will ich erkennen. Über Opfer treten sie zu Gott in Beziehung.
Jona bereut nicht, kehrt nicht um, obwohl er seines fehlerhaften Verhaltens überführt wird (im Gegensatz zu David, Josefs Brüder, bes. Juda)
Mit meinen eigenen Schwierigkeiten, mit meiner eigenen Gebrochenheit kann ich anderen helfen, andere weiterbringen. Ich kann immer fragen: Wozu geschieht mir das? Mit dem Irrweg, auf dem Jona Gott leugnet, dient er trotzdem den unbekannten Seeleuten, die zu Gott in Beziehung treten konnten. Sie erlebten eine solche Kehrtwende, dass sie sogar von ihrer Erfahrung, Menschenopfer zu bringen, abrücken. Sie wollen aus echter Gottesfurcht Jonas Leben retten. Danach aber bringen sie dem einen Gott sogar die IHM genehmen Opfer dar.
Selbst der Abfall des Juden von Gott erwirkt noch Segen für die Heiden. Ein Topos, den auch Paulus kennt.

Jona Kap. 2

1 ER aber bestimmte einen großen Fisch zu, Jona zu verschlingen. Jona war im Leib des Fisches drei Tage und drei Nächte.
Der große Fisch passt wieder zum großen Wind, zum großen Sturm (2x), zur großen Stadt, große Furcht. Alle weisen damit auf den großen Gott. Nur Jona bleibt klein und mickrig.

2 Jona betete zu IHM seinem Gott aus dem Fischleib, 3 er sprach: Ich rief aus meiner Drangsal zu IHM, er antwortete mir, ich flehte aus dem Bauche des Gruftreichs, du hörtest meine Stimme. Ps. 120,1. 4 Mich hatte der Strudel geworfen ins Herz der Meere, mich umringte der Strom, all deine Brandungen, deine Wogen, über mich sind sie gefahren. Ps. 42,8. 5 Schon sprach ich, ich sei vertrieben von deinen Augen hinweg, - dürfte ich nur je wieder blicken zur Halle deines Heiligtums! Ps. 31,23. 6 Die Wasser umtobten mich bis an die Seele, mich umringte die Wirbelflut, Tang war gewunden mir ums Haupt. Ps. 69,2.3.15.16. 7 Zu den Wurzelschnitten der Berge sank ich hinab, das Erdland, seine Riegel auf Weltzeit hinter mir zu, - da hobst aus dem Schlamme mein Leben DU, mein Gott. Ps. 40,3; 103,4. 8 Als meine Seele in mir verschmachten wollte, habe ich DEIN gedacht, zu dir kam mein Gebet, zur Halle deines Heiligtums. Ps. 18,7. 9 Die der Dunstgebilde warten des Wahns, deren Huld müssen die lassen! Ps. 31,7. 10 Ich aber, mit der Stimme des Lobs will ich schlachtopfern dir, was ich gelobte bezahlen, - die Befreiung ist DEIN! Ps. 50,14; 116,17.18. 11 ER sprach zum Fisch, da spie [2]וַיָּקֵא der Jona aufs Trockne.
Der Fisch wird zum Boten, der Jona rettet und das Gespräch zwischen Gott und Jona ermöglicht. 90% der Worte Jonas sind Psalmen, sodass er gar nicht seine eigenen Worte benutzt. Damit drückt er seine eigene Beziehungslosigkeit aus. Diese Gebete füllt er nicht mit Leben, denn er bringt später keine Opfer und erfüllt keine Gelübde, die er aus Davids Gebeten somit nur nachplapperte. Vielmehr bleibt er bis zum Schluss widerborstig. Er ringt sich nicht durch zu einem Schuldbekenntnis oder zur Änderung seines Denkens, denn das Gute wünscht er den Heiden noch immer nicht.
Trotzdem kann gewürdigt werden, dass er sich überhaupt im Gebet an Gott wendet und anerkennt, dass er unter einer größeren Macht steht. Eine reife Beziehung ist auch in dieser Geburtserfahrung des Jona noch nicht entstanden. Man kann in der Bibel sehen, dass Menschen in großer Not Abgeschiedenheit suchen und Tränen weinen wie bei David während der Erkrankung des Sohnes von Batseba. Ein Schuldbekenntnis wie nach der Affäre mit Batseba fehlt bei Jona. Das kürzeste Heilungsgebet des Mose bei der Erkrankung seiner Schwester: „Bitte, Gott, heile sie.“ deutet mehr die innere Beteiligung an als die langen, unzusammenhängenden Psalmen, die Jona losgelöst von seiner einmaligen Erfahrung im Bauch eines Fisches zitiert.
Höhle und Bauch bedeuten immer die Erfahrung einer Neugeburt, „Reinkarnation“. Jona muss nochmals eine Geburtserfahrung machen. Zumindest ist er nach dieser bereit, nach Ninive zu gehen.
Gott schickt Jona in den Ursprung, schon als er ihn erstmalig nach Ninive schickt, welches im Osten liegt, wo die Sonne aufgeht und das Licht (> Gott) steht. Jona flieht nach Westen, zum Sonnenuntergang, zur Dunkelheit und Verhärtung. Durch den Fisch zwingt Gott Jona, sich zu orientieren > sich auf den Osten, das Licht und damit auf Gott ausrichten, indem er in den nochmaligen Geburtsvorgang hinein muss.
Gott lässt Situationen entstehen, auch Notlagen, um uns Menschen in die Orientierung zu zwingen. Als Hausherr der Schöpfung bedient Gott sich auch der Natur, um uns zu orientieren.

V10 wälzt Jona die Befreiung auf Gott. Er hat kein Unrechtsbewusstsein und versteht nicht, dass er aufgrund seines eigenen Fehlentscheids in diese Situation gekommen ist.

In V11 spricht Gott mit dem Fisch, nicht mit Jona. Gott antwortet nicht auf Jonas Gebet, aber der Fisch gehorcht sofort. Der Fisch speit ihn aus, der Fisch kotzt, denn er erträgt den lamentierenden Jona nicht. Sowie das Schiff ihn nicht mehr tragen wollte und zu brechen gedachte, so will auch der Fisch ihn nicht in sich behalten.

Jona Kap. 3

1 SEINE Rede geschah zu Jona ein zweites Mal, es sprach: 2 Steh auf, wandre nach Ninive, der großen Stadt, und rufe den Ruf ihr zu, den ich zu dir rede.
Jona geht erst, nachdem Gott ihn ein zweites Mal schickt. Das Geschick dieser Stadt liegt Gott am Herzen, und zwar so sehr, dass der Tradent der Geschichte die Zahl Drei einsetzt als Hinweis auf die Transformation der Stadt, nicht nur in der Größe, sondern auch in den drei Verben: steh auf, wandere, rufe. Nun aber soll Jona den Ruf rufen, den Gott zu ihm redet. Gott drückt sein Anliegen deutlicher aus und zeigt damit seine Gereiztheit an.

3 Jona stand auf, er wanderte nach Ninive, SEINER Rede gemäß. Ninive aber war eine große Stadt vor Gott, drei Tage zu durchwandern.. 4 Jona begann, in die Stadt hineinzugehen, eine Tageswanderung, und rief, er sprach: Noch vierzig Tage, und Ninive wird umgestürzt!
Jona tut nun endlich das, was Gott ihm gesagt hatte. Er stand auf und wanderte in die Stadt. Er begann, nur eine Tagesreise hineinzugehen, obwohl die Stadt drei Tagereisen groß ist. Der Beginn der guten Tat ermöglicht schon die Transformation. Man kann sein Lebenswerk oftmals nicht beenden, aber man muss seine Aufgabe beginnen. Gott tut das Seine dazu. Die Heiden kehren wirklich um. Sie sehen einen, der aus dem Fisch kommt. Dieses Zeichen seiner Metamorphose spricht mehr als seine Worte. Nichts im Leben wirkt so stark wie das vorgelebte Leben.
40 steht für Prüfung, Reifung und Läuterung: 40 Jahre in der Wüste, 40 Tage Elia am Berg Karmel, Jesus 40 Tage in der Wüste. Die Stadt soll nach 40 Tagen umgestürzt werden. Gott sah von Anbeginn ein Umkehrpotential, sodass er die Stadt umstürzen will, nicht aber zerstören. Umstürzen ist eine Revolution, in der schon die Veränderung steckt. Umkehren und umstürzen stehen in dialektischer Beziehung. Wenn nämlich Ninive sich bekehrt, wird Ninive ebenfalls umgestürzt, denn die Lebenseinstellung verändert sich, das Böse wird umgestürzt und das Gute kommt zum Vorschein. Es kommt also in jedem Fall zum Umsturz, im Guten durch Umkehr des Volkes oder durch ihre Verhärtung und damit Gottes Umsturz.

5 Die Männer Ninives wurden Gott vertrauend, sie riefen Kasteiung aus, kleideten in Sackleinen sich, von Groß bis Klein. 6 Die Rede gelangte zum König von Ninive, er stand von seinem Thron auf, legte seinen Mantel ab, bedeckte sich mit dem Sack, setzte sich in die Asche.
Die Rede gelangt an den König; Jona geht nicht selber zu ihm.

7 Er ließ ausschrein, ließ sprechen: In Ninive, auf Befehl des Königs und seiner Großen zu sprechen: Mensch und Getier, Rind und Schaf, sollen nimmer das Geringste verkosten, man soll nimmer weiden, Wasser soll man nimmer trinken! 8 mit Sackleinen soll man sich bedecken, Mensch und Getier, man soll zu Gott rufen mit Macht, und umkehren sollen sie, jedermann von seinem bösen Weg, von der Unbill, die an ihren Händen ist!
In seiner Botschaft droht Jona nur, er gibt den Bewohnern keine Perspektive, obwohl er selber eine Erfahrung der Befreiung erfahren durfte. Kap.4 zeigt, dass er kein Interesse hat, dass die Niniviter Gottes Barmherzigkeit erfahren. Deshalb spricht er nur einen sehr minimalistischen Satz, obwohl Propheten Gottes aus ihrer eigenen Erfahrung in aller Ausführlichkeit und mit eigener Auslegung sprechen dürfen. Elia redete viel seine eigenen Worte, die Gott ihm nicht eingeben musste, denn Elia stand Gott sehr nah.
Jona bewirkt Umkehr jetzt lediglich durch sein Sosein. Die Männer wurden Gott vertrauend aus uns nicht bekannten Gründen. Das ist das Geheimnis Gottes, dass er uns trotz allen Versagens gebrauchen kann. Vermutlich hielt Jonas eigene Zerrissenheit den Bürgern Ninives den Spiegel vor. Trotz Jona kommen sie in einen Prozess der Umkehr.

9 wer weiß, umkehren möchte der Gott, es möchte ihm leidsein, und er kehrt um vom Flammen seines Zorns, und wir schwinden nicht! 10 Gott sah ihr Tun, daß sie umkehrten von ihrem bösen Weg, und leid wards Gott des Bösen, das ihnen zu tun er geredet hatte, und er tat es nicht.
V9: Der König erkennt und verlautbart, dass Gott selber umkehren kann. Gott ist ein Umkehrender, wenn wir bereit sind umzukehren, auch wenn es nur kleine Schritte sind. Gott ist viel „menschlicher“, viel gütiger, als wir ihn darstellen.
V10: Gott schaut auf das Tun der Menschen, nicht so sehr auf die Äußerlichkeiten. Gott ist nicht berechnend; ER ist herzlich und „menschlich“. Gott gibt niemanden auf, weil ER unser Vater ist.

Jona Kap. 4

1 Das erboste Jona, einer großen Erbosung, es entflammte ihn, 2 er betete zu IHM, er sprach: Ach, DU! war nicht dies meine Rede gewesen, als ich noch auf meinem Boden war? deswegen wollte ich zuvorkommen, nach Tarschisch zu flüchten! ich wußte ja, daß du eine gönnende und erbarmende Gottheit bist, langmütig, reich an Huld, und leid wirds dir des Bösgeschicks.
V2: Jetzt kommt Jona in die Gänge. Bisher zeigt er keine Gefühle, aber jetzt erbost er, kommt in Erregung, in die Hitze der Gefühle. Jetzt spricht er zu Gott ganz persönlich. Er wirft Gott Seine Güte vor. Jona behauptet, alles gewusst zu haben, aber das zeigt seine Überheblichkeit. Er weiß doch eigentlich gar nichts über Gott, sonst kennte er die 13 Eigenschaften Gottes in Dtn.30. Jona macht sich zu Gott, denn er meint, etwas zu wissen. Dann könnte er anders mit Gott umgehen, wenn er Gott verstünde. Jona lebt in einem Fehlkonzept über sein Prophetenamt, sonst hätte er auch das Wortspiel mit dem Umsturz verstanden und gewusst, dass es einem Propheten gemeinsam mit Gott um das Leben und die Umkehr gehen muss, nicht um Vernichtung und Tod.
Vgl. Gen 28,16 Jakob an der Himmelsleiter: Ich wusste gar nicht, wie groß du bist.
Endlich spricht Jona mit Gott im DU (3x).

3 Jetzt aber, DU, nimm doch meine Seele von mir, denn mehr recht ists, daß ich sterbe, als daß ich lebe. 4 ER aber sprach: Hats dich rechtschaffen entflammt?
Jona will nicht mehr leben, wenn seine Ideologie nicht mit der Realität übereinstimmt. Elia wollte am Berg Karmel auch sterben, jedoch kämpfte er wirklich für Gott und war ausgebrannt.
Recht hätte Jona, wenn er meinte, dass sein Ego und sein kleinkariertes Denken sterben werden. Dann hätte er ebenfalls eine Chance zu echter Umkehr.

5 Jona wanderte zur Stadt hinaus, er setzte sich östlich der Stadt, dort machte er sich eine Hütte, er saß darunter im Schatten, bis er sähe, was in der Stadt geschehen würde.
Jona wartet immer noch auf die Bestrafung der Stadt. Er setzt sich östlich der Stadt, er orientiert sich. Entsprechend schickt Gott einen Ostwind zur weiterführenden Orientierung. Die Hütte, welche sich Jona baute, ist vergänglich.

6 ER, Gott, aber hatte eine Rizinusstaude zubestimmt, daß sie aufschösse, über Jona hinauf, um über seinem Haupt Schatten zu sein, ihm von seiner Erbosung abzuschatten. Jona freute sich über die Staude, eine große Freude.
Sogar eine Staude ist größer als Jona und geht über seinen Kopf, sein Ego, hinaus. Gott spendet ihm Schatten, damit er sich abregen kann. Die Staude spendet ihm große Freude, welche von Gott kommt. Sein eigenes Werk, die selbst gebaute Hütte, spendet ihm nicht diese Freude. Die Rizinusstaude ist sehr empfindlich und steht damit für Vergänglichkeit. Deshalb kann schon ein kleiner Wurm die große Pflanze zunichtemachen. (Ironie von Größe und Kleinheit.)

7 Gott aber bestimmte einen Wurm zu, als das nächste Morgengrauen aufstieg, der stach die Staude, daß sie verdorrte. 8 Es geschah, als die Sonne erstrahlte, da bestimmte Gott einen schneidenden Ostwind zu, die Sonne stach auf Jonas Haupt nieder, er verschmachtete, er wünschte seiner Seele zu sterben,
Die Sonne ist ein Bild für Gott. Sein Licht strahlt auf. Und Gottes Licht kann uns blenden, stechen. So zeigt Gott dem Jona, dass er kein echter Prophet ist, weil er launisch ist, weil er sein Ego in den Vordergrund stellt und seinen Gott nicht versteht. Das Ego darf nicht das Maß aller Dinge sein, sonst steht dieses Ego dem Verständnis Gottes entgegen.

9 er sprach: Mehr recht ists, daß ich sterbe, als daß ich lebe. Gott aber sprach zu Jona: Hats dich rechtschaffen entflammt um die Rizinusstaude? Er sprach: Rechtschaffen hats mich entflammt bis ans Sterben. 10 ER aber sprach: Dich also dauerts der Staude, um die du dich nicht gemüht hast, die du nicht hast großgezogen, die als Kind einer Nacht ward und als Kind einer Nacht schwand! 11 Mich aber sollte nicht dauern Ninives, der großen Stadt, darin es mehr als zwölf Myriaden von Menschen gibt, die zwischen Rechts und Links nicht wissen zu unterscheiden, und Getiers die Menge?!
Der Wurm, die Staude, der Ostwind hören auf Gott; sie sind Boten Gottes. Das führt dazu, dass Jona wieder einmal sterben will. Gott konfrontiert Jona, dass ER das Recht hat, die Niniviter zu lieben wie ER die Rizinusstaude liebt. Sie ist ebenso sein Kind: „Kind einer Nacht“.
Jona schaut nur auf Äußerlichkeiten und Vergänglichkeiten. Darum darf Gott umso mehr mit den vergänglichen Menschen umgehen und sie lieben. Unser Leben ist in Vergänglichkeit eingebunden und die ist schmerzhaft, aber in der Vergänglichkeit ist Größe, wenn wir uns Gott zuwenden und die kleinen Dinge würdigen und dankbar genießen.
Jona will urteilen und verurteilen. Er muss lernen, die Vergänglichkeit zu bejahen. Daraus entsteht Ewigkeit, in die wir das Gelernte mitnehmen.
Alle Menschen sind „Kind einer Nacht“. Darin müssen wir Gott vertrauen. ER bereitet uns damit auf die Ewigkeit vor.
Jona ist das einzige Buch in der Bibel, das offen bleibt. Das Nichtantworten Jonas kann zeigen, dass ihm die Worte fehlen, er aber trotzdem etwas verstanden hat.
Wenn die Bibel eine Frage unbeantwortet lässt, ist der Leser aufgefordert, die Antwort zu finden.


[1] Das Transzendente, das unsere Menschlichkeit übersteigt, uns zum Ewigen führt

[2] erbrach, übergab (er sich)הקיאhekI‘הֵקִיאHif’ilקיא