Meine Jüdischen Auslegungen auf allen Kanälen

Anstelle meiner Seminare, die wegen Corona ausfallen mussten, lade ich jeden herzlich ein, meine Psalmenauslegungen zu hören.
Sie sind zu finden im Podcast des katholischen Senders „Radio Maria“ Schweiz.
https://www.radiomaria.ch/de/podcasts?combine=yuval+lapide

YouTube hält Vorträge, Interviews und Seminarmitschnitte von mir bereit. Hören, lernen und anschließend Fragen stellen. Nutzen Sie meine Kontaktdaten. Sie finden alle Informationen auf dieser meiner Webseite.

Für alle Fragen stehe ich gerne im professionellen Gespräch zur Verfügung. Neben Bibelunterricht im Einzelgespräch biete ich Unterricht per WhatsApp, Telefon, Zoom oder Skype in modernem als auch biblischem Hebräisch an. Dazu biete ich sowohl solide Grammatikübungen an als auch Lektüren leichten bis schweren Niveaus, von moderner sowie biblischer Texte. Auch helfe ich gerne beim Abfassen eigener hebräischer Texte in Prosa und Poesie.

Wenn Sie schon immer einmal den Wunsch hegten, mit einem zeitgenössischen Juden über jüdische Themen in breiter Vielfalt zu sprechen, so bin ich Ihr idealer Gesprächspartner – ohne Scheu und ohne Scheuklappen. Mein Themenangebot deckt die gesamte Palette von Judentum, Bibelarbeit, Antisemitismus, Antiisraelismus, jüdisches Leben in Israel und in der Diaspora.

Zusätzlich habe ich mich spezialisiert auf die Bearbeitung sog. transmittierter, intergenerationeller Holocausttraumata. Aufgrund meiner eigenen biografischen Belastung als jüdischer Nachkommen schwer traumatisierter Eltern und Großeltern helfe ich Nachkommen der sog. Opfer als auch der sog. Täterseite in der Bewältigung übernommener Ängste, Schmerzen und Schuldgefühlen.

Als Entgeld erbitte ich eine Ihrem Ermessen überlassene Herzensspende.

In Zeiten wie diesen empfehle ich gerne meine Bücher. Zwei rezensierte Bücher finden Sie hier:
http://yuval-lapide.de/?page_id=168

Mit dem neuen Herzen denken:
Ein Jude und eine Christin entdecken den Propheten Ezechiel (Deutsch) Gebundene Ausgabe – 15. September 2018
von Yuval Lapide (Autor), Christel Holl (Illustratorin)

Jüdische Lebensweisheiten (Deutsch)
Gebundene Ausgabe – 19. September 2019
von Yuval Lapide (Autor)
Der renommierte Autor Yuval Lapide, der sich als jüdischer Religionswissenschaftler europaweit im jüdisch-christlichen Dialog engagiert, hat eindrucksvolle Lebensweisheiten aus dem Alten Testament zu Themen wie Leben und Tod, Liebe und Hass, Glück und Schicksal ausgewählt. Die Texte bringen den Leser mit den reichen jüdischen Wurzeln der Heiligen Schrift in Verbindung und geben einen Einblick in vielfältige Aspekte jüdischen Lebens und Denkens.

Jona – Ein Prophet, der keiner sein wollte

14.12.2019 in Fulda, Protokoll meiner Gattin Debora, eine große Hilfe an meiner Seite
(deine-wurzel.de)

Einleitung: Was macht den Text heilig?

Eigentlich ist es eine peinliche Geschichte, dass Gott einen Mann beruft, der nicht gehorcht und sogar davon läuft. Jona ist doch ein Prophet, ein Künder! Als solcher müsste er die Macht Gottes doch kennen.
Gottes Macht wird im Buch Jona deutlich dargestellt: ER hat die Macht über die gesamte Schöpfung, denn ER lässt den Sturm aufkommen und stillen, als Jona ins Meer geworfen wird.
Jonas Verhalten lässt schließlich Heiden erkennen, dass Jonas Gott der wahre Gott ist. Die Seeleute bekommen Angst und erkennen den Zusammenhang zu Gott. Sie bringen sehr bald Schlachtopfer für diesen Gott. Sie kehren um zu Gott, weil sie IHN als den Numinosen[1] erkennen. Sie demütigen sich, obwohl sie vorher ihre eigenen Götter angebeteten.
Ob diese Geschichte real ist oder eine Parabel, spielt für den jüdischen Gelehrten keine Rolle. Beides trifft zu und beides kann so miteinander gelesen werden. Jedes reale Geschehen in der Bibel beinhaltet ebenso eine Botschaft wie eine Parabel. Jona wird als historische Gestalt in 2. Kö.14,25 erwähnt. Ob diese beiden Figuren jedoch identisch sind, ist nicht sicher. Trotzdem ist das ewig Gültige die Botschaft der Geschichte: Gott will uns jederzeit re-orientieren. Gott gibt uns immer wieder Neugeburten, besonders in spiritueller Hinsicht.
Es gibt für Juden die historischen Bücher, die die geschichtliche Entwicklung des jüdischen Lebens darstellen. Sie bringen viele historische Fakten gepaart mit Theologie. Zu diesen Büchern gehört in erster Linie die Tora abgesehen von den ersten drei Kapiteln, weiter die Königsbücher und die Chroniken. Ein Jude stellt diese Geschichten nicht in Frage. Zum metaphorischen Genre gehört beispielsweise Hiob als eine große Parabel sowie das Buch Jona oder das „Hohelied der Liebe“. Die Absicht der Autoren dieser Bücher war die Darstellung einer Parabel, denn in diesen Schriften fehlen historische Details. Die Sprüche und der Prediger zählen zur Hagiographie, der Weisheitsliteratur.
Wenn ein Mensch etwas tut oder unterlässt, hat das Auswirkungen auf seine Mitmenschen und auf seine Umwelt. Gott lässt Dinge geschehen, die ansonsten nicht geschehen würden. Es kommt zu einer Verkettung von Umständen. Alle Beteiligten haben mit der Situation zu tun, weil Gott auch die vorher Unbeteiligten belehren will. Wir Menschen sind alle miteinander verbunden oder vernetzt. Nur durch Jonas eigentlich ungehorsame  Flucht lernen die Seeleute Jona kennen und somit Gott. Unbeabsichtigt leistet Jona einen Beitrag zur Teschuwa der Seeleute. Gott kann die Handlung eines Menschen umbauen, nutzen, um die falsche Handlung zum Nutzen für andere zu machen. Die Flucht eines einzelnen Mannes wird zu einem kosmischen Geschehen. Gott steuert alles so, dass nicht nur Jona korrigiert wird, sondern die Außenstehenden ebenfalls und somit alle profitieren.
Gott schreibt auf krummen Linien gerade.
Jeden Tag geschehen Begegnungen, und jede Begegnung ist gemäß Martin Buber eine Führung Gottes. Jede Entwicklung hat etwas mit unserem Reifungsprozess zu tun und hat Offenbarungspotential für mein Leben. Jedes Leben ist Begegnung und Beziehung.
Gott gibt keinen Menschen auf; ER korrigiert den Menschen, um ihn zurückzuführen.
Welches Gottesbild habe ich? Vor wem fliehe ich, wenn ich vor Gott fliehe? Was ist Berufung? Kann ich mich der entziehen?

Jona Kap. 1

1 SEINE Rede geschah וַיְהִי דְּבַר יְהוָה  zu Jona Sohn Amitajs, es sprach:
Gottes Rede geschieht! Gottes Reden ist ein Geschehen, ein Ereignis.
Jona, Sohn des Amitaj – warum wird der Vater mit erwähnt? Der Vater steht für Identität, Abstammung und Ursprung, Zuordnung, Familiengeschichte. Wir erfahren durch die Namen eine spirituelle Wahrheit des Menschen und sein Lebensprogramm.
Jona = die Taube; Programm des Namens: Die Taube steht für den Geist Gottes; sie ist Botschaftsüberbringer wie nach der Flut die Friedenstaube u. Zeichen der Dienstbereitschaft, Sanftheit; sie war ein Opfertier im Tempel. Sie ist aber auch widerspenstig, denn das Wort Jona in der Tiefe bedeutet von seiner Wurzel ינה (jana) her: trügerische List, Trotz, Ambivalenzen und Brüche. Die Jona steht als Prototyp für Israel gemäß des Hohenliedes Salomos.
Amitai Wurzel: אמת (Emet) = meine Wahrhaftigkeit; Treue, Ganzheit, Zugehörigkeit Gottes; Gott ist die Wahrhaftigkeit
Sohn von: בן = erbaut von > Der Sohn wurde erbaut durch Gottes Wahrhaftigkeit und ultimative Treue.
Das ist Jonas Programm und er ist Friedensbote. Ist er bereit, in dieses Programm hineinzuwachsen, Friedensbote für die gesamte Schöpfung zu sein? Jeder Mensch soll ein Bote Gottes sein, doch in Jonas Namen steckt dieses Programm durch die Wortbedeutung. Ihm fehlt jedoch die Beziehung zu sich und seinem Sendungsbewusstsein. In so einer Situation wird man unumgänglich Schiffbruch erleiden. Leben besteht aus Sendung und Sendungsbewusstsein.
In den Namen der Geschichte steckt schon die Theologie des gesamten Plots. Aus dem flatterhaften Täuberich soll ein Gott Zugehöriger erbaut werden.

2 Steh auf, wandre קוּם לֵךְ  nach Ninive, der großen Stadt, und rufe über ihr aus, daß ihre Bosheit vor mein Antlitz herübergezogen ist.
Kum, lech! ist der typische Aufruf zur Berufung, ein Terminus technicus in der Theologie. Die drei Aufforderungen rufen ebenfalls in die Bestimmung. Diese Bestimmung ist, mit dem Antlitz Gottes auf dem Weg zu gehen.
Die Bosheit in Ninive, in welche Gott Jona schickt, ist für Jona ein Spiegel der eigenen Bosheit, mit der er sich vor Gott zu verstecken sucht.

3 Jona stand auf, nach Tarschisch zu flüchten, von SEINEM Antlitz fort. Er stieg nach Jaffa hinab, fand ein Schiff, das nach Tarschisch ging, gab den Fährlohn dafür, bestiegs, mit ihnen nach Tarschisch zu gehn, von SEINEM Antlitz fort.
Jona steht auf, aber er bewegt sich in die falsche Richtung, denn er flüchtet – vor Gott – steigt hinab. Jede Flucht vor Gott ist ein Abstieg. Tarschisch, die Verhärtung, wird dreimal erwähnt und zeigt, wohin Jona damit geht: in die Verhärtung. Zweimal wird erwähnt, dass er „von seinem Antlitz fort“ flieht. Die Zweiheit drückt die Zerrissenheit, Gespaltenheit Jonas aus.
Jaffa יפו  = die Schöne; Hafenstadt am Mittelmeer, äußere Schönheit, d.h. Jona flieht über das Meer, nicht über Land. Es hat zu tun mit Grenzüberschreitung und er verlässt das Feste. Er begibt sich auf das Unstete, was mit Jonas Charakter zu tun hat. Er ist selber wankelmütig. Gleichzeitig ist Wasser Symbol für Reinigung. Jonas Gottesbild scheint zu beinhalten, dass Gott nicht auf dem Wasser ist. Kennt er Psalm 139 nicht?
Tarschisch תַרְשִׁישׁ: von > שיש = Verhärtung, Versteinerung, denn wahrscheinlich wurde Marmor in dieser Stadt bearbeitet. In ihr sucht Jona die Trennung von Gott. Sie birgt in sich die trügerische Stabilität. Jona sucht Halt, aber er rennt vor dem Ewigen weg genau dort hinein, was das Problem verstärkt. Es drückt sein Beziehungsproblem mit Gott aus, denn er ist nicht  in der Lage, mit Gott ins Gespräch zu kommen, der ihn doch anspricht. Aber je mehr ein Mensch denkt, vor Gott fliehen zu können, umso mehr zeigt er seine Unsicherheit und bewegt sich letztlich genau  in Gottes Hand. ER holt dich ein, denn jeder Mensch ist ein Teil von Gott. Gott ist das Allseiende.
Ninive נִינְוֵה: von > נווה (Newe)= Wohnstätte, Residenz; Ein Ort, in dem Gott seine Wohnstätte haben möchte. Gott möchte hier etwas Neues kreieren. Es ist eigentlich eine Gegend und ein Ort, in die im Tanach nie jemand hingeschickt wurde. Ninive war damals eine Weltstadt.
Das jüdische Denken ist sehr kontradiktorisch aufgebaut. In diesem Text sind die Gegensätze die Verhärtung, in welche Jona sich begibt im Gegensatz zur Schönheit, aus der er flieht, der Stadt Jaffo. So versteinert sein Herz, sodass er kein Mitleid mit den Seeleuten hat, die durch ihn in Gefahr geraten werden.
Drei Städte werden genannt und weisen zahlenmäßig auf die anstehende Verwandlung hin.
Jona sucht Ersatzbegegnungen. Er sucht die äußere Schönheit in der Stadt Jaffo, bleibt darin aber nicht, obwohl es eine jüdische Stadt ist. Dann steigt er in das Schiff, die „Onia“ הָאֳנִיָּה von אֳנִיּ = Ich. Damit begibt er sich in seine Ichhaftigkeit. In seinem Ich sieht er seine Sicherheit, sodass er tief schläft.
Buber: Wo du gerade bist, ist dein wichtigster Auftrag. Die Flucht davor ist ein Weglaufen vor sich selbst und schadet sich selbst. Und du schadest dem Ort, an dem du nicht bist sowie dem Ort, an dem du nicht sein solltest.
Die Bibel ruft auf, zu prüfen, was unser Auftrag ist.

4 ER aber schleuderte einen großen Wind aufs Meer, ein großer Sturm ward auf dem Meer, daß das Schiff הָאֳנִיָּה zu zerbrechen meinte חִשְּׁבָה  dachte. (im hebr. Original)
Gott schickt den „Ruach“, was Wind und Geist bedeutet. Der Geist Gottes durchweht Jona und das Schiff. Das Schiff = die Ichhaftigkeit des Jona meinte, zu zerbrechen. Das Schiff wird personalisiert, weil es das Ich des Jona darstellt. Außerdem beinhaltet das jüdische Denken, dass alles mit Gott zusammenarbeitet, auch die Materialität. So entsteht eine neue Triade: Gott – das Schiff – Jona. Alles interagiert. Alles hört auf Gottes Stimme und dient IHM zu dem Zweck, Jona neu zu orientieren. Alles hört auf Gott aufs Wort -, nur Jona gehorcht nicht. Das ist eine Spitze gegen den Propheten. Wenn einmal etwas von Gott initialisiert wird, arbeiten alle Kräfte zusammen. Und so ist das Schiff nicht mehr bereit, Jona zu tragen, zu ertragen noch zu vertragen. Auf der symbolischen Ebene ist das Schiff bereit, mit Gott und dem Sturm zusammenzuarbeiten, damit Jonas falsches Ich Schiffbruch erleidet.
Jona steckt im Ego, in seiner Enge. Er will sich die Finger nicht schmutzig machen. Er meint, Gott hätte diesen Auftrag nicht zu Ende gedacht. Aber Gott ist in der Weite. Jona denkt nicht zu Ende, dass Gott nicht mit der Aufgabe zugleich die Lösung schickt; dass eine Herausforderung gleichzeitig das eigene Wachstum fördert.
Antithese zu Jona sind Menschen, die mit Gott sprechen: Mose am brennenden Dornbusch in Ex.3+4; Jeremia Kap.1; Gideon in Ri 5+6 wird von Gott überzeugt.
Ein ebenfalls gestörtes Gottesbild hatte Hiob.
Aber: Wen Gott liebt, den züchtigt er und holt ihn zu sich ran. Dafür konstelliert Gott Umstände und Begegnungen. Diese sind allesamt bereit, mit Gott in Beziehung zu treten. Sie werden damit zu Gesandten Gottes, die Jona über das Leben belehren, was Gott in der direkten Begegnung ermöglichen wollte. Zu diesen Gesandten Gottes gehören ebenso der Sturm und das Meer.

5 Die Seeleute fürchteten sich, sie schrien, jedermann zu seinem Gott, sie schleuderten ins Meer die Geräte, die im Schiff waren, sich darum zu erleichtern. Jona aber war ins hinterste Verdeck gestiegen, hatte sich gelegt und war eingeschlafen.
Die Heiden arbeiten mit Gott zusammen. Wie ER schleuderte, so schleudern sie nun. Über den Terminus wird die konzertierte Aktion ausgedrückt. Jona ist nicht nur ein Gesandter zu den Heiden, sondern Heiden sind Gesandte zu Jona. Gott benutzt uns füreinander, damit wir re-orientiert werden.
Gott ist in der Lage, die Schöpfung sowie unser Handeln zu instrumentalisieren, damit letztlich jeder Beteiligte profitiert und alle miteinander interagieren. Alle kommen ins Gespräch mit Gott, was Jona seinerseits mit Gott versuchte zu vermeiden.
Seeleute, die auf dem Schiff arbeiten, kennen sich nicht. Alle sind zusammengewürfelt; jeder hat seinen eigenen Gott. Aber Gott schickte die Menschen so zusammen, wie sie eine gemeinsame Gotteserfahrung machen sollen und wer Gott als den Einen kennenlernen soll. Sie sind durch den Sturm bereit, alles wegzuwerfen, was überflüssig ist im Leben. Menschen in der Not kommen ans Eingemachte, ins Innere, lassen das Äußere los. Nur der Mensch Jona in seinem falschen Ego wähnt sich sicher. Er ist nicht besser als die Heiden. Vielmehr erkennen die Heiden zuerst, dass das Schiff brüchig ist. Sie erkennen!
„Erkennen“ bedeutet bereits mehr als nur sehen oder wahrnehmen, sondern ein In-Beziehung-Treten. Darin ist ein tiefes Wahrnehmen des anderen, eine gewisse Intimität ausgedrückt, weshalb das Wort in der Bibel immer wieder für Geschlechtsverkehr benutzt wird, der zur Zeugung eines Kindes führt oder für eine Begegnung von Gott und Mensch.

Die Erinnerungstafel in Eschede für das Zugunglück am 3.06.1998 fasst in Worte, wie einander fremde Menschen in einem gemeinsamen Schicksal geeint werden:
Inschrift auf der Gedenktafel:
Der Lebensweg dieser 101 Menschen
endete in der Zugkatastrophe von
Eschede.
Auf unergründliche Weise kreuzten und
vollendeten sich hier ihre Schicksale.
In das Leid und die Trauer um die
geliebten Menschen mischt sich
Dankbarkeit, ihnen im Leben nahe
gewesen zu sein.
Trost ist die Hoffnung:
Sie ruhen in Gottes Hand.

https://de.wikipedia.org/wiki/ICE-Unfall_von_Eschede#Gedenkstätte_Eschede

6 Da näherte sich ihm der Kielherr und sprach zu ihm: Wie kannst du schlafen! steh auf, ruf deinen Gott an! vielleicht bedenkt sich unsertwegen der Gott, daß wir nicht hinschwinden müssen! 7 Jene aber sprachen einer zum andern: Wohlan, wir wollen Lose werfen, daß wir erkennen, wessenthalb uns dieses Böse geworden ist. Sie warfen Lose, das geworfne Los fiel auf Jona. 8 Sie sprachen zu ihm: Vermelde uns doch, du, dessenthalben dieses Böse uns ward, welches ist dein Geschäft? und woher kommst du? welches ist dein Land? und von welchem Volk bist du?
Selbst auf dem Schiff flieht Jona weiter ins Unterste, ins hinterste Verdeck, schließlich sogar ins Meer und damit in den Tod. Jona verschläft sein Leben und hat die Flucht zu dieser Zeit zu seinem Lebensprogramm erwählt. Das zeigt seine tiefe Verfinsterung, die ihn tiefer und tiefer herabsteigen lässt. Die Heiden müssen dem Juden sagen, dass er an seinen Gott glauben soll, zu ihm beten soll. Die Heiden sind hier also die Boten Gottes für Jona. Sie benutzen denselben Terminus: Steh auf! Sie wiederholen den Ruf Gottes. Und sie erkennen den Gott als den einen Gott an.
Die Heiden müssen dem Juden sagen, was das Böse ist. Wenn Heiden Lose werfen, wollen sie ihre Götter fragen, wer an einer Situation Schuld trägt. Gott lässt es zu, dass das heidnische Los auf seinen Propheten Jona fällt.
Die heidnischen Seeleute stellen vier Fragen, die allumfassenden Fragen (4 > weltumspannend, Welt und Materie). Diese Fragen muss sich jeder Mensch stellen, damit er keinen Schiffbruch erleidet. Die Frage richtet sich an die Aufgabe, die den Menschen an seine Berufung bindet; sein Land bedeutet seine Prägung in Glaube und Kultur, ebenso sein Volk, das eine Identität und Sprache hervorbringt oder sogar wie das deutsche Volk eine Verantwortung mit sich schleppt durch die Schuld an der Judenvernichtung.

9 Er sprach zu ihnen: Ich bin ein Ebräer, und IHN, den Gott des Himmels, fürchte ich, der das Meer und das Trockne gemacht hat.
Jona befindet sich in Distanz zu Gott. Das ist keine Ehrfurcht, sondern Furcht. Außerdem sieht er Gott im Himmel, nicht als den Gott Himmels und der Erde. Er sieht nur einen polaren Gott, der Meer  und Trockenes gemacht hat, obwohl ER noch viel mehr geschaffen hat. Jona bekennt sich zu dem monotheistischen Gott, aber die eigentlichen Fragen nach dem Bösen und der Berufung beantwortet er nicht. Was macht er aus seinem Hebräersein? Er lebt nicht, was er spricht. Man erkennt ihn nicht an seinen Früchten.
Hebräer: עיברי (Iwri) = Grenzgänger, Grenzüberschreiter (Gen.14 Abraham, der erste Hebräer) Es handelt sich um die älteste Selbstbezeichnung des Juden. Der Hebräer überschreitet Grenzen, Begrenzungen und Kleinkariertheiten. Er überschreitet das Gestrige und sucht das Heutige. Aber Jona überschreitet ungute Grenzen, weil er seine Identität verleugnet und zu falschen Ufern aufbricht. Niemand kann vor Gott fliehen (Ps.139 > Psalm der Unentrinnbarkeit vor Gott).

10 Die Männer fürchteten sich, eine große Furcht, sie sprachen zu ihm: Was hast du da getan! Denn die Männer erkannten nun, daß vor SEINEM Antlitz er flüchtig war, denn damit hatte ers ihnen gemeldet.
„damit“: Was ist die Formulierung, mit der Jona sich in V9 verriet? Die Männer erkennen das Lippenbekenntnis Jonas, denn er fürchtet Gott, betete aber nicht zu IHM, versteckte sich vor IHM und lebt nicht als Vorbild. Er beantwortet die vier Fragen nicht und nennt als seine Beziehung zu Gott die Furcht! Ihm sind seine Mitmenschen gleichgültig. Jeder spürt, dass er nicht mit Herz und Blut Hebräer ist. Er spricht nicht von Liebe zu Gott oder vom Dienst, zu dem er berufen ist. Ein Diener Gottes zu sein, ist ein Ehrentitel, den er nicht in Anspruch nimmt.
Seine Furcht ist ansteckend; es ist eine fürchterliche Beziehung. Somit fürchten sich auch die Männer, sogar eine große Furcht. Die Frage muss sich auch stellen, was ein Hebräer, ein Diener Gottes, auf dem Schiff verloren hat. Es wird offensichtlich, dass er ein Mann ist, der seiner Berufung nicht nachkommt. Ein Mann, der Gott fürchtet, liegt nicht passiv im Schiff und schläft und verpasst das Gebet zu Gott.

11 Sie sprachen zu ihm: Was sollen wir mit dir tun, daß das Meer von uns ab sich stille? denn das Meer stürmt immer heftiger noch! 12 Er sprach zu ihnen: Ergreift mich und schleudert mich ins Meer, daß das Meer von euch ab sich stille וְיִשְׁתֹּק הַיָּם! denn ich erkenne, daß meinethalb dieser große Sturm הַסַּעַר הַגָּדוֹל  wider euch ist.
Endlich ergibt sich Jona in den Willen Gottes, denn er will, dass man ihn ins Meer schleudern möge. Eine große Furcht und ein großer Sturm sind im Hebräischen weiblich, sodass durch die Grammatik die Interaktion der beiden deutlich wird. Das Meer wird sogar wütend (stürmte in der hebräischen Bedeutung), was eine Ironie darstellt, denn das Meer wird anthropomorphiert. Es zeigt mehr Leidenschaft für den Auftrag für Ninive als Jona.

13 Die Männer ruderten drauflos, es ans Trockne zurückzubringen, aber sie vermochtens nicht, denn das Meer stürmte immer heftiger wider sie. 14 Da riefen sie IHN an, sie sprachen: Ach, DU, laß uns nimmer doch schwinden um die Seele dieses Manns! nimmer auch mögst du unsträfliches Blut über uns geben! denn selber, DU, tust du, wies dir gefällt. 15 Sie ergriffen Jona und schleuderten ihn ins Meer. Da hielt das Meer in seinem Wüten ein.
16 Die Männer fürchteten IHN, eine große Furcht, sie schlachteten Schlachtmahl IHM, sie gelobten Gelübde.

Im ersten Kapitel sprechen die Seeleute, die Gott nicht kennen, mehr als Jona, der den großen Gott erst spät bekennt. Durch seine Abgestumpftheit begegnen diese Heiden Gott. Sie beten zu diesem Gott und kommen zur Gotteserkenntnis. In V14 beten sie zu Gott und wissen darum, dass Gott alles tut, auch wenn es um Jonas Leben geht. Sie erkennen Gottes Plan und die kollektive Verantwortung, für die sie nun einstehen müssen. Sie stehen vor der Theodizeefrage. Müssen wir alle sterben, weil dieser Mann versagt?
Die Seeleute erkennen in V14, dass es nur um DU geht, während Jona im Ego ist. Die Seeleute erkennen, dass sie Gottes Willen erfüllen, wenn sie Jona ins Meer werfen. Die Seenot erkennen sie als eine theologische Not, nicht einfach als einen Sturm, wie sie ihn schon oft erlebt haben. Als Hebräer sollte Jona Angst und Fragen überwinden. Weil er das nicht tut, sollen andere sterben?  In Demut bekommen die Seeleute Gotteserkenntnis. Die Heiden bekennen: DU bist der Boss. Deinen Willen will ich erkennen. Über Opfer treten sie zu Gott in Beziehung.
Jona bereut nicht, kehrt nicht um, obwohl er seines fehlerhaften Verhaltens überführt wird (im Gegensatz zu David, Josefs Brüder, bes. Juda)
Mit meinen eigenen Schwierigkeiten, mit meiner eigenen Gebrochenheit kann ich anderen helfen, andere weiterbringen. Ich kann immer fragen: Wozu geschieht mir das? Mit dem Irrweg, auf dem Jona Gott leugnet, dient er trotzdem den unbekannten Seeleuten, die zu Gott in Beziehung treten konnten. Sie erlebten eine solche Kehrtwende, dass sie sogar von ihrer Erfahrung, Menschenopfer zu bringen, abrücken. Sie wollen aus echter Gottesfurcht Jonas Leben retten. Danach aber bringen sie dem einen Gott sogar die IHM genehmen Opfer dar.
Selbst der Abfall des Juden von Gott erwirkt noch Segen für die Heiden. Ein Topos, den auch Paulus kennt.

Jona Kap. 2

1 ER aber bestimmte einen großen Fisch zu, Jona zu verschlingen. Jona war im Leib des Fisches drei Tage und drei Nächte.
Der große Fisch passt wieder zum großen Wind, zum großen Sturm (2x), zur großen Stadt, große Furcht. Alle weisen damit auf den großen Gott. Nur Jona bleibt klein und mickrig.

2 Jona betete zu IHM seinem Gott aus dem Fischleib, 3 er sprach: Ich rief aus meiner Drangsal zu IHM, er antwortete mir, ich flehte aus dem Bauche des Gruftreichs, du hörtest meine Stimme. Ps. 120,1. 4 Mich hatte der Strudel geworfen ins Herz der Meere, mich umringte der Strom, all deine Brandungen, deine Wogen, über mich sind sie gefahren. Ps. 42,8. 5 Schon sprach ich, ich sei vertrieben von deinen Augen hinweg, - dürfte ich nur je wieder blicken zur Halle deines Heiligtums! Ps. 31,23. 6 Die Wasser umtobten mich bis an die Seele, mich umringte die Wirbelflut, Tang war gewunden mir ums Haupt. Ps. 69,2.3.15.16. 7 Zu den Wurzelschnitten der Berge sank ich hinab, das Erdland, seine Riegel auf Weltzeit hinter mir zu, - da hobst aus dem Schlamme mein Leben DU, mein Gott. Ps. 40,3; 103,4. 8 Als meine Seele in mir verschmachten wollte, habe ich DEIN gedacht, zu dir kam mein Gebet, zur Halle deines Heiligtums. Ps. 18,7. 9 Die der Dunstgebilde warten des Wahns, deren Huld müssen die lassen! Ps. 31,7. 10 Ich aber, mit der Stimme des Lobs will ich schlachtopfern dir, was ich gelobte bezahlen, - die Befreiung ist DEIN! Ps. 50,14; 116,17.18. 11 ER sprach zum Fisch, da spie [2]וַיָּקֵא der Jona aufs Trockne.
Der Fisch wird zum Boten, der Jona rettet und das Gespräch zwischen Gott und Jona ermöglicht. 90% der Worte Jonas sind Psalmen, sodass er gar nicht seine eigenen Worte benutzt. Damit drückt er seine eigene Beziehungslosigkeit aus. Diese Gebete füllt er nicht mit Leben, denn er bringt später keine Opfer und erfüllt keine Gelübde, die er aus Davids Gebeten somit nur nachplapperte. Vielmehr bleibt er bis zum Schluss widerborstig. Er ringt sich nicht durch zu einem Schuldbekenntnis oder zur Änderung seines Denkens, denn das Gute wünscht er den Heiden noch immer nicht.
Trotzdem kann gewürdigt werden, dass er sich überhaupt im Gebet an Gott wendet und anerkennt, dass er unter einer größeren Macht steht. Eine reife Beziehung ist auch in dieser Geburtserfahrung des Jona noch nicht entstanden. Man kann in der Bibel sehen, dass Menschen in großer Not Abgeschiedenheit suchen und Tränen weinen wie bei David während der Erkrankung des Sohnes von Batseba. Ein Schuldbekenntnis wie nach der Affäre mit Batseba fehlt bei Jona. Das kürzeste Heilungsgebet des Mose bei der Erkrankung seiner Schwester: „Bitte, Gott, heile sie.“ deutet mehr die innere Beteiligung an als die langen, unzusammenhängenden Psalmen, die Jona losgelöst von seiner einmaligen Erfahrung im Bauch eines Fisches zitiert.
Höhle und Bauch bedeuten immer die Erfahrung einer Neugeburt, „Reinkarnation“. Jona muss nochmals eine Geburtserfahrung machen. Zumindest ist er nach dieser bereit, nach Ninive zu gehen.
Gott schickt Jona in den Ursprung, schon als er ihn erstmalig nach Ninive schickt, welches im Osten liegt, wo die Sonne aufgeht und das Licht (> Gott) steht. Jona flieht nach Westen, zum Sonnenuntergang, zur Dunkelheit und Verhärtung. Durch den Fisch zwingt Gott Jona, sich zu orientieren > sich auf den Osten, das Licht und damit auf Gott ausrichten, indem er in den nochmaligen Geburtsvorgang hinein muss.
Gott lässt Situationen entstehen, auch Notlagen, um uns Menschen in die Orientierung zu zwingen. Als Hausherr der Schöpfung bedient Gott sich auch der Natur, um uns zu orientieren.

V10 wälzt Jona die Befreiung auf Gott. Er hat kein Unrechtsbewusstsein und versteht nicht, dass er aufgrund seines eigenen Fehlentscheids in diese Situation gekommen ist.

In V11 spricht Gott mit dem Fisch, nicht mit Jona. Gott antwortet nicht auf Jonas Gebet, aber der Fisch gehorcht sofort. Der Fisch speit ihn aus, der Fisch kotzt, denn er erträgt den lamentierenden Jona nicht. Sowie das Schiff ihn nicht mehr tragen wollte und zu brechen gedachte, so will auch der Fisch ihn nicht in sich behalten.

Jona Kap. 3

1 SEINE Rede geschah zu Jona ein zweites Mal, es sprach: 2 Steh auf, wandre nach Ninive, der großen Stadt, und rufe den Ruf ihr zu, den ich zu dir rede.
Jona geht erst, nachdem Gott ihn ein zweites Mal schickt. Das Geschick dieser Stadt liegt Gott am Herzen, und zwar so sehr, dass der Tradent der Geschichte die Zahl Drei einsetzt als Hinweis auf die Transformation der Stadt, nicht nur in der Größe, sondern auch in den drei Verben: steh auf, wandere, rufe. Nun aber soll Jona den Ruf rufen, den Gott zu ihm redet. Gott drückt sein Anliegen deutlicher aus und zeigt damit seine Gereiztheit an.

3 Jona stand auf, er wanderte nach Ninive, SEINER Rede gemäß. Ninive aber war eine große Stadt vor Gott, drei Tage zu durchwandern.. 4 Jona begann, in die Stadt hineinzugehen, eine Tageswanderung, und rief, er sprach: Noch vierzig Tage, und Ninive wird umgestürzt!
Jona tut nun endlich das, was Gott ihm gesagt hatte. Er stand auf und wanderte in die Stadt. Er begann, nur eine Tagesreise hineinzugehen, obwohl die Stadt drei Tagereisen groß ist. Der Beginn der guten Tat ermöglicht schon die Transformation. Man kann sein Lebenswerk oftmals nicht beenden, aber man muss seine Aufgabe beginnen. Gott tut das Seine dazu. Die Heiden kehren wirklich um. Sie sehen einen, der aus dem Fisch kommt. Dieses Zeichen seiner Metamorphose spricht mehr als seine Worte. Nichts im Leben wirkt so stark wie das vorgelebte Leben.
40 steht für Prüfung, Reifung und Läuterung: 40 Jahre in der Wüste, 40 Tage Elia am Berg Karmel, Jesus 40 Tage in der Wüste. Die Stadt soll nach 40 Tagen umgestürzt werden. Gott sah von Anbeginn ein Umkehrpotential, sodass er die Stadt umstürzen will, nicht aber zerstören. Umstürzen ist eine Revolution, in der schon die Veränderung steckt. Umkehren und umstürzen stehen in dialektischer Beziehung. Wenn nämlich Ninive sich bekehrt, wird Ninive ebenfalls umgestürzt, denn die Lebenseinstellung verändert sich, das Böse wird umgestürzt und das Gute kommt zum Vorschein. Es kommt also in jedem Fall zum Umsturz, im Guten durch Umkehr des Volkes oder durch ihre Verhärtung und damit Gottes Umsturz.

5 Die Männer Ninives wurden Gott vertrauend, sie riefen Kasteiung aus, kleideten in Sackleinen sich, von Groß bis Klein. 6 Die Rede gelangte zum König von Ninive, er stand von seinem Thron auf, legte seinen Mantel ab, bedeckte sich mit dem Sack, setzte sich in die Asche.
Die Rede gelangt an den König; Jona geht nicht selber zu ihm.

7 Er ließ ausschrein, ließ sprechen: In Ninive, auf Befehl des Königs und seiner Großen zu sprechen: Mensch und Getier, Rind und Schaf, sollen nimmer das Geringste verkosten, man soll nimmer weiden, Wasser soll man nimmer trinken! 8 mit Sackleinen soll man sich bedecken, Mensch und Getier, man soll zu Gott rufen mit Macht, und umkehren sollen sie, jedermann von seinem bösen Weg, von der Unbill, die an ihren Händen ist!
In seiner Botschaft droht Jona nur, er gibt den Bewohnern keine Perspektive, obwohl er selber eine Erfahrung der Befreiung erfahren durfte. Kap.4 zeigt, dass er kein Interesse hat, dass die Niniviter Gottes Barmherzigkeit erfahren. Deshalb spricht er nur einen sehr minimalistischen Satz, obwohl Propheten Gottes aus ihrer eigenen Erfahrung in aller Ausführlichkeit und mit eigener Auslegung sprechen dürfen. Elia redete viel seine eigenen Worte, die Gott ihm nicht eingeben musste, denn Elia stand Gott sehr nah.
Jona bewirkt Umkehr jetzt lediglich durch sein Sosein. Die Männer wurden Gott vertrauend aus uns nicht bekannten Gründen. Das ist das Geheimnis Gottes, dass er uns trotz allen Versagens gebrauchen kann. Vermutlich hielt Jonas eigene Zerrissenheit den Bürgern Ninives den Spiegel vor. Trotz Jona kommen sie in einen Prozess der Umkehr.

9 wer weiß, umkehren möchte der Gott, es möchte ihm leidsein, und er kehrt um vom Flammen seines Zorns, und wir schwinden nicht! 10 Gott sah ihr Tun, daß sie umkehrten von ihrem bösen Weg, und leid wards Gott des Bösen, das ihnen zu tun er geredet hatte, und er tat es nicht.
V9: Der König erkennt und verlautbart, dass Gott selber umkehren kann. Gott ist ein Umkehrender, wenn wir bereit sind umzukehren, auch wenn es nur kleine Schritte sind. Gott ist viel „menschlicher“, viel gütiger, als wir ihn darstellen.
V10: Gott schaut auf das Tun der Menschen, nicht so sehr auf die Äußerlichkeiten. Gott ist nicht berechnend; ER ist herzlich und „menschlich“. Gott gibt niemanden auf, weil ER unser Vater ist.

Jona Kap. 4

1 Das erboste Jona, einer großen Erbosung, es entflammte ihn, 2 er betete zu IHM, er sprach: Ach, DU! war nicht dies meine Rede gewesen, als ich noch auf meinem Boden war? deswegen wollte ich zuvorkommen, nach Tarschisch zu flüchten! ich wußte ja, daß du eine gönnende und erbarmende Gottheit bist, langmütig, reich an Huld, und leid wirds dir des Bösgeschicks.
V2: Jetzt kommt Jona in die Gänge. Bisher zeigt er keine Gefühle, aber jetzt erbost er, kommt in Erregung, in die Hitze der Gefühle. Jetzt spricht er zu Gott ganz persönlich. Er wirft Gott Seine Güte vor. Jona behauptet, alles gewusst zu haben, aber das zeigt seine Überheblichkeit. Er weiß doch eigentlich gar nichts über Gott, sonst kennte er die 13 Eigenschaften Gottes in Dtn.30. Jona macht sich zu Gott, denn er meint, etwas zu wissen. Dann könnte er anders mit Gott umgehen, wenn er Gott verstünde. Jona lebt in einem Fehlkonzept über sein Prophetenamt, sonst hätte er auch das Wortspiel mit dem Umsturz verstanden und gewusst, dass es einem Propheten gemeinsam mit Gott um das Leben und die Umkehr gehen muss, nicht um Vernichtung und Tod.
Vgl. Gen 28,16 Jakob an der Himmelsleiter: Ich wusste gar nicht, wie groß du bist.
Endlich spricht Jona mit Gott im DU (3x).

3 Jetzt aber, DU, nimm doch meine Seele von mir, denn mehr recht ists, daß ich sterbe, als daß ich lebe. 4 ER aber sprach: Hats dich rechtschaffen entflammt?
Jona will nicht mehr leben, wenn seine Ideologie nicht mit der Realität übereinstimmt. Elia wollte am Berg Karmel auch sterben, jedoch kämpfte er wirklich für Gott und war ausgebrannt.
Recht hätte Jona, wenn er meinte, dass sein Ego und sein kleinkariertes Denken sterben werden. Dann hätte er ebenfalls eine Chance zu echter Umkehr.

5 Jona wanderte zur Stadt hinaus, er setzte sich östlich der Stadt, dort machte er sich eine Hütte, er saß darunter im Schatten, bis er sähe, was in der Stadt geschehen würde.
Jona wartet immer noch auf die Bestrafung der Stadt. Er setzt sich östlich der Stadt, er orientiert sich. Entsprechend schickt Gott einen Ostwind zur weiterführenden Orientierung. Die Hütte, welche sich Jona baute, ist vergänglich.

6 ER, Gott, aber hatte eine Rizinusstaude zubestimmt, daß sie aufschösse, über Jona hinauf, um über seinem Haupt Schatten zu sein, ihm von seiner Erbosung abzuschatten. Jona freute sich über die Staude, eine große Freude.
Sogar eine Staude ist größer als Jona und geht über seinen Kopf, sein Ego, hinaus. Gott spendet ihm Schatten, damit er sich abregen kann. Die Staude spendet ihm große Freude, welche von Gott kommt. Sein eigenes Werk, die selbst gebaute Hütte, spendet ihm nicht diese Freude. Die Rizinusstaude ist sehr empfindlich und steht damit für Vergänglichkeit. Deshalb kann schon ein kleiner Wurm die große Pflanze zunichtemachen. (Ironie von Größe und Kleinheit.)

7 Gott aber bestimmte einen Wurm zu, als das nächste Morgengrauen aufstieg, der stach die Staude, daß sie verdorrte. 8 Es geschah, als die Sonne erstrahlte, da bestimmte Gott einen schneidenden Ostwind zu, die Sonne stach auf Jonas Haupt nieder, er verschmachtete, er wünschte seiner Seele zu sterben,
Die Sonne ist ein Bild für Gott. Sein Licht strahlt auf. Und Gottes Licht kann uns blenden, stechen. So zeigt Gott dem Jona, dass er kein echter Prophet ist, weil er launisch ist, weil er sein Ego in den Vordergrund stellt und seinen Gott nicht versteht. Das Ego darf nicht das Maß aller Dinge sein, sonst steht dieses Ego dem Verständnis Gottes entgegen.

9 er sprach: Mehr recht ists, daß ich sterbe, als daß ich lebe. Gott aber sprach zu Jona: Hats dich rechtschaffen entflammt um die Rizinusstaude? Er sprach: Rechtschaffen hats mich entflammt bis ans Sterben. 10 ER aber sprach: Dich also dauerts der Staude, um die du dich nicht gemüht hast, die du nicht hast großgezogen, die als Kind einer Nacht ward und als Kind einer Nacht schwand! 11 Mich aber sollte nicht dauern Ninives, der großen Stadt, darin es mehr als zwölf Myriaden von Menschen gibt, die zwischen Rechts und Links nicht wissen zu unterscheiden, und Getiers die Menge?!
Der Wurm, die Staude, der Ostwind hören auf Gott; sie sind Boten Gottes. Das führt dazu, dass Jona wieder einmal sterben will. Gott konfrontiert Jona, dass ER das Recht hat, die Niniviter zu lieben wie ER die Rizinusstaude liebt. Sie ist ebenso sein Kind: „Kind einer Nacht“.
Jona schaut nur auf Äußerlichkeiten und Vergänglichkeiten. Darum darf Gott umso mehr mit den vergänglichen Menschen umgehen und sie lieben. Unser Leben ist in Vergänglichkeit eingebunden und die ist schmerzhaft, aber in der Vergänglichkeit ist Größe, wenn wir uns Gott zuwenden und die kleinen Dinge würdigen und dankbar genießen.
Jona will urteilen und verurteilen. Er muss lernen, die Vergänglichkeit zu bejahen. Daraus entsteht Ewigkeit, in die wir das Gelernte mitnehmen.
Alle Menschen sind „Kind einer Nacht“. Darin müssen wir Gott vertrauen. ER bereitet uns damit auf die Ewigkeit vor.
Jona ist das einzige Buch in der Bibel, das offen bleibt. Das Nichtantworten Jonas kann zeigen, dass ihm die Worte fehlen, er aber trotzdem etwas verstanden hat.
Wenn die Bibel eine Frage unbeantwortet lässt, ist der Leser aufgefordert, die Antwort zu finden.


[1] Das Transzendente, das unsere Menschlichkeit übersteigt, uns zum Ewigen führt

[2] erbrach, übergab (er sich)הקיאhekI‘הֵקִיאHif’ilקיא

Protokoll eines Hesekiel-Seminars

Kap.37, Kap. 1 – 3, Kap. 11 + 18 von meiner Frau Debora (deine-wurzel.de)

Kap. 37 – Yad Vaschem

Kap. 37 – Yad Vaschem

Hes 37:14

SCHL2    Und ich werde meinen Geist in euch legen, und ihr sollt leben; und ich werde euch wieder in euer Land bringen; und ihr werdet erkennen, dass ich der Herr bin. Ich habe es gesagt und werde es auch tun!, spricht der Herr.
BRU   gebe in euch meinen Geistbraus, daß ihr lebet, lasse euch nieder auf eurem Boden, dann werdet ihr erkennen, daß ICH es bin, ders redet, ders tut. SEIN Erlauten ists.
NHTS   Und ich tu meinen Odem in euch daß ihr lebt setz euch auf euren Boden und ihr erkennt, daß ich, der Ewige geredet und getan ist des Ewigen Spruch.‘
TAN   וְנָתַתִּי רוּחִי בָכֶם וִחְיִיתֶם וְהִנַּחְתִּי אֶתְכֶם עַל אַדְמַתְכֶם וִידַעְתֶּם כִּי אֲנִי יְהוָה דִּבַּרְתִּי וְעָשִׂיתִי נְאֻם יְהוָה

Das Motto über dem Eingang von Yad Vaschem zum Wiederaufbau des Landes, in das HaSchem sein Volk zurückgeführt hat.

Einführung

Hesekiel (Jecheskel = Gott stärkt mich; Gott gibt mir Kraft / Stärke; Gott ist mein Halt) war Prophet des 6.Jh’s. Er war ein Exilsprophet in Babylonien und kam aus einer großen Priesterdynastie. Er sollte zu den Exilanten predigen. Er ist ein großer Navi = Künder, muss aber ins Exil, ins heidnische Land. Was der Künder sagt, ist veränderbar, wenn das Verhalten der Hörer sich ändert.
Die Botschaft in der Gola (Diaspora) ist eine andere als für diejenigen, die im Land Israel lebten. Gott pflegt eine besondere Beziehung zu Hesekiel. Die Worte sind voller Extreme, stärker hier als bei anderen Kündern. Hesekiels Frau stirbt als Zeichen der gestorbenen Beziehung zwischen Gott und Israel. (Kap.24) Hesekiel schweigt ab Kap.3, denn er sollte zeigen, dass Gott nicht mit seinem Volk sprechen wollte. Wie konnte er solche Extreme ertragen?! Kap.16 ist eine einzige Schimpftirade, dann wieder sind so liebevolle, zärtliche Worte zu hören. Wie kann Gott selbst so polar sein?
Auch im NT gibt es bei Jesus, dem Juden und Orientalen, diese Polarität, wenn er einerseits zärtlich ist, andererseits fragt: Wer ist mir Vater, wer ist mir Mutter?
Auch Gott ist „Orientale“. Hinter aller Erregung und aller Explosion steckt eine ungeheure Liebe Gottes. Diese Liebe ist oftmals verletzt ob der Taten der Tochter Zion: Ablehnung von Gott, Götzendienst, Synkretismus. Im Orient kann derjenige, der verletzt ist, heftige Ausdrücke benutzen. Wenn der Orientale und der orientalische Gott wirklich lieben, wird jeder von beiden sehr erregt und sehr deutlich. Gott greift durch, um sein Volk vor seiner Verirrung zu bewahren.
Hesekiel predigt schon 12 Jahre vor der Tempelstörung und warnt davor. Thema ist, wie dieses Volk ohne Tempel lebt. Die Kinder Israel waren nicht würdig, diesen Tempel zu behalten. Nachdem sie nicht gehört haben, müssen sie nun mit dieser Katastrophe leben. Aber Gott ist so gut, dass es einen neuen Tempel geben soll.
Wegen seiner Extreme ist Hesekiel so schwierig. Für Christen sind Extreme ein schwieriges Kapitel. Gott ist ein brennendes Feuer und ein eifernder Gott (Dtn. 4,24).
Kein Prophet benutzt so viele Gleichnisse wie Hesekiel.

Kapitel 37 – Auslegung

Dieses Kapitel hat Juden in den Pogromen, Kreuzzügen und in den Gaskammern Kraft gegeben. In diesem Kapitel gibt es ein Massiv an Hoffnung und Zukunftsvision. Es gab den Leidenden einen unglaublichen Glauben! Nach allen Tragödien gibt es eine neue Vision. Aus den Gräbern von Auschwitz und anderen Katastrophen werden die Toten auferstehen.

V1 Die Hand Gottes lag auf ihm, was bedeutet, dass Gott Zugriff auf Hesekiel hatte. Gott hat seinen Künder gepackt, nimmt ihn in die Mangel und benutzt ihn als sein Werkzeug. Dieser Kraft kann Hesekiel sich nicht entziehen.
Geist – Ruach ist eine weibliche, schöpferische, lebengebende Kraft ist. Es bleibt ein Geheimnis, ob dieses Kapitel ein reales oder inneres Erleben ist.
Knochen = עֲצָמוֹת = meine Selbigkeit (Begriff von Meister Eckard), meine Identität. Knochen hat dieselbe Wurzel wie „selbst“ עצמאי [atzma’I]. Es hat etwas mit dem Vergänglichen zu tun, hat aber auch die Bedeutung des innersten Menschen. Knochen zeigen an, dass es den Menschen einmal gab. Sie erinnern an ein gewesenes Sein.
Dieses Tal mit den Gebeinen erinnert an das Gewesene, aber es zeigt, dass wieder etwas sein darf. Leben ist nicht ganz ausgelöscht. In diesem Tal sind die Überreste begraben.
V2 Alle Gebeine sind sichtbar als viel beendetes Leben. Das Verdorrte ist immer noch gegenwärtig. Das Bild ruft das neuere Bild der Leichen in den Konzentrationslagern hervor.
4x Menschensohn = Adams Sohn, 93x kommt „Menschensohn“ im gesamten Buch Hesekiel vor, und damit häufiger als im NT. Gott möchte, dass die Menschheit erneuert wird in eine Menschheit, wie sie zur Zeit des Paradieses war. Die Menschheit soll wieder ein Sohn Adams werden im paradiesischen Zustand. Adam fiel, weil er von Gott abfiel, wie auch Gottes Volk zu Hesekiels Zeit. Werde wieder Adam in der Nähe Gottes!

3 Er aber sprach zu mir: Menschensohn בֶּן אָדָם [ben adam], werden diese Gebeine leben? Ich sprach: Mein Herr, DU, du selber weißt אַתָּה יָדָעְתָּ.[ata jadata]
Es soll um etwas Transpersonales gehen, nicht um Hesekiel selbst. Der „Ben Adam“ lebte im Paradies, im Raum des Lebens, indem Gott ihm den Ruach einblies und Adam so seine Neschama (= Seele) bekam. Der gefallene Mensch soll wieder zurück ins Leben. Es geht nicht nur um die Juden, denn Adam war noch kein Jude. Der Unterschied zwischen Jude und Nichtjude spielt keine entscheidende Rolle. Alle Menschen sind Adamskinder.
Es geht um Hoffnung in der hoffnungslosen Situation. Gott fordert Hesekiel in dieser Situation heraus und fragt ihn nach seinem Glauben in seiner Verzweiflung nach dem Fall des Tempels. Es gibt keine Chance auf Rückkehr in die Heimat. Gott fragt, ob er in allen Widerständen Gott vertrauen kann. Das sicherte das Leben der verfolgten Juden: Im Angesicht der Verzweiflung nicht auf die Realitäten und äußere Umstände achten, sondern auf die Unmöglichkeiten, die Gott fähig ist zu tun.
Wider alle Hoffnung hoffte Abraham, dass Gott ihm den verheißenen Sohn geben wird. Rö.4,18 Gegen alle Hoffnung hat er voll Hoffnung geglaubt, dass er der Vater vieler Völker werde, nach dem Wort: So zahlreich werden deine Nachkommen sein.
Du weißt es: Es ist die innere Verbundenheit, die diesen Glauben trägt.

4 Er aber sprach zu mir: Künde über diese Gebeine, sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret SEINE Rede!
Die Materie hört wie in der Schöpfung: Aus dem Nichts entsteht etwas durch Gottes Sprechen! In jedem Zustand ist etwas in der Materie vorhanden, sodass Gott diese Gebeine ansprechen kann. In diesen verdorrten Gebeinen ist noch etwas Göttliches, etwas Lebendiges, das hören kann. Laut rabbinischer Einsicht gibt es einen unzerstörbaren Knochen an der Halswirbelsäule, den Gott ansprechen wird bei der Auferstehung der Toten.

6 Ich gebe über euch Sehnen, ich lasse Fleisch euch überziehn, ich überspanne euch mit Haut, Geistbraus gebe ich in euch, und ihr lebt und erkennt, daß ICH es bin.
In drei Stufen erweckt Gott die toten Gebeine. Und Ziel allen Lebens ist die Erkenntnis Gottes. Das steht jedem Götzendienst zuwider. Erkenntnis ist eine zutiefst innere Intuition. Die Erweckten erkennen zu allererst den einen Gott. Umkehrschluss: Wer Gott nicht erkennt, ist tot. Ohne Gott bist du eine wandelnde Leiche.
Eine jüdische Tradition sagt, dass diese Gebeine nicht wirklich Tote waren, sondern spirituell Tote. Mit dem Geist Gottes können sie wieder lebendig werden.

7 Ich kündete, wie mir war geboten. Als ich gekündet hatte, geschah ein Rauschen, und da, ein Schüttern, die Gebeine rückten zusammen, Gebein zu seinem Gebein.
Wieder die Dreistufigkeit, die eine große Transformation in Aussicht stellt. Ohne Ruach sind die Gebeine eine Ruine.

9 Er aber sprach zu mir: Künde auf den Geistbraus zu, künde, Menschensohn, sprich zum Geistbraus: So hat mein Herr, ER, gesprochen: Von den vier Brausewinden, Geistbraus, komm, wehe diese Erwürgten an, daß sie leben!
Die Ruach wird angerufen, obwohl es im Judentum keine Trinität gibt und Ruach keine eigene Kraft ist. Der Menschensohn muss den Geist rufen, damit er zum Mitschöpfer wird und durch den Ruf Beziehung entsteht. Die Kinder Israel waren nicht mehr in Beziehung mit ihrem Gott. Auch in der Schöpfung entsteht Berufung und Auftrag. Das Schwierigste in der Bibel ist es, mit dem unsichtbaren Gott in Beziehung zu stehen und zu bleiben.
Gott ist der erste Herzchirurg, damit Menschen ein neues Herz bekommen, damit Menschen mit ihm in Beziehung bleiben können. Aus den vier Himmelsrichtungen soll der Ruach kommen. Das hat umfassende Bedeutung. Die Juden stehen hier prototypisch. Gott wendet sich schlussendlich an die gesamte Menschheit.

10 Ich kündete, wie er mir geboten hatte. Der Geistbraus kam in sie ein, sie lebten. Sie standen auf ihren Füßen, ein sehr sehr großes Heer.
11 Er aber sprach zu mir: Menschensohn, diese Gebeine, die sind alles Haus Jissrael. Da sprechen sie: Verdorrt sind unsre Gebeine, geschwunden unsere Hoffnung, losgeschnitten sind wir!

Die Hoffnung der Gebeine ist geschwunden; sie sind damit wirklich tot. Aus diesen Gedanken wurde die HaTikwa, die betont, dass die Hoffnung lebt! Gott bildet die Antithese zu der Hoffnungslosigkeit. Darum schreibt Naftali Herz-Imber: Unsere Hoffnung ist NICHT geschwunden! 10 Strophen verfasste er mit vielen Worten der Bibel. (siehe Link)


נפש יהודי הומיה,
ולפאתי מזרח קדימה
עין לציון צופיה – עוד לא אבדה תקותנו,
התקוה בת שנות אלפים,
להיות עם חופשי בארצנו
ארץ ציון וירושלים.
Kol od ba-lewaw penima – Nefesch jehudi homija
(U-l-)fatej misrach kadima
ajin le-zijon zofija.
Od lo awda tikwatejnu
Ha-tikwa bat schnot alpajim:
Lihjot am chofschi be-arzenu –
Erez Zion wi-jruschalajim.
Solange noch im Herzen eine jüdische Seele wohnt
und nach Osten hin, vorwärts,
ein Auge nach Zion blickt, solange ist unsere Hoffnung nicht verloren,
die Hoffnung, zweitausend Jahre alt,
zu sein ein freies Volk, in unserem Land,
im Lande Zion und in Jerusalem!
wikipedia..org/wiki/HaTikwa#Text

Es geht immer um das Herz, die Herzenshaltung, das Herzblut, mit dem die Beziehung zu Gott gestaltet werden soll. Im Herzen muss Gott erkannt werden, sonst kann er nicht erkannt werden. Vor Hesekiel war die Beziehung des Volkes herzlos, hartherzig. In der deutschen Sprache gibt es viele Worte mit „Herz“: beherzt, beherzigen, Herzensbildung, warmherzig, … Es gibt sogar „Herzohren“, ein rechtes und ein linkes. https://de.wikipedia.org/wiki/Herzohr Deshalb passt es, dass die Bibel sagt, wir sollen mit ganzem Herzen hören!

12 Darum künde, sprich zu ihnen: So hat mein Herr, ER, gesprochen: Da, ich öffne eure Gräber, ich ziehe euch aus euren Gräbern, mein Volk, ich lasse euch kommen zu dem Boden Jissraels. 13 Dann werdet ihr erkennen, daß ICH es bin. Wann ich öffne eure Gräber, wann ich euch ziehe aus euren Gräbern, mein Volk,
Gott errettet aus den Gräbern weltweit. In allen vier Himmelsrichtungen wirkt Gott; er wirkt universell auch für die Menschen, die nicht zum Volk Israel gehören. Die Hinzugekommenen – Christen und Moslems -, die die Erstwahl der Juden akzeptieren, sind mit angesprochen. Israel bleibt auch in den schwierigsten Zeiten und in der fürchterlichsten Erregung das Volk Gottes.

14 gebe in euch meinen Geistbraus, daß ihr lebet, lasse euch nieder auf eurem Boden, dann werdet ihr erkennen, daß ICH es bin, ders redet, ders tut. SEIN Erlauten ists.
15 SEINE Rede geschah zu mir, sprach:    וַיְהִי דְבַר יְהוָה אֵלַי לֵאמֹר

Das Reden Gottes ist ein Geschehen; es ist dynamisch und erfahrbar. Wer es hört, kann sich nicht entziehen.

16 Und du, Menschensohn, nimm dir ein Holz und schreibe darauf: »Des Jehuda und der Söhne Jissraels, die seine Gefährten sind.« Und nimm wieder ein Holz und schreib darauf: »Des Jossef«, als das Holz Efrajims und alles Hauses Jissrael, die seine Gefährten sind.
Verbindend zwischen den beiden Prophetien sind das trockene Holz und die trockenen Knochen. Das Holz hatte einen unangenehmen Beigeschmack, denn Holz wurde für die Götzen benutzt. Aber jetzt soll es die Einheit des Volkes symbolisieren.

17 Dann rücke sie dir aneinander zu Einem Holz, sie sollen zur Einheit werden in deiner Hand.
Wenn du dich in Gottes Hand begibst (V1), dann gibt Gott in deine Hand aus seiner Hand Fülle über Fülle, Einheit, das Ende von Zerrissenheit, Überwindung von Krisen.

18 Und wenn zu dir sprechen die Söhne deines Volks, sprechen: »Willst du uns nicht melden, was diese dir sollen?«, 19 rede zu ihnen: So hat mein Herr, ER, gesprochen: Da, ich nehme das Holz Jossefs, das in der Hand Efrajims und der Jissraelstäbe, seiner Gefährten, ist, ich gebe mit ihnen zusammen, daran das Holz Jehudas, ich mache sie zu Einem Holz, daß sie eins sind in meiner Hand. 20 Die Hölzer, auf die du geschrieben hast, seien in deiner Hand ihnen vor Augen,
Die Hand ist das wichtigste Organ zur Beziehungsstiftung, wenn man sich die Hand zum Gruß gibt, wenn man sich freundschaftlich berührt, tröstet. Es geht aus Gottes Hand in Hesekiels Hand und wieder in Hesekiels Hand. Und mit den Augen sollen wir sehen, was Gott wirkt.
Die Einheit wird hergestellt zwischen Nordreich und Südreich. Das Nordreich existierte zu Hesekiels Zeit nicht mehr.

21 und rede zu ihnen: So hat mein Herr, ER, gesprochen: Da, ich nehme die Söhne Jissraels weg aus den Weltstämmen, wohin sie gehen mußten, ich bringe sie zuhauf ringsumher, ich lasse sie kommen zu ihrem Boden.
Gott, der sein Volk aus dem Land vertrieben hat, wird es zurückbringen. Es wird wieder eine Heimat geben. Diese Hoffnung hat das Volk Israel immer am Leben erhalten.

22 Ich mache sie zu Einem Stamm im Land, in Jissraels Bergen, ein König wird ihnen allen zum König, sie werden nicht mehr zu zwei Stämmen, sie spalten sich nicht mehr zu zwei Königreichen.
Die Spaltung ist überwunden!

23 Und nicht mehr bemakeln sie sich mit ihren Klötzen, mit ihren Scheusalen, mit all ihren Abtrünnigkeiten. Ich befreie sie von all ihren Abkehrungen, damit sie gesündigt haben, ich reinige sie, sie werden mir zum Volk und ich, ich werde ihnen zum Gott.
Gott selber befreit von der Sünde. Der Mensch kann es nicht aus eigener Kraft. Gott reinigt uns, vergibt uns. Käme er uns nicht entgegen, würden wir Menschen es nicht schaffen. Zum Volk werden heißt, dass es erneuert ist, mit einem neuen Herzen ausgerüstet. Unsere Beziehung zu Gott muss „kardiologisch“ sein. Das Herz ist der Sitz  der Weisheit, die Gefühle sind in den Nieren. Mit dem neuen Herzen ist der Jude ein neuer Mensch, eine neue Schöpfung.
Jer. 29,13 dann verlangt ihr nach mir, und ihr werdet finden: wenn ihr mich mit all eurem Herzen sucht, 14 will ich mich von euch finden lassen, ist SEIN Erlauten. Ich lasse euch Wiederkehr kehren, ich hole euch zuhauf aus allen Stämmen, aus allen Orten, wohin ich euch versprengte, ist SEIN Erlauten, ich lasse euch heimkehren an den Ort, woher ich euch habe verschleppen lassen.

24 Mein Knecht Dawid ist über sie König, Ein Hirt ist für sie alle. Sie gehn in meinen Rechtsgeheißen, wahren meine Satzungen, tun sie. 25 Sie siedeln in dem Land, das ich meinem Knecht, dem Jaakob, gab, darin siedelten ihre Väter, nun siedeln darin sie, ihre Söhne, die Söhne ihrer Söhne auf Weltzeit, und Dawid, mein Knecht, ist ihnen Fürst auf Weltzeit.
Jaakob steht für Israel, denn Gott verwandelte ihn am Jabbok in Israel. So steht dieser Jaakob für die Wandlung, die Gott vollbringen kann. Und nach der Staatsgründung 1948 wurde der Staat wieder Israel genannt! Und David, der untreu war und mit einer Frau die Ehe brach, bekommt Verzeihung und wird König in dem erneuerten Volk.

26 Einen Bund des Friedens schließe ich ihnen, der bleibt mit ihnen als Weltzeitbund, ich pflanze sie ein, ich mehre sie. Mein Heiligtum gebe ich in ihre Mitte auf Weltzeit,
Gott erneuert den Bund; er schafft nicht einen Bund ab, sondern erweitert ihn um eine weitere Komponente.

27 meine Wohnung wird sein über ihnen. Ich werde ihnen zum Gott und sie, sie werden mir zum Volk.
Der „herzhafte“ Gott, die Beziehung wird eine Herzensbeziehung.

Wir sind Gottes Tempel

28 Dann erkennen die Weltstämme, daß ICH es bin, der Jissrael heiligt: wann mein Heiligtum bleibt in ihrer Mitte auf Weltzeit.
Das Heiligtum muss in unserer Herzensmitte sein, nicht nur im Äußeren. Nur im Inneren findet die Beziehung statt. Die erneuerten Kinder Israel dient Gott wieder von Herzen.
Ex.25,8 Ein Heiligtum sollen sie mir machen, daß ich einwohne in ihrer Mitte. > Gott will nicht einfach im Tempel (in ihm) leben, sondern in ihrer Mitte, in ihren Herzen. Wenn sein Volk das nicht versteht, nimmt Gott ihnen das „Spielzeug“ Tempel weg.

1.Kor 3:16-17 : Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? So jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr.
1.Kor 6:19 Oder wisset ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, welchen ihr habt von Gott, und seid nicht euer selbst.
2.Kor 6:16 Was hat der Tempel Gottes für Gleichheit mit den Götzen? Ihr aber seid der Tempel des lebendigen Gottes; wie denn Gott spricht: »Ich will unter ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein.
Paulus hat verstanden, dass jeder Gläubige ein Tempel Gottes ist.
Warum hat Gott den Menschen diesen Tempel mit all dem Prunk gegeben, der uns den Prunk zeigt und uns damit vielleicht verführt, nur im Kult zu stecken ohne Innerlichkeit? Es geht nicht um ego-logisches Denken, sondern um theologisches Denken. Gott fordert uns heraus, über unsere eigene menschliche Logik hinauszuwachsen und dem Ego offenbar zu widersprechen. Das Judentum ist eine einzige Zu-Mutung: Es mutet uns zu, was unlogisch erscheint. Gott hat nichts davon, dass der Jude am Schabbat nicht arbeitet oder die Kaschrut einhält, aber die Neschama (= Seele) ist mit Gott in Beziehung. Und das Ego macht unfrei, wenn der Mensch tut, was er will. Das läuft der göttlichen Seele zuwider. Aber theologische Logik ermöglicht es uns, nicht auf das Ego zu hören, sondern auf die Stimme Gottes in uns.
Alle Völker erkennen Gott! Das ist das große Ziel von Gottes Handeln, dass es im Innern der Völker angenommen wird.

Kapitel 1: Der offene Himmel

Es handelt sich um den schwierigsten Text der Bibel. Warum öffnet sich der Himmel? Was sieht Hesekiel da?

1 Es geschah im dreißigsten Jahr, im Vierten, am fünften auf die Mondneuung, als ich inmitten der Verschlepptenschaft am Stromarm Kbar war: der Himmel öffnete sich, ich sah Gottgesichte. 2 Am fünften auf die Neuung - es war das fünfte Jahr seit König Jojachins Verschleppung –
30 > 3 bedeutet: Transformation steht an
5 nedeutet; begreifen, 5 Bücher der Tora, 2x 5 „Gebote“ Worte

3 geschah SEINE Rede, geschah an Jecheskel Sohn Busis den Priester im Land der Chaldäer, am Stromarm Kbar, SEINE Hand war dort über ihm.
Gott öffnet den Himmel über den Verschleppten in der Katastrophe. Diese besondere Vision erhält Hesekiel, der Priester. Er hat diesen Bezug zum Tempel, der sein Original im Himmel hat, das Mose sehen konnte, um die Anweisung für den irdischen Bau zu geben.
Bus = Verachtung; Busi = meine Verachtung. Er wurde verspottet und verachtet. Auch Hesekiel ist somit leidgeprägt, wie Jeremia aus Anatot. In diesem anderen Umfeld bekommt er etwas anderes zu sehen. Vielleicht hat Gott  ihn deshalb herausgeführt.
Die Vision soll Hesekiel einen Einblick in das wahre Leben geben. Dieser Hoffnungsschimmer durch den Blick in eine Welt, die das Ego nicht versteht, hilft der Seele im Umgang mit Traumatisierungen und Schicksalen. Das Leid wird transzendiert. Der offene Himmel zeigte sich auch Jakob mit der Himmelsleiter.

4 Ich sah, da, ein Sturmbraus kam vom Norden הַצָּפוֹן (=verborgen): große Wolke und insichgreifendes מִתְלַקַּחַת Feuer, ihr ringsum ein Glanz, aus jenes Mitte aber, wie der Anblick des Asem-Erzes aus der Mitte des Feuers,
Feuer-  und Wolkensäule begleiteten die Kinder Israel in der Wüste. Die Visionen Hesekiels rekurrieren auf die großen Geschehnisse Gottes mit seinem Volk auf Erden.

5 aus jenes Mitte vier Lebendiger Gestalt. Und dies ihr Ansehn: Menschgestalt an ihnen,
Chaijot sind die vier Lebendigen, denn das wahre Leben ist bei Gott. Menschen auf Erden können lebendig scheinen, aber sie sind Sklave von Trieben und innerlich tot. Dieses Leben bei Gott ist allumfassend, universell. Unser Leben befasst sich mit der Kunst des Sterbens. Wer das übt, kann eines Tages wirklich sterben.
Was ist wirklich das lebendige? Was ist die Realität? Alle Parallelen zu den irdischen Ereignissen sind demnach in der oberen Welt real  und beständig. Hier waren sie nur flüchtige, vergängliche Ereignisse. Das wahre Leben fängt an, wenn dieses irdische Leben aufhört. Das zeigen uns diese transrationalen Wesen, die unser Ego übersteigen. In der Ewigkeit ist die Zeitlosigkeit allen Seins. Dort ist alles gegenwärtig und unvergänglich. Mit diesen Visionen lüftet Gott den Vorhang in das Geheimnis des Lebens.

6 jedem einen der Antlitze vier, jedem einen vier Flügel ihnen. 7 Ihre Beine - ein gerades Bein, ihre Fußballen wie der Fußballen eines Kalbs, und die funkelten wie der Anblick geglätteten Kupfers.
Ein gerades Bein verweist auf ihre Geradheit; das Kalb assoziiert das goldene Kalb; Kupfer erinnert an das kupferne Becken im Tempel, bearbeitetes Kupfer. Das Kalb, das zur Sünde führte, wird hier rehabilitiert und führt zur Befreiung. Vier Elemente der Schöpfung: Mineralien (Steine, Erze, Pflanzen, Lebewesen; vom Einzeller bis zum Mehrzeller, der Mensch). Gott verbindet alles. Er will die Synthese, nicht die Analyse. Der Mensch analysiert, Gott synthetisiert. Gott gibt dem Tier kupferne Füße. Die kupferne Schlange errettete vom Tod. Im Bösen steckt der Keim des Guten, wenn wir uns für Gott entscheiden.

8 Menschenhände unterhalb ihrer Flügel, an ihren vier Geviertseiten. Ihre Antlitze aber und ihre Flügel, der Vier, 9 - ihre Flügel, jeder an sein Geschwister geheftet, - drehten sich nicht im Gehn, jeder in der Richtung seines Antlitzes, gingen sie. Die Gestalt ihrer Antlitze aber: 10 ein Menschenantlitz, zur Rechten ein Löwenantlitz, den Vier, von links her ein Stierantlitz, den Vier, und ein Adlerantlitz den Vier.
Diese Tiere sind machtvoll: Löwe = König der Tiere, Adler = König der Vögel, Stier = Kraft. Alle Tiere haben ein Antlitz und sind damit wie Menschen. Alle haben das göttliche Antlitz und sind im Ebenbild Gottes geschaffen. Bei Gott gibt es nicht mehr die Trennung von Mensch und Tier. Es kommt zur Einheit allen Seins. Die Universalität des Lebens wird zur Einheit, alle werden EINS!

11 Ihre Antlitze das, ihre Flügel aber drüberhin ausgespannt, jedem zwei aneinandergeheftet, und zwei hüllten ihre Körper zu. 12 Jeder in der Richtung seines Antlitzes, gingen sie, wohin der Geistbraus gehn hieß, gingen sie, drehten sich nicht im Gehn.
„wohin der Geistbraus gehn hieß“ = Jeder geht nach der Anweisung des Geistes, nicht des Egos. Mal gehen sie, mal drehen sie sich, alles nach der Ordnung Gottes. Die Ordnung besteht sowohl im Handeln und als auch im Unterlassen. Auch wenn die Babylonier den Tempel zerstören, ist es in der Ordnung Gottes. Die Räder stehen für die Bewegung und für den Urheber der Bewegung: Gott. Sie weisen auch auf das Ineinandergreifen der Dinge hin und auf die ununterbrochene Bewegung.

13 Und die Gestalt der Lebendigen: ihr Ansehn - wie brennende Feuerkohlen, anzusehn wie Fackeln הַלַּפִּדִים (ha'lapidim), gings zwischen den Lebendigen um, und Glanz war am Feuer, und aus dem Feuer fuhr ein Blitz,
Feuerkohlen > Jesaja auf den Lippen;
Spr.25, 21Hungert deinen Feind, so speise ihn mit Brot; dürstet ihn, so tränke ihn mit Wasser. 22Denn du wirst feurige Kohlen auf sein Haupt häufen, und der HERR wird dir's vergelten.

14 und die Lebendigen liefen und kehrten - wie das Ansehn des Wetterleuchtens.
Hier gibt es eine Ordnung im Kommen und Gehen. Auch die Umkehr wird angesprochen.

15 Ich sah die Lebendigen an, da war je ein Rad auf der Erde neben den Lebendigen, nach der Antlitzvierheit zu.
„ein Rad auf der Erde“ = alles irdische Leben wird von oben gelenkt! Es besteht eine enge Beziehung zwischen Himmel und Erde. Wer sich das bewusst macht, wird demütig. Diese Demut sollen die Exilanten (Golim) lernen. Meine Hand wird von Gott gelenkt! Das ist auch eine Befreiung, denn in allem, was mir geschieht oder was ich tue, steht letztlich die Hand Gottes. Es geht darum, wer der Hausherr in dieser Schöpfung ist! Auch die Babylonier sind es nicht! Trotzdem hat der Mensch Verantwortung, indem er den Willen Gottes für sein Leben durch Gebet, Meditation und Gottesbeziehung erkennt und tut. Eine große Verantwortung ist es für uns, Gott zu vertrauen, denn das bedeutet eine große Selbstüberwindung.

16 Das Ansehn der Räder und ihr Gemächt (Macht)wie der Anblick des Chalzedon, und einerlei Gestalt den Vieren, und ihr Ansehn und ihr Gemächt, als wäre ein Rad inmitten des anderen Rads. 17 Nach ihren vier Geviertseiten gingen bei ihrem Gehn sie, drehten sich nicht im Gehn. 18 Ihre Felgen aber, Schwungmacht war deren, Furchtbarkeit war deren: ihre Felgen voller Augen ringsum, den Vieren. 19 Wann aber die Lebendigen gingen, gingen die Räder daneben. und hoben die Lebendigen sich von der Erde, hoben die Räder sich.
Gottes Blick entgeht nichts. Die Augen Gottes wachen über uns bei Tag und Nacht. Der Hüter Israels schläft und schlummert nicht. Wenn Gott (die Lebendigen) sich von der Erde löst, dann zieht er sich aus Verletztheit zurück. Es gibt Chaos. Normalerweise sollen Himmel und Erde in Berührung sein. Gleichzeitig geht Gott mit seinen Juden durch diesen Rückzug ins Exil und in die Gaskammern und leidet mit den Seinen.

20 Wohin der Geistbraus gehn hieß, gingen jene, dahin ließ auch sie der Braus gehn, die Räder hoben sich mit jenen zugleich, denn der Braus des Lebendigen war in den Rädern.
Gottes Leben und Geist ist in allem.

21 Wann jene gingen, gingen sie, wann jene standen, standen sie, und hoben jene sich von der Erde, hoben die Räder sich mit ihnen zugleich, denn der Braus des Lebendigen war in den Rädern. 22 Gestalt aber war über des Lebendigen Häuptern, ein Gewölb, wie der Anblick des furchtbaren (ehrfurchtgebietend) Eises, über ihren Häuptern gestreckt oberhalb. 23 Unter dem Gewölb waren ihre Flügel gerade, jeder auf sein Geschwister zu, zwei aber hatte der, die hüllten ihnen, und zwei hatte der, die hüllten ihnen ihre Körper zu.
Bei Gott ist die Zwei in Einheit. Die Pluralität und Zerrissenheit ist unser Problem auf Erden. In der anderen Welt sind wir überall gleichzeitig, denn der Geist ist reine Einheit.
Off. 10, 5Und der Engel, den ich sah stehen auf dem Meer und der Erde, hob seine Hand gen Himmel 6und schwur bei dem Lebendigen von Ewigkeit zu Ewigkeit, der den Himmel geschaffen hat und was darin ist, und die Erde und was darin ist, und das Meer und was darin ist, daß hinfort keine Zeit mehr sein soll;

24 Ich hörte den Hall ihrer Flügel wie den Hall großer Wasser, wie den Stimmhall des Gewaltigen, wann sie gingen, ein hallendes Tosen, wie eines Heerlagers Hall. Wann sie aber standen, ließen sie niederhangen ihre Flügel:
„großes Wasser“ > Schöpfung; der Gewaltige ist Gott; der laute Stimmhall erinnert an die Offenbarung am Berg Sinai.
Die oberen Wesen achten jede Anordnung des Geistes. Der Mensch lebt in der Illusion, alles zu können. Aber die oberen Wesen mit der großen Macht unterwerfen sich der göttlichen Macht.

25 ein Stimmhall geschah oberhalb des Gewölbs, das über ihren Häuptern war, wann sie nun standen, ließen sie niederhangen ihre Flügel. 26 Oberhalb des Gewölbs aber, das über ihren Häuptern war, anzusehn wie Saphirstein Gestalt eines Stuhls, und auf der Gestalt des Stuhls eine Gestalt anzusehn wie ein Mensch, oben darauf.
Nun sind wir in den höchsten Höhen. Saphiere sind extrem hart und feuerfest (3000°), blau wie der Himmel.
Der Stuhl ist der Thron Gottes. Der auf dem Stuhl ist anzusehen wie ein Mensch, denn der Mensch ist in seinem Ebenbild geschaffen. Wir kommen zurück in den Zustand der Schöpfung.

27 Ich sah: wie der Anblick des Asem-Erzes, anzusehn wie ein Feuer, das rings ein Gehäus hat, vom Ansehn seiner Hüften aufwärts, und vom Ansehn seiner Hüften abwärts sah ich: anzusehn wie ein Feuer, das flugs einen Glanz hat. 28 Anzusehn wie der Bogen (Regenbogen), der im Gewölk wird am Regentag, so anzusehn rings war der Glanz. Das war das Ansehn der Gestalt SEINER Erscheinung. Ich sah, ich fiel auf mein Antlitz. Nun hörte ich eines Redenden Stimmhall,
Der erste ewige Bund! Gott ist Gewölk und Glanz (Sohar). Der wahre Glanz ist bei Gott. Der hiesige Glanz kann mir ein schwaches Bild verschaffen von Gottes Herrlichkeit. Kal wachomer (vom Leichteren zum Schwereren): Wenn das Irdische schon so glänzen kann, wie unvergänglich herrlich glänzt erst der Glanz Gottes.
Wer Gott sieht, macht eine umwerfende Begegnung. Hesekiel fällt um. Bestand gibt nicht die tragende Erde, sondern der Glaube an Gott. Die Erde kann den überwältigten Hesekiel nicht mehr tragen.

Exkurs:
Eines Nachts träumte Zhuang Zhou, er wäre ein Schmetterling, der mit sorgloser Leichtigkeit herumflog. Der Traum war so real, dass er, als er erwachte, sich fragte, ob er Zhunag Zhou war, der geträumt hatte, er sei ein Schmetterling, oder ob er wirklich ein Schmetterling war, der träumte, er sei Zhuang Zhou. Wenn ein Traum real scheint, wie kann man feststellen, was die Realität ist?
Zhuang Zhou stellte die Frage „Sind wir wach oder träumen wir?“ und hinterfragte die menschlichen Vorstellungen von Realität und Illusion.
http://www.epochtimes.de/china/china-kultur/chinesische-redewendung-zhuang-zhou-traeumt-einen-schmetterling-%E8%8E%8A%E5%91%A8%E5%A4%A2%E8%9D%B6-a1109998.html
Fabel vom Skorpion und dem Frosch: http://coachingeffect.de/blog/52/die-fabel-vom-skorpion-dem-frosch/

Kapitel 2 und die Buchrolle

1 der sprach zu mir: Menschensohn, steh auf deine Füße, ich will mit dir reden.
וַיֹּאמֶר אֵלָי בֶּן אָדָם עֲמֹד עַל רַגְלֶיךָ וַאֲדַבֵּר אֹתָךְ

Gott ist sehr direkt. Er bittet nicht lange. Amodעֲמֹד  (Stehe!) ist stärker als kum  קום (Stehe auf!), denn er soll stehen, nicht nur aufstehen.

2 Geistbraus kam in mich, sowie er zu mir redete, er stellte mich auf meine Füße, ich hörte den zu mir Redenden.
Wenn der Mensch den Willen zum ersten Schritt an den Tag legt, hilft Gott weiter. So gebot Gott zuerst das Stehen, und dann stellt Gott ihn auf.

3 Er sprach zu mir: Menschensohn, ich schicke dich zu den Söhnen Jissraels, zu den empörerischen Stämmen, die sich gegen mich empörten, sie und ihre Väter waren abtrünnig mir bis auf ebendiesen Tag.. 4 Die Söhne also, starren Antlitzes, harten Herzens, - ich schicke dich zu ihnen, sprich zu ihnen: So hat mein Herr, ER, gesprochen ....! 5 Sie nun, ob sie hören, ob sies lassen - denn sie sind Haus Widerspann - , erkennen werden sie, daß ein Künder da war in ihrer Mitte.
Gott spricht deutlich über die Vergehen der Kinder Israel. Sie sollen niemals sagen können, Gott habe sie nicht gewarnt. Ein Künder war in ihrer Mitte, egal ob sie hören oder nicht. Hesekiel wird gesendet, er soll sich von dem Verhalten der Kinder Israel nicht beeindrucken lassen. Er ist ein Vorbild und ist kein Widerspenstiger.

6 Du aber, Menschensohn, fürchte dich nimmer vor ihnen, vor ihren Reden fürchte dich nimmer, weil Nesseln und Stachel um dich sind und unter Skorpionen[1] du siedelst, vor ihren Reden fürchte dich nimmer, vor ihrem Antlitz sei nimmer bestürzt, denn sie sind Haus Widerspann.. 7 Reden sollst du meine Reden zu ihnen, ob sie hören, ob sies lassen, denn sie sind Widerspann. 8 Du aber, Menschensohn, höre, was ich zu dir rede, sei nimmer widerspenstig wie das Haus Widerspann! Sperre deinen Mund auf und iß, was ich dir gebe! 9 Ich sah, da, eine Hand, zu mir ausgeschickt, und da, eine Buchrolle in ihr, 10 die breitete er vor mich hin, sie war vorn und hinten beschrieben, und geschrieben war drüber: Klagrufe, Seufzen und Weheschrei.
Hesekiel muss das Leid annehmen, Gottes Wort verinnerlichen und verwandeln mit Gottes transformatorischer Kraft. Von vorne und hinten beschrieben ist für alle sichtbar. Die Botschaft ist bitter: Klage, Seufzen und Weherufe. Diese Dreiheit weist auf die Transformation hin.

3,1 Er aber sprach zu mir: Menschensohn, was dir gereicht wird, iß, iß diese Rolle, und geh, rede zum Haus Jissrael! 3,2 Ich öffnete meinen Mund, er aber ließ diese Rolle mich essen. 3,3 Dann sprach er zu mir: Menschensohn, atze deinen Leib, fülle deinen Bauch mit dieser Rolle, die ich dir gebe! Ich aß sie, sie ward in meinem Munde wie Honig süß. (vgl. Ps.119,103 Dein Wort ist süßer als Honig)
Gott macht aus dem Bittersten süßen Honig.
Off 10:9 :Und ich ging hin zu dem Engel und sprach zu ihm: Gib mir das Büchlein! Und er sprach zu mir: Nimm hin und verschling es! und es wird dich im Bauch grimmen; aber in deinem Munde wird's süß sein wie Honig. Off 10:10 :Und ich nahm das Büchlein von der Hand des Engels und verschlang es, und es war süß in meinem Munde wie Honig; und da ich's gegessen hatte, grimmte mich's im Bauch.

[1] Geschichte unter Exkurs

Kapitel 3: Herzohren

4 Er aber sprach zu mir: Menschensohn, geh, komm zum Hause Jissrael, rede mit meiner Rede zu ihnen! 5 Denn nicht zu einem Volk tiefer Lippe und schwerer Zunge bist du geschickt, - zum Haus Jissrael: 6 nicht zu vielen Völkern tiefer Lippe, schwerer Zunge, aus deren Rede du nichts heraushörst, - schickte ich dich zu denen, sie würden hören auf dich,
Körperliche Einschränkungen sind kein Problem. Auch Mose war ein Mann schwerer Lippen und war ein gehorsamer Gottesmann. Aber harte Herzen gegenüber Gott sind eine unüberwindbare Hürde für die Beziehung mit Gott.

7 aber die vom Haus Jissrael werden nicht gewillt sein auf dich zu hören, denn sie sind keinmal auf mich zu hören gewillt, denn alles Haus Jissrael, harter Stirn und starren Herzens sind sie. 8 Da, ich gebe deinem Antlitz, hart zu sein gemäß ihrem Antlitz, deiner Stirn, hart zu sein gemäß ihrer Stirn, 9 wie Diamant, härter als Kiesel, gebe deiner Stirn ich zu sein, fürchte sie nicht, sei nicht vor ihrem Antlitz bestürzt, denn sie sind Haus Widerspann.
Gott hilft seinem Künder, die Widerspenstigkeit der Kinder Israel zu ertragen.

10 Weiter sprach er zu mir: Menschensohn, alle Reden, die ich zu dir reden werde, nimm auf mit deinem Herzen, mit deinen Ohren höre,
Höre mit deinen Herzohren!

11 dann geh, komm zu der Verschlepptenschaft, zu den Söhnen deines Volkes, rede zu ihnen, sprich zu ihnen: So hat mein Herr, ER, gesprochen!, ob sie hören, ob sies lassen. 12 Geistbraus erhob mich, hinter mir aber hörte ich den Hall eines großen Schütterns, - Gesegnet SEINE Erscheinung von ihrem Orte aus! – baruch kewod Adonai memkomo –  בָּרוּךְ כְּבוֹד יְהוָה מִמְּקוֹמוֹ > täglich im jüdischen Gebet vor dem Barchu
Die Lebendigen und Hesekiel sprechen den Lobpreis, den eigentlich die Kinder Israel sprechen sollten. Gott ist überall und von jedem Ort aus soll Gott gepriesen werden.
vgl. Joh.4, 23 Aber es kommt die Zeit und ist schon jetzt, daß die wahrhaftigen Anbeter werden den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit; denn der Vater will haben, die ihn also anbeten.
vgl.: Sach.4, 6 Und er antwortete und sprach zu mir: Das ist das Wort des HERRN von Serubabel: Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR Zebaoth.

13 den Hall der Flügel der Lebendigen, jeder sein Geschwister berührend, den Hall der Räder ihnen gemäß, den Hall eines großen Schütterns. 14 Geistbraus hob mich, er nahm mich hinweg, ich ging mit Bitternis in der Glut meines Geistes, SEINE Hand hielt hart mich gefaßt, 15 ich kam zu der Verschlepptenschaft in Tel Abib (Hügel des neuen Frühlings), ihnen, die am Stromarm Kbar (schon) sitzen, ich setzte mich hin, sie sitzen dort, so saß auch ich dort sieben Tage in ihrer Mitte, betäubt.
Der Fluss ist weit weg von der Heimat, aber Gott ist schon da. Die Erlösung ist schon da mitten im Desaster. Bevor mir etwas geschieht, hat Gott schon alles vorausgeplant. Divina providentia = die göttliche Voraussicht weiß um alles. Vertraue doch Gott, denn Gott ist das Überzeitliche. In der anderen Welt gibt es keine Zeit, nur Gegenwart. Drüben wird alles klar sein. Wenn du mit der Ewigkeit verbunden bist, fragst du dich nicht mehr, warum ein Mensch nicht alt werden durfte. Diese Maßeinheiten gibt es dort nicht, nur Ewigkeit. Bin ich ein Kind der Endlichkeit oder der Ewigkeit? In der Ewigkeit ist allen Betroffenen von Schicksalsschlägen klar, dass sie ihre Fülle hatten und sie müssen sich nicht beneiden oder sich gegenseitig Vorwürfe machen. Auf der Erde reifen wir, bis unsere Reife erreicht ist und wir gehen können.
(Vgl. Buch: Vier minus drei - Barbara Pachl-Eberhart - Verwandlungen aller Art
Schmetterlingsflüstern - Botschaften einer Kinderseele Petra Franziska Killinger)

Sieben Tage sind die sieben Trauertage, aber es sind auch Tage, die auf Fülle (schewa = sieben = Fülle) hinweisen. Er leidet an der Tragik des Volkes Gottes, ist überwältigt vom Schmerz seines Volkes.

16 Es geschah aber nach Ablauf der sieben Tage, SEINE Rede geschah zu mir, es sprach: Wenn bei Gott  oder durch Gott etwas geschieht, erscheint Gott zeitübergreifend, zeitlos.

17 Menschensohn, als Späher habe ich dich dem Haus Jissrael gegeben. Hörst du Rede von meinem Mund, sollst du von mir her sie warnen.
Der Späher schaut in die Zukunft, denn er späht, was in der Ferne ist. Aufgabe als Späher ist, dass Hesekiel das Volk warnen soll.

18 Wann ich spreche zum Frevler: Sterben mußt du, sterben! und du warnst ihn nicht, redest nicht, um den Frevler von seinem Frevelsweg abzuwarnen, ihn am Leben zu halten: ein Frevler ist er, um seine Verfehlung wird er sterben, von deiner Hand aber will ich heimfordern sein Blut.
Wenn der Frevler nicht gewarnt wird und du hättest ihn warnen können, musst du später so leiden wie der Frevler. Das ist eine neue Form von „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ In keinem Buch der Bibel geht die Nächstenliebe so weit wie hier bei Hesekiel. In diesem Buch geht es ja auch um das neue Herz, um den Geist. (auch V19+20) Es ist eine Steigerung zu Lev. 19, 17 Hasse nicht deinen Bruder in deinem Herzen, mahne, ermahne deinen Volksgesellen (weise ihn zurecht), daß du nicht Sünde seinethalb tragest.
(Yuval Lapide, Christel Holl: Mit dem neuen Herzen denken. Ein Jude und eine Christin entdecken den Propheten Ezechiel
Illustrator: Holl, Christel. Die Idee zu diesem herausragenden Buch mit den ansprechenden Bilder entstand bei diesem Seminar.)

19 Du aber, - wenn du einen Frevler gewarnt hast und er kehrt nicht um von seinem Frevel, von seinem Frevelsweg: er, um seine Verfehlung wird er sterben, du aber, deine Seele hast du gerettet. 20 Wann ein Bewährter sich abkehrt von seiner Bewährung, tut Falsch, da ich das als Strauchelstein vor ihn hingab, er, sterben wird er, denn du hast ihn nicht gewarnt, um seine Versündigung wird er sterben, seiner Bewährungen, die er tat, wird nicht gedacht, von deiner Hand aber will ich sein Blut fordern.
Die Warnung soll in jedem Augenblick geschehen, auch wenn jemand Gutes tut, aber dann Böses tut. Das Gute wird vergessen, wird nichtig, wenn die letzte Tat ein unmenschliches Versagen ist. Verrechnungen gibt es nicht. Das Gegenteil ist auch möglich, wenn jemand Teschuwa (Umkehr) tut und dann nur noch Gutes tut, wird das Böse vergessen.

21 Du aber, - wenn du einen Bewährten gewarnt hast, daß er ohne zu sündigen bleibt: bewährt ist er, er hat nicht gesündigt, leben wird er, leben, denn gewarnt ist er worden, du aber, deine Seele hast du gerettet.
Die Verdoppelung zeigt, dass der Bewährte nicht nur körperlich lebt, sondern auch seelisch und geistlich. Und er hat sich das Leben in der anderen Welt „erliebt“ durch seine Nächstenliebe.

22 SEINE Hand war über mir dort, er sprach zu mir: Mach dich auf, zieh in die Ebene hinaus, dort will ich mit dir reden. קוּם צֵא אֶל הַבִּקְעָה וְשָׁם אֲדַבֵּר אוֹתָךְ
23 Ich machte mich auf, zog hinaus in die Ebene, und da stand dort SEINE Erscheinung, wie die Erscheinung, die ich am Stromarm Kbar gesehen hatte. Ich fiel auf mein Antlitz. 24 Doch Geistbraus kam in mich, der stellte mich auf meine Füße. Er aber redete mit mir, er sprach zu mir: Geh, verschließe dich mitten in deinem Haus! בֹּא הִסָּגֵר בְּתוֹךְ בֵּיתֶךָ
25 Du nämlich, Menschensohn - da, man gibt Stricke an dich, man fesselt dich mit ihnen, daß du nicht ausziehn kannst mitten unter sie. 26 Und deine Zunge will ich an deinen Gaumen kleben, daß du verstummen mußt und sollst nicht weiter ihnen ein mahnender Mann sein, denn sie sind Haus Widerspann. 27 Wann ich aber mit dir rede, will ich den Mund dir öffnen, du sprichst dann zu ihnen: So hat mein Herr, ER, gesprochen ...! Wer hört, mag hören, wers läßt, mags lassen, denn sie sind Haus Widerspann.

Hesekiel hat den Auftrag zu reden, aber der Kai’ros (Zeitpunkt) ist noch nicht da (V27). Außerdem kann ein Schweigen beredter sein als tausend Worte. Wenn er im Haus und gefesselt ist, die Zunge ihm am Gaumen klebt, ist sein Sosein schon eine kraftvolle Botschaft.
Damit hält er dem Volk den Spiegel vor, denn so erleben sie, wie sie das Haus Widerspann sind; sie erleben den ganzen Widerspruch, der sie selber sind. Und so baut Gott seinen Widerspruch ein, dass er sagt: „Sprich!“ und dann sagt: „Schweig!“ In Gottes Welt ist alles möglich. ER kann Hesekiel gleichzeitig sprechen und schweigen lassen.
Hesekiel kann auch gesprochen haben, aber da niemand hört, lässt Gott den Propheten verstummen. Das heißt aber auch, dass Gott ebenfalls geschwiegen hat, denn Hesekiel sollte nur reden, wenn Gott redet.
Der Tag des geöffneten und sprechenden Mundes wird kommen. (V27)

Kapitel 11: Vision in Jerusalem

1 Mich aber schwang ein Geistbraus empor, er ließ mich an das östliche Tor SEINES Hauses kommen, das ostwärts gewandt ist. Und da, am Einlaß des Tors, waren fünfundzwanzig Männer, in ihrer Mitte sah ich Jaasanja Sohn Asurs und Platjahu Sohn Bnajahus, Obre des Volks.
> 2 Männer; Polarität. 25 ist die Hälfte von 50  – oder die Quersumme 7. Sie weisen auf die 5 zu, auf das Eingreifen, auf die Fülle.
Jaasanja = Gott hört hin;
Asurs = Gottes Fülle, Glück;
Platjahu = Gott greift meine Flucht auf;
Bnajahus = Gott erbaut etwas > Die Flucht dient einem neuen Aufbau.
Am Tor stehen heißt, dass jetzt etwas Zentrales geschieht. Sie haben gute Namen und reden trotzdem böse. Aber was sie Böses planen, plant Gott um zum Guten (Josef, Genesis). Über die Verschleppung wird es ein neues Judentum in der Diaspora geben. Juden sind verpflichtet, in der Diaspora zu dienen. Und das babylonische Judentum ab 587 v.d.Z. war das schillerndste und stärkste Judentum, das es je in der Diaspora gab. Hier entstand der große babylonische Talmud  und hier gab es die großen Gelehrtenschulen.
Jeremia.19: Betet für der Stadt Bestes.

2 Er aber sprach zu mir: Menschensohn, diese sind die Männer, die in dieser Stadt Arg planen und bösen Rat raten, 3 die sprechen: Fürs nächste gilts nicht, Häuser zuzubauen, sie ist der Kessel und wir sind das Fleisch!
Die Kessel sind große Töpfe zur Versorgung der großen Familien. Sie sind auch ein Bild dafür, dass Gott vor Wut kocht. Die beiden Männer sind Besserwisser und sprechen gegen Gottes Plan, versuchen die Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen. Sie lullen sich und das Volk ein in einen Pseudofrieden und fordern auf zum Essen und Trinken und zur Gleichgültigkeit. Die Stadt Jerusalem scheint ihnen ein Kessel zu sein, in dem sie die Fülle haben.

4 Darum künde wider sie, künde, Menschensohn! 5 SEIN Geistbraus fiel auf mich, er aber sprach zu mir: Sprich: So hat ER gesprochen: Das habt ihr gesprochen, Haus Jissrael, und was in eurem Geiste aufsteigt, ich kenne es: 6 gemehrt habt ihr eure Durchbohrten in dieser Stadt, gefüllt mit Durchbohrten ihre Gassen. 7 Darum - so hat mein Herr, ER, gesprochen - : eure Durchbohrten, die ihr hinstrecktet in ihrer Mitte, die sind das Fleisch und sie ist der Kessel, euch aber führe ich aus ihrer Mitte.
Wegen des gegenseitigen Mordens erlaubt Gott die Herausführung in die Diaspora. Gott ist konsequent. Alle menschlichen Handlungen haben Folgen. Der Kessel, der ihnen wie ein Ort der Sicherheit vorkam, wird voller Leichen sein, die sich häufen, weil sie sich gegenseitig morden. Die Sicherheit wird durch Gott so durchbrochen.

8 Schwert fürchtet ihr, Schwert lasse ich über euch kommen, - Erlauten ists von meinem Herrn, IHM, -
Das, wovor du Angst hast, erfüllt sich. > self-fulfilling prophecy

9 ausführen will ich euch von ihrer Mitte, will euch geben in die Hand von Auswärtigen, Gerichte will ich an euch tun, 10 durchs Schwert müsset ihr fallen, auf Jissraels Grenzmark will ich euch richten, dann werdet ihr erkennen, daß ICH es bin: 11 sie wird euch nicht der Kessel sein, in dessen Mitte ihr das Fleisch wärt, an Jissraels Grenzmark will ich euch richten.
Gott führt den Rest heraus aus der Stadt, sodass sie ihre selbst ernannte Sicherheit aufgeben müssen. Sie müssen erkennen, dass Gott konsequent ist, denn das Volk hatte sich am Sinai auf die Tora verpflichtet. Wenn er sich daran vergeht, kommen die angesagten Konsequenzen. Und sie werden daran Gott als den EINEN erkennen!

12 Dann werdet ihr erkennen, daß ICH es bin, in dessen Gesetzen ihr nicht ginget בְּחֻקַּי לֹא הֲלַכְתֶּם und dessen Rechte ihr nicht tatet, aber nach den Rechten der Stämme, die rings um euch sind, habt ihr getan. 13 Wie ich nun kündete, geschahs, daß Platjahu Sohn Bnajas starb. Ich fiel auf mein Antlitz, ich schrie mit lauter Stimme: Ah, mein Herr, DU, den Garaus machst du dem Überrest Jissraels!
Hesekiel hat Angst um sein Volk, er trägt Schmerzen über sie; er setzt sich für sein Volk ein wie Abraham, der für Sodom und Gomorra betet oder Mose, der für sein Volk immer wieder betet und sagt: „Nimm doch mich.“ Er hadert mit Gott, wirft ihm aber nicht vor, dass er Fehler macht. Er traut Gott vielmehr alles zu, sodass darin auch eine große Anerkennung für Gott steckt.

14 SEINE Rede geschah zu mir, es sprach: 15 Menschensohn, um deine Brüder, deine Brüder, die mit dir verschleppten Männer und das Haus Jissrael allsamt, von denen die Insassen Jerusalems gesprochen haben: Fern sind sie nun IHM geworden, uns ists zu Erbe gegeben, das Land! –
Es geht um den Konflikt zwischen den Diasporajuden und den Jerusalemer Juden, um innerjüdische Gehässigkeit, wenn die Jerusalemer die anderen verspotten, dass sie nicht mehr auf heiligem Boden sind. So ginge es ihnen besser als den Exilanten. Underdog-Prinzip = sich über andere erheben, indem man die anderen erniedrigt.

16 darum sprich: So hat mein Herr, ER, gesprochen: Ja, unter die Weltstämme habe ich sie entfernt, und ja, in die Länder habe ich sie versprengt, nur noch ein weniges wurde ich ihnen zum Heiligtum לְמִקְדָּשׁ מְעַט  in den Ländern, wohin sie gekommen sind, -
16Therefore say, Thus says the Lord GOD; Although I have cast them far off among the nations, and although I have scattered them among the countries, yet will I be to them as a little sanctuary in the countries where they shall come.

Gott widerspricht dem Hochmut der Israeliten, die sich im Heiligen Land sahen und wähnten, dass es ihnen hier besser ging, gab es hier doch den Tempel noch. Den Diasporajuden wurde Gott zu einem kleinen Tempel, sodass sie auch ohne großen Tempel anbeten und mit Gott in Verbindung treten können. Vgl. Joh. 4 Die Frau am Jakobsbrunnen. Gott ist direkt erfahrbar.

17 darum sprich: So hat mein Herr, ER, gesprochen: Aber ich hole euch zuhauf aus den Völkern, aber ich sammle euch aus den Ländern, wohin ihr versprengt worden seid, ich gebe euch den Jissraelsboden. 18 Dorthin sollen sie kommen, hinwegräumen sollen sie daraus all seine Scheusale, alle seine Greuel. 19 Ich gebe ihnen ein einiges Herz, einen neuen Geist gebe in ihre Brust ich, das Steinherz räume ich aus ihrem Fleisch, ich gebe ihnen ein Fleischherz:
Gott schenkt eine neue Art zu denken (Herz, Sitz der Weisheit und der Erkenntnis) und Gott herzlich zu erkennen. Durch den Geist bekommt der Mensch Inspiration, Leben. Der Geist muss dafür sorgen, dass das Herz immer wieder in Gang gesetzt – defibrilliert – wird, angeregt wird wie durch den Sinusknoten im rechten Herzvorhof. Der neue Geist ist der Geist der Liebe.

20 damit sie in meinen Satzungen בְּחֻקֹּתַי gehn, meine Rechtsgeheiße מִשְׁפָּטַי wahren, sie tun. Sie sollen mir werden zum Volk und ich, ich werde ihnen zum Gott. 21 Deren Herz aber geht nach dem Herzen ihrer Scheusale und ihrer Greuel, deren Abweg gebe ich auf ihr Haupt. Erlauten ists von meinem Herrn, IHM. 22 Die Cheruben schwangen ihre Flügel, die Räder sich mit ihnen zugleich, die Erscheinung des Gottes Jissraels war auf ihnen, obenauf. 23 So stieg auf SEINE Erscheinung, auf mitten aus der Stadt, sie stand auf dem Berg, der östlich der Stadt ist. 24 Mich aber schwang ein Geistbraus empor, der ließ mich nach Chaldäa zur Verschlepptenschaft kommen, im Gesicht, im Geistbraus Gottes, aber aufgestiegen war, von mir auf, das Gesicht, das ich gesehen hatte. 25 Nun redete ich zur Verschlepptenschaft all SEINE Rede, die er mich hatte sehen lassen.

Kapitel 18: Die Generationen

1 SEINE Rede geschah zu mir, es sprach: 2 Was ists mit euch, daß ihr wörtelt mit diesem Gleichwort auf dem Boden Jissraels, sprechend: Väter essen Herlinge [saure Trauben], Söhnen werden Zähne stumpf!
Die Söhne leiden an den Taten der Väter, wie wir das auch nach dem Holocaust erfahren. Aber es gab zu der damaligen Zeit das Denken, dass die Söhne für die Taten der Väter büßen müssen. Die Nachkommen erkannten auch nicht, welche Möglichkeiten zur Teschuwa ihnen zur Verfügung stand. Das Böse oder andere Muster sind nicht in den Genen, denn Gott ist größer als die Gene. Kinder von Nazitätern ringen mit ihrer Herkunft und mussten sich damit auseinandersetzen, ob sie nun selber prädestiniert wären zu Hass und Schuld. Martin Bormann. Leben gegen Schatten: Er fand seinen Frieden mit Gott, ebenso Monika Göth, Tochter von Amon Göth.
Jeder kann ein neues Kapitel in seinem Leben aufschlagen, auch auf der Opferseite, die sich in den nachfolgenden Generationen in der Gefahr sehen, sich ständig als Opfer zu definieren. Solche Themen sind in der israelischen Gesellschaft wegen der 2000jährigen Opfergeschichte präsent. Wie ich mich definiere, so bin ich! Bin ich Kind des Schicksals oder Kind Gottes? Gott ist größer als mein Schicksal. In jeder Generation muss ich mich neu ent-scheiden für mein Leben, für das Leben mit Gott. Müssen wir Sünder werden, weil unsere Eltern Sünder waren? NEIN! Sonst mache ich das Fatum (Schicksal, Nornen = Schicksalsgöttinnen der Edda) zu meinem Götzen.
Gott hebelt das Gesetz der Weitergabe unter den Generationen aus Gnade aus und schenkt Neubeginn! Das Judentum kennt keine Erbsünde.
„Alle Menschen sündigen nicht, weil Adam und Eva sündigten, sondern sie sündigen wie Adam und Eva sündigten.“ (Pinchas Lapide) Sünde ist menschlich, keine Erbsünde. „In den Menschen steckt die Fähigkeit zum Sündigen, aber nicht die Verpflichtung zum Sündigen.“ (Yuval Lapide)

3 So wahr ich lebe, Erlauten ists von meinem Herrn, IHM: wirds euch fortan noch möglich sein, mit diesem Gleichwort zu wörteln in Jissrael,...! 4 Wohlan, alle Seelen, mein sind sie, gleich die Seele des Vaters, gleich die Seele des Sohns, mein sind sie: die sündige Seele, die stirbt. 5 Wenn jemand ein Bewährter ist, tut Recht und Wahrhaftigkeit, 6 beim Berggelag ißt er nicht mit, er hebt nicht seine Augen zu den Klötzen [Götzen] des Hauses Jissrael, bemakelt nicht das Weib des Genossen, naht dem Weib in der Sondrung [Absonderung der Frau während der Menstruation] nicht, 7 niemanden plackt er, läßt heimkehren sein Darlehnspfand, Raub raubt er nicht, sein Brot gibt dem Hungernden er, den Nackten hüllt er in Gewand, 8 er gibt nicht um Zins, nimmt Mehrung nicht, vom Falsch kehrt er ab seine Hand, übt zuverlässiges Recht zwischen Mann und Mann, 9 in meinen Satzungen geht er, hütet meine Rechtsgeheiße, Zuverlässigkeit zu üben, ein Bewährter [Zaddik, Gerechter] ist er, leben soll er, leben, Erlauten ists von meinem Herrn, IHM. 10 Zeugt der einen verbrecherischen Sohn, der Blut vergießt und tut, ach, mehr als eins von jenen 11 - er aber tat all jene nicht - , denn wohl ißt er beim Berggelag [Götzenopfer auf den Bergen] mit, er bemakelt das Weib des Genossen [Ehebruch],
Götzen waren Baal (Babylonien) und Bel-Marduk (Mesopotamien)

12 den Bedrückten, den Dürftigen plackt er, Raubgut raubt er, ein Pfand läßt er heimkehren nicht, zu den Klötzen hebt er seine Augen, Greuliches tut er, 13 er gibt um Zins, nimmt Mehrung, - sollte der leben bleiben? Leben darf er nicht, all die Greuel hat er getan, sterben muß er, sterben, seine Blutlast wird auf ihm sein. 14 Zeugte der nun einen Sohn, der sah alle Sünden seines Vaters, die er getan hat, sah ein: er tut nicht ihresgleichen, 15 beim Berggelag aß er nicht mit, er hob nicht seine Augen zu den Klötzen des Hauses Jissrael, bemakelte nicht das Weib des Genossen, 16 niemanden hat er geplackt, Pfandgut hat er nicht gepfändet, Raub raubte er nicht, sein Brot gab dem Hungernden er, den Nackten hüllte er in Gewand, 17 von Bedrückung kehrte er seine Hand ab, Zins und Mehrung nahm er nicht, meine Rechtsgeheiße tat er, in meinen Satzungen ging er, der stirbt nicht um seines Vaters Verfehlung, leben soll er, leben.
Die Sippenhaft ist ein für alle Mal aufgehoben. Das ist neu.

18 Sein Vater, da er erpresserisch preßte, räuberisch den Bruder beraubte und, was nicht gut ist, tat inmitten seiner Volksleute, nun, er starb um seine Verfehlung. 19 Da sprecht ihr: »Weshalb trägt der Sohn nicht mit an der Verfehlung des Vaters?« Recht und Wahrhaftigkeit hat der Sohn doch getan, meine Satzungen alle gehütet, daß er sie tue, - leben soll er, leben!
Die Frage drückt den Fatalismus aus, den Gott verneint. Jeder trägt seine eigene Verantwortung für sein Leben. Ein großer Appell an die Eigenverantwortung! Sünden delegieren hört auf. Die Eigenverantwortung und Ebenbildlichkeit des Individuums wird im Judentum sehr ernst genommen. Das eigenverantwortliche Herz ist das neue Herz. Nicht wie Adam im Paradies: Das war die Frau, die du mir gegeben hast. Adam hatte ein „Delegationsherz“, der der Frau und Gott die Verantwortung zuschiebt.

20 Die sündige Seele, die stirbt. Der Sohn trägt nicht an der Verfehlung des Vaters, der Vater trägt nicht an der Verfehlung des Sohns, die Bewährung des Bewährten, auf ihm ist sie, und der Frevel des Frevlers, auf ihm ist er. 21 Der Frevler aber, wenn er umkehrt  [Teschuwa]כִּי יָשׁוּב  von all seinen Sünden, die er getan hat, hütet all meine Satzungen, tut Recht und Wahrhaftigkeit, leben soll er, leben, er muß nicht sterben: 22 all seine Abtrünnigkeiten, die er getan hat, werden ihm nicht zugedacht, durch seine Wahrhaftigkeit, die er getan hat, wird er leben. 23 Habe ich denn Gefallen, Gefallen am Sterben eines Frevlers, Erlauten ists von meinem Herrn, IHM, nicht daran, nur, daß er von seinem Weg umkehre und lebe? הֶחָפֹץ אֶחְפֹּץ מוֹת רָשָׁע נְאֻם אֲדֹנָי יְהוִה הֲלוֹא בְּשׁוּבוֹ מִדְּרָכָיו וְחָיָה
Rückkehr, Umkehr, Heimkehr sind im Hebräischen ein und dasselbe Wort. Leben mit Gott ist das wirkliche Leben. Und das will Gott für alle Menschen. Wer hier keine Umkehr tut, kommt nach jüdischem Glauben in die Scheol, wo seine Seele gereinigt wird. Dort wird derjenige zur Verantwortung gezogen, aber seine Umkehr ist ohne Körper schwieriger, denn er kann nicht mehr von Angesicht zu Angesicht etwas materiell in Ordnung bringen.
In jüdischer Lehre gibt es auch die Reinkarnationslehre, wo die Seele so bereut, sodass sie sich mit Gott verabredet, noch einmal auf die Erde zu begeben, um dort etwas wieder in Ordnung zu bringen.

24 Wann aber der Bewährte sich abkehrt von seiner Bewährung und tut Falsch, tut allen Greueln gleich, die der Frevler getan hat, sollte der leben bleiben? all seine Bewährungen, die er getan hat, nicht zugedacht werden sie, - um seine Untreue, da er treubrüchig wurde, um seine Sünde, da er sündigte, um sie muß er sterben.
Auch die guten Taten können vergessen werden, wenn der Zaddik sich gegen Gott verhält und Menschen verachtet. Wenn das neue Herz im Menschen ist, wird er kein Verlangen mehr haben nach dem Bösen. Satan ist eine negative Kraft im Judentum, keine Person. Darum wird diese Kraft weniger, je stärker das Gute von uns mit dem neuen Herzen gelebt wird.

25 Da sprecht ihr: Nicht abzumessen ist der Weg meines Herrn! Hört doch, Haus Jissrael! ists mein Weg, der nicht abzumessen ist? sind es nicht eure Wege, die nicht abzumessen sind? 26 Wann der Bewährte sich abkehrt von seiner Bewährung und tut Falsch und stirbt darüber, um sein Falsch, das er tat, muß er sterben,
Wie Paulinchen im Struwwelpeter kann man nicht mit dem Feuer spielen. Wenn man mit dem Negativen beginnt, weitet es sich schnell aus. Das Feuer hat dich schneller im Griff als du denkst.

27 und wann der Frevler umkehrt von seinem Frevel, den er tat, tut Recht und Wahrhaftigkeit, der belebt seine Seele:  הוּא אֶת נַפְשׁוֹ יְחַיֶּה
Die Seele sehnt sich nach Gott und nach den guten Taten.

28 sieht er ein, kehrt er um von all seinen Abtrünnigkeiten, die er tat, leben soll er, leben, er muß nicht sterben.
Joh.10,10 …; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es im Überfluss haben.
Gott fördert das Leben!

29 Da sprechen die vom Haus Jissrael: Nicht abzumessen ist der Weg meines Herrn! Sind es meine Wege, die nicht abzumessen sind, Haus Jissrael? sind es nicht eure Wege, was nicht abzumessen ist?
Gott stellt Fragen. Jesus stellt Fragen, weil er Jude und Orientale ist.

30 Darum: jedermann nach seinen Wegen werde ich euch richten, Haus Jissrael, ist meines Herrn, SEIN Erlauten. Kehret um! kehret euch ab שׁוּבוּ וְהָשִׁיבוּ  (schuwu wehaschiwu) von all euren Abtrünnigkeiten! nicht werde euch das mehr zum Strauchelstein der Verfehlung! 31 Werft von euch all eure Abtrünnigkeiten, mit denen ihr abtrünnig wart! Bereitet euch ein neues Herz und einen neuen Geist! Warum wollt ihr sterben, Haus Jissrael?!
Habe die Bereitschaft zu einem neuen Herzen? Nur in der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Gott kann ein neues Herz eingepflanzt werden. Nur Gott kann das neue Herz implantieren, aber der Mensch muss die Voraussetzung schaffen in seiner Bereitschaft und Sehnsucht nach einem neuen Herzen.
Ps.51,10(12) Ein reines Herz schaffe mir, Gott, einen festen Geist erneue in meinem Innern!! Wenn du keine Gesundung willst, eine Uneinigkeit besteht zwischen Körper und Seele, dann wird das neue Herz abgestoßen.
Mt.5, 8 Glückselig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!

32 Denn ich habe nicht Gefallen am Sterben dessen, der sterben muß, ist meines Herrn, SEIN Erlauten: kehret um und lebet! וְהָשִׁיבוּ וִחְיוּ
Gott fleht um die Umkehr, damit seine Menschen LEBEN!

Protokoll eines Jeremia-Seminars

Von meiner kundigen, „künden“ Gattin Debora (Ri. 4) zu den Kapiteln 1 – 4, 7, 20, 29, 31
http://deine-wurzel.de/

Einleitung

Hebr. 4,12Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidig Schwert, und dringt durch, bis daß es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens

Jeremia ist eine unverwechselbare Persönlichkeit, die sich durch ihre Extrovertiertheit von Jesaja unterscheidet. Hesekiel und Jeremia zeigen Pathos und  Emotionen. Die Verbindung zu Gott ist sehr individuell, auch wenn es die drei verbindlichen Konstitutiven gibt: EIN Gott, EIN Land, EIN Volk.
Die Gebete des Judentums sprechen im Plural wie das „Vater unser“, weil jeder für die fehlenden Juden mitbetet. Trotzdem lebt jeder Jude seine Individualbeziehung mit Gott wie Abraham, Isaak, Jakob, Mose, David. Jeder in seiner Art ist ein Vorbild für die nachfolgenden Generationen.
Seine ersten Predigten in Kap. 1-6 hält er in der Regierungszeit des Königs Josia. Er predigt gegen das Volk, weil es Götzen anbetet, Arme unterdrücket, treulos und ehebrüchig lebt. Er predigt gegen die religiösen Führer, die das Volk nicht zur Ordnung rufen. Jeremia ist der leidende Prophet, denn er leidet mit dem Volk wegen der angekündigten Gerichte Gottes und er leidet mit Gott, weil Sein Volk nicht umkehren will zu IHM und IHM untreu ist.
Zu Jeremias Berufung gehört das Scheitern, denn das Volk und seine Oberen sind taub und blind, sind nicht umkehrwillig. Jeremia ist unschuldig. Jeremia will Zeugnis der Gottverbundenheit und der Menschlichkeit ablegen in einer unmenschlichen und gottvergessenen Zeit. Gott steht zu ihm und bezeugt ihm, dass er – Jeremia – in Ordnung ist.
Gottes Botschaft ist immer wieder: Verlasst euch nicht auf Menschen, auf Obere, auf Reiche. Nur auf Gott ist wirklich Verlass.
Ägypten, Assyrien, Babylonien und Persien waren die Israel umgebenden Mächte, die Gott als Zuchtrute gegen Israel benutzte. Diese Mächte wollten nur äußerlich wachsen, hatten nur egozentrische Ziele, wenn sie die Juden schlagen durften. Sie wussten nicht, dass sie nur ein Werkzeug in der Hand Gottes waren. Und darum rechnete  Gott auch mit diesen Völkern ab.

Einführung in die Zahlen

Mondneuung > Neumond = Chodesch  [חודש] = neu
13=12+1 > Überhöhung der 12, das Überzeitliche (12 Monate, 12 Stunden am Tag); > Einheit Gottes, denn echad [אחד] = eins  > hat den Zahlenwert 13: Gott ist auf der Seite des Königs; Gott ist der Regent. (Dtn.6,4 > Einheit und Liebe [אהבה ahawa] im jüdischen Glaubensbekenntnis.)
11=12-1 > Die Vorbereitung auf das Ende Judas, eine Wende steht an.
10 > doppeltes Eingreifen Gottes in den 10 Worten, in den 10 Plagen.
5 > das Begreifbare, Gott greift ein. An der Hand steht ein Daumen gegenüber den vier anderen > der EINE steht der Materialität gegenüber. Wer den einen Gott gegenüber den vier Elementen stellt, hat das Leben begriffen. (Der Mikrokosmos des Menschen entspricht dem Makrokosmos. Darum nehmen Rabbiner die Anatomie des Körpers für das Verständnis der Zahlen.)
Für 4 Könige war Jeremia der Berater. Somit hatte er eine Nachricht für die damals bekannte Welt, denn 4 steht für die Materie und die Welt mit ihren Himmelsrichtungen, Elementen, … In V5 wird Jeremia als Prophet für die Welt berufen ist.

Jeremia 1

להרים leharim > der von Gott Erhobene; Jirmejahu > jarim Ja = Gott wird erhöhen; (jirmé Ja = Gott wird schießen, wäre ebenfalls möglich, denn es ist nicht abwegig, dass Gott Pfeile gegen seine Feinde schießt.) Mit „schießen“ ist nicht nur ein militärisches Vorgehen gemeint, sondern auch das Hinabschießen von Regen und Hagel, oder das Hinabschießen des Segens Gottes. Außerdem benutzen die Propheten treffende Worte, die nicht töten, aber zur Umkehr rufen sollen.
Der Vater heißt Chilqijahu = mein Teil (Chelek) ist Gott. Er drückt aber auch eine Spaltung aus, denn die Zeit der Priester ist gespalten. Pachschur war amtierender Priester in Jerusalem und Jeremia aus den verstoßenen abgespaltenen Priestern in Anatot.
Er ist der Schmerzprophet, der mehr als alle Propheten an und mit seinem Volk leidet. In diesem Leiden erhebt und in die Geborgenheit Gottes erhöht ihn Gott.
קינות [kinot] – klagen, Schmerzausrufe
Auch die Klagelieder sind von Jeremia. In seinen Schriften finden sich die härtesten, traurigsten, aber auch vielversprechendsten Stellen
Anatot עֲנָתוֹת – Stadt des Elends
Benjamin – Sohn der  Rechten, der Kraft Gottes
Juda = Jehuda = die Dankbarkeit, er wird danken
Jeremia lebt im 6. Jh. v.d.Z, seine Berufung findet etwa 626 v.d.Z während der Regentschaft von König Josia statt (predigt bis 586). Er erlebt die große Reform des Josia im Südreich (2.Kö 21-22) und das Babylonische Exil 597v.d.Z – 539 v.d.Z. Jeremia versuchte noch etwas zu verändern, doch unter Jojakim wird sogar die Himmelskönigin angebetet.
Manasse (696 – 642) – sündig
Amon (641-640) sündig, er lebte zur Zeit Jeremias nicht mehr, aber sein Ungeist wirkt in seinen Sohn und in die Zeit Jeremias. > von emuna [אמונה] = der Glaubensstarke
Josia (641- 609) – umkehrwillig; Reformen 622 v.d.Z. > Jesch Jahu = Gott ist da oder Gott erlöst
Jeremia erlebt drei Könige:
1) Jojakim (609 – 597) – sündig
Eljakim – Elohim richtet mich auf (der strenge, richtende Gott richtet mich auf) > Sein Name wurde verändert auf: Jojakim – JHWH richtet mich auf (der gütige Gott richtet mich auf). Diese Veränderung zeigt, dass von diesem König die Güte Gottes ausgehen wird. Namensänderungen bedeuten immer Veränderungen des Lebenswandels.
2) Jojachin – Gott wird ausrichten
3) Zedekia (597-587) nicht umkehrwillig;
Mattanja (Gabe Gottes) wird von Nebukadnezer geändert in Zedekia (Gerechtigkeit Gottes). Aber auch er hörte nicht auf Jeremia, sodass unter seiner Herrschaft das Ende Judas und des Tempels kommt und das Exil beginnt.
Das Thema Jeremias ist der Synkretismus! Gott mag diese Vermischung weniger als reines Heidentum. Im Heidentum gibt  man sich ganz hin, auch wenn man auf der falschen Seite ist. Diese Kraft, die dem Bösen gewidmet wurde, birgt die Chance, diese Kraft eines Tages in Teschuwa = Umkehr umzuwandeln. Wer lau ist, hat diese Chance der Umkehr nicht, ist damit in Heimatlosigkeit und Identitätslosigkeit verhaftet.
Jeremia muss die Boshaftigkeit der Menschen anklagen, was eine unangenehme Aufgabe ist. > V10

1Reden Jirmejahus Sohns Chilkijahus, von den Priestern, die in Anatot im Lande Binjamin waren, 2zu dem SEINE Rede geschah in den Tagen Joschijahus Sohns Amons, Königs von Jehuda, im dreizehnten Jahr seiner Königschaft, 3und geschah in den Tagen Jojakims Sohns Joschijahus, Königs von Jehuda, bis ganz wurde das elfte Jahr Zidkijahus Sohns Joschijahus, Königs von Jehuda: bis zur Verschleppung aus Jerusalem, in der fünften Mondneuung.
דִּבְרֵי יִרְמְיָהוּ [dibrei Jirmijhu] – Die Worte Jirmijahus – oder die Angelegenheiten Jeremias -, in diesen einleitenden Worten stecken schon die ganzen Umbrüche des Propheten. Die Anfänge der Prophetenbücher sind sehr unterschiedlich. Hier steht nichts vom „Wort Gottes“ am Anfang. Ähnlich ist nur der Beginn Hesekiels. Dieser Prophet hat durch diese zwei Worte so ein umtriebiges, bewegtes, turbulentes Leben mit seinem Gott. Wir sehen darin schon die Vita Jeremias mit seinen Schmerzen. Es geht um die Worte, die Begebenheiten Jeremias, also das, was er mit Gott in seinem Leben erlebt. Er empfängt nicht nur Gottes Wort und gibt es weiter, sondern er ringt sich durch diese Botschaft durch und durchleidet diese Worte, sodass Gottes Worte seine eigenen Worte werden. Dadurch wird er zum Vertrauten Gottes. Er will kein Prophet sein, weil ihm diese Worte so viel Schmerz bereiten, in den er Einblick gewährt.
Im zweiten Testament ist Paulus mit ihm vergleichbar, denn von ihm erfahren wir seine ganzen Umbrüche und Krisen.
1 Reden Jirmejahus Sohns Chilkijahus, von den Priestern, die in Anatot im Lande Binjamin waren,
Dieser erste Satz ist die Visitenkarte Jeremias: Anatot, nördlich von Jerusalem im Stamm Benjamin bedeutet Bedrängnis, Leiden, Bedrückung von  לענות[la‘anot], eine Enklave von Priestern (1. Sam 1+2) welche die Verbannten des Geschlechtes Eli sind, weil seine Söhne keine Vorbilder waren. (etwa 1100v.d.Z.)
Salomo verbannte einen Priester namens Ewjatar, der gegen David agierte, nach Anatot (2.Sam.22). Damit endete die Linie Elis. Wer als Priester in Anatot landete, war ausgeschlossen vom Priesterdienst in Jerusalem. Sie waren abgehalftert und abgeschoben, damit verbittert und enttäuscht. Jeremia kommt also von einer Gruppe von Priestern zweiter Klasse. Dadurch weiß er, was es heißt, im Exil zu sein. Und darum soll er das Exil ankündigen. Jeremia erlebte in seinem Leben generationsübergreifen (400Jahre lang) ein tragisches Exil, ein Vertriebenwordensein lange bevor er seinem Volk das Exil ankündigt.
„Kann denn aus Anatot Gutes kommen?“ Bei Gott zählen andere Maßstäbe (1.Sam.16,7: Gott ins Innere); ER wählt die Verachteten. Jeremia hat ein Herz für die Bedrängten, weil er selber ein Bedrängter war.
(vgl. im Gegensatz dazu Hes.1,3: an Jecheskel Sohn Busis den Priester im Land der Chaldäer)
Der Ort und die Bezeichnung „von den Priestern“ geben an, dass er zu den verstoßenen Priestern gehörte. Vielleicht durfte er den Hauptpriestern dienen, aber nicht mehr selber als solcher amtieren. Auch dadurch erhebt ihn Gott, trotzdem diese Botschaft vor die Könige Israels zu bringen. Von dieser aussterbenden Linie beruft Gott noch einen Diener, dann ist Schuss. Deshalb hat Gott diese Linie so lange erhalten, weil um ihre Bedeutung wusste.
Jeremia war ein Verfemter, eine Persona non grata, der seine Würde verloren hat, vergleichbar mit Ruth. Dieser Funke Jeremia wird herausgeholt aus den Verworfenen. Danach stirbt die Linie endgültig aus. Daraus wird verständlich, warum diese Ambivalenz es ihm schwer macht, mit seinen Reden verstanden zu werden. Wer soll einen solchen Menschen ernst nehmen, der aus einer ausgestoßenen Gruppe gehört, während Hesekiel anerkannter Priester in Jerusalem war. Jeremia musste somit immer mit seinen eigenen Zweifeln kämpfen.
Die Geschichte Jeremias schwingt zwischen der Berufung, die aus ihm eine Ausnahme macht und dem Los seines Stammes, der vergehen wird. Und er selber soll nicht heiraten. (Jer.16)
Die Tragödie Israels mit seiner Instabilität spiegelt die Geschichte Jeremias und seines Geschlechts. Er leidet also unter seinem eigenen Trauma sowie unter dem anstehenden Gericht für sein Volk. Er liebt sein Volk.
Es kommt einer Zerreißprobe gleich, Gott zu dienen vor dem Hintergrund des eigenen „Aussterbens“ und der Androhung für sein Volk. NUR Er hat diese Berufung unabhängig von dem, wie es mit seiner Linie weitergeht.
Vergleich Jesu mit Jeremia: Mt 16:14:Sie sprachen: Etliche sagen, du seist Johannes der Täufer; die andern, du seist Elia; etliche du seist Jeremia oder der Propheten einer.
Jeremia ist der Weheprophet wie auch Jesus Weheworte spricht. Er verzichtet wie Jesus auf persönliches Glück und auf Familie. Laut Kap. 16 darf Jeremia nicht heiraten und keine Kinder zeugen. Hesekiels Frau starb und er betrauerte sie.

Normalerweise gibt es eine Kompetenztrennung zwischen Prophet und Priester. Nur Hesekiel wird als Priester zum Propheten erkoren; das geschieht nur bei Jeremia und Hesekiel. Weil die Zeit aber so dekadent ist, beruft Gott Jeremia! Gott weiß, wann er wen zu berufen hat. Der Priester ist dem Kult verpflichtet und System stabilisierend, aber der Nawi = Künder muss anklagen und gegen den Kult angehen, das System destabilisieren. Gott macht aus dem abgehalfterten Priester einen Propheten, weil ER in Jeremia die Fähigkeiten sieht. Das löst in Jeremia die Turbulenzen aus, weil sich so Gegensätze in seiner Biografie und seinen Vorfahren ergeben.
Die Gewaltenteilung, welche unsere Gesellschaften übernommen haben: König = weltliche Macht; Priester = kultische Macht; Nawi = Künder und Aufpasser für beide. Gott liebt das Ungewöhnliche, indem er einen abgehalfterten Priester zum Propheten beruft. Gott will die Tempelzeit beenden. Wenn er jemanden beruft, der eigentlich darin ungelernt ist, kann Gott am besten durchscheinen. Und ER kennt das Potential, das ER in dem Berufenen nutzen kann. Bei Gott gibt es andere Lebensläufe. Propheten lernten normalerweise auf Prophetenschulen, die der König rufen konnte.
Jeremia hatte ein großes Herz. Corrie ten Boom sagte: „Gott misst den Menschen nicht nach der Größe seines Hirns, sondern nach der Größe seines Herzens.“

2 zu dem SEINE Rede geschah in den Tagen Joschijahus Sohns Amons, Königs von Jehuda, im dreizehnten Jahr seiner Königschaft,
Hier beginnt die Berufung, denn hier geht es nun um die Rede Gottes. Gott kommt erst jetzt ins Spiel. Jeremia wurde von Gott auserwählt, sein persönliches Exilsschicksal zum Gegenstand seiner Botschaft zu machen. Das ist das Große an Gott, dass ER das Leben eines Menschen so instrumentalisieren kann, dass die Bitterkeiten des eigenen Lebens zur glaubwürdigen und überzeugenden Botschaft werden. Jeremia kann nun endlich sein eigenes Leid aussprechen. Er kann die Demütigungen aus 500 Jahren seit dem Drohspruch Elis aussprechen. Dieses Schicksal hatten die anderen Propheten nicht erlebt. In ihm steckt der Schmerz, dass seine Vorfahren nicht auf Gott gehört haben. Er weiß, was geschieht, wenn man nicht auf Gott hört.
Auch Mose erleidet Bitterkeit, bevor er zum großen Mann Gottes aufsteigt. Diese Männer erleben die Frucht des Leidens ihres Lebens.
Die Rede Gottes ist ein Geschehen, nicht nur ein Wort, ein Hören. Durch Gottes Reden passiert etwas, es ist ein Erlebnis, das den Menschen bewegt und umtreibt. Solche Menschen waren M.L.King, Mahatma Gandi, David Ben Gurion, Marie und Pierre Curie, Mutter Theresa, Albert Schweitzer.
Ein echter Prophet macht sich klein, bleibt bescheiden. Wer sich selbst groß macht, ist ein falscher Prophet und ein VERführer, wie Adolf Hitler.

3 und geschah in den Tagen Jojakims Sohns Joschijahus, Königs von Jehuda, bis ganz wurde das elfte Jahr Zidkijahus Sohns Joschijahus, Königs von Jehuda: bis zur Verschleppung aus Jerusalem, in der fünften Mondneuung.
Nach aller Verschmähung kommt er direkt nach Jerusalem. Aus dem kleinsten Loch kommt er direkt in die Hauptstadt.

4 SEINE Rede geschah zu mir, es sprach: 5 Ehe ich dich bildete אצורך [azorecha] im Mutterleib, habe ich dich gekannt יְדַעְתִּיךָ [jada‘aticha], ehe du aus dem Schoße fuhrst, habe ich dich geheiligt הִקְדַּשְׁתִּיךָ  [hikdaschticha], als Künder den Weltstämmen נָבִיא לַגּוֹיִם [nawi lagojim] habe ich dich gegeben נְתַתִּֽיךָ [nataticha].
Gott hat mit diesem Propheten Großes vor. Sogar geheiligt hat ihn Gott! Noch vor der Schwangerschaft im Mutterleib wusste Gott, dass ER diesen aus dem verstoßenen Stamm geweiht, zur Seite gesetzt, geheiligt und erkannt und ihn zum Künder berufen hat, sogar für die Goijim. Ein Licht für die Völker. Kein anderer Prophet bekommt diese Botschaft, dass Gott ihn bereits vor der Geburt berief.
„geheiligt“ – kadosch [הִקְדַּשְׁתִּיךָ] > zur Seite gesetzt für Gott.
Gott redet dialogisch „Ich-Du“ mit Jeremia und zeigt ihm die Grundlage ihrer Beziehung. Gott zeigt Jeremia die Vorleistung, die ER für ihn gegeben hat, denn vorgeburtlich hatte Gott schon SEINE Pläne mit ihm. Gott hat Jeremia eine Berufung auf den Leib zugeschnitten. Wenn Jeremia seiner Berufung nicht nachkommt, hat er sein Potential vergeudet.
Das Wort Gottes ist kraftvoll in seinem Geschehen. Es führt zu Reaktionen wie Hilflosigkeit wie bei Jeremia. Hesekiel fällt um sowie Saulus vor Damaskus und Johannes beim Empfang der Offenbarung.
Die 4 Handlungen Gottes an Jeremia (gebildet, gekannt, geheiligt, gegeben) weisen auf die weltumspannende Berufung hin.
Der Vers zeigt, dass unsere Seele in Übereinstimmung kommen muss mit Gottes vorgeburtlicher Planung für unser Leben, unsere Lebensaufgabe. Die Neschama war schon lange vor unserer Geburt existent.
Vor diesem Hintergrund wissen die Propheten, auch Jesus oder Paulus, dass das harte Leben kein Versagen ist, sondern dem Lebensplan entspricht in der Absprache mit Gott. Die Berufung von Gott orientiert sich nicht an den Äußerlichkeiten.

6 Ich sprach: Ach, mein Herr, DU, da, ich weiß nicht zu reden, ich bin ja ein Knabe.
Jeremia wehrt sich ebenso wie Mose; zeigt Misstrauen und greift zu einer Ausrede, zeigt kein Vertrauen. Aber bei Gott gibt es keine Ausreden, denn Gott kennt seine Menschen. Präkognitiv ist bereits die Bilderwelt in Kindern angelegt, deshalb brauchen sie Bilder und Märchen, die die Bilderwelt anregen. Gott sieht das, was ER präkognitiv in uns angelegt hat. Wir müssen uns nicht auf unsere Rationalität begrenzen. Jeremia argumentiert rein rational. Dabei ist Gottes zeit-räumliche Skala anders als unsere. Vertraue Gottes Stimme in dir mehr als deinem Ego oder den rationalen Erwägungen. Ich kann auf meine innere Stimme hören und höre damit meine Be-Stimmung. Jeremia weiß (Jer.20,9): Es brennt in seinen Eingeweiden, (9Spreche ich: Ich will ihn nicht gedenken, nicht mehr reden mit seinem Namen, bleibts mir im Herzen wie ein sengendes Feuer, eingehegt mir im Gebein, ich erschöpfe mich es zu verhalten, ich vermags nicht. Vgl. Lk 12,49) wenn er nicht redet, wie auch Paulus weiß: 1.Kor.9,16: Wehe, ich predige das Evangelium nicht.
Aber woher kann Jeremia wissen, dass er wirklich legitimiert ist? Es gab doch so viele Lügenpropheten. Dem Lügenpropheten geht es immer gut; er redet seinen Hörern nach dem Mund. Der richtige Prophet sticht ins Wespennest und ist wie ein Arzt, der auch unangenehme Wahrheiten ausspricht. Wie Gott unser Arzt ist, sind auch seine Boten unsere Ärzte. (Ex.15,26) Die Grundlagen des echten Propheten sind das Wort Gottes, die zur Umkehr aufrufen. Sie sprechen alle Härte aus Liebe aus, weil sie an der Situation leiden, in der Gott an den Rand geschoben ist. Gott ist leidenschaftlich; er leidet mit SEINEM Volk. Ein wahrer Prophet muss immer ringen und um Anerkennung kämpfen. Jeremia darf nicht heiraten und keine Kinder bekommen: Kap.16,1 (s.o. Verzicht auf persönliches Glück). Man spürt die Autorität oder das Charisma, mit dem sie auftreten. Das ist auch gemeint mit dem Begriff „Vollmacht“ bei Jesus.
Ein wahrer Prophet gibt die persönliche Beziehung und die persönliche Ansprache Gottes weiter. Er „vermenschlicht“ Gott, Gott wird Mensch und macht sein Gegenüber zur Person, mit der ER auf Augenhöhe im Ich-Du- redet. Gott leidet, Gott zürnt, Gott hat Gefühle im Gegensatz zur Götterwelt der damaligen Götterwelt im vorderen Orient. Gott zeigt sich voller Gefühle, sodass Gott uns auf der Gefühlsebene ansprechen kann.

7 ER aber sprach zu mir: Sprich nimmer: Ich bin ein Knabe! Ja denn, allwohin ich dich schicke, wirst du gehen, allwas ich dir entbiete, wirst du reden.
Gott bleibt in der Ich-Du-Beziehung und wischt alle Ausreden weg. Wenn Gott mich beruft, sind Äußerlichkeiten unwichtig. (Mk 9,23 Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.) Gott ruft ihn zum Vertrauen.

Es gibt einen Weg, den keiner geht, wenn du ihn nicht gehst. (Werner Sprenger)
Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen. (Franz Kafka) http://www.wimmer-partner.at/vision.htm

Gehen und Reden gehören zum Prophetenamt. Wer von Gott bewegt ist, bewegt sich. Die Berufungsgeschichte ist voller Dynamik, wie auch das Feuer bei Mose. Gott erwartet von uns Lebendigkeit. Wer sich nicht bewegt, ist nicht mit Gott in Beziehung. Ex.24,7 Wir werden tun und hören.

Kierkegaard: Das Leben wird nach vorne gelebt und nach rückwärts verstanden.

8 Fürchte dich nimmer vor jenen, denn ich bin mit dir, dich zu erretten [אֲנִי לְהַצִּלֶךָ ani lehazilecha]. SEIN Erlauten ists. 9 Dann schickte ER seine Hand aus, er ließ sie meinen Mund berühren, ER sprach zu mir: Da, ich gebe meine Reden in deinen Mund [ דְבָרַי בְּפִֽיךָ dewarai bepicha],
Es ist keine Schande, Angst zu haben und sie mit Gott zu besprechen. Gott errettet – auch vor der eigenen Angst.
Ex.4,11Der Herr entgegnete ihm: Wer hat dem Menschen den Mund gegeben und wer macht taub oder stumm, sehend oder blind? Doch wohl ich, der Herr!
Bei Jesaja greift Gott zur Kohle, die reinigt und sein negatives Denken wegbrennt.
Jeremia erfährt von Gott die Zusage, dass Gott ihm alles gibt, was er braucht: Gottes Worte sind in seinem Mund, auch wenn sein Leben eine Affinität zum Leiden hat. Das wird dadurch nicht verherrlicht. Der Prophet lebt aus dem „dawar“, aus dem Wort, das Gott ihm gegeben hat und das er nun den Menschen weitergibt. In der Berufung gibt es dann andere Aufgaben als bspw. eine klassische Familie. Die Zusagen und das Wort Gottes werden ihm zur Ressource.

10 sieh, ich verordne dich הִפְקַדְתִּיךָ an diesem Tag über die Weltstämme, über die Königreiche, auszureuten, einzureißen, abzuschwenden, hinzuschleifen, zu bauen, zu pflanzen.
Jetzt ordnet Gott an, nachdem ER ihm Zuspruch gegeben hat. Wie Abraham weiß auch Jeremia nicht sofort, wohin er gehen muss.
Vier Handlungen der Zerstörung: 1) ausreißen (aus dem gewohnten Ort wegreißen, entheimaten) – 2) einreißen, zum Zusammenbruch bringen –  3) komplett vernichten, 4) zerstören, sodass es unbrauchbar ist. Judäa hat das Land nicht mehr verdient. In dem System ist alles an Menschen, Tieren, Gebäuden mit gehangen – mit gefangen, deshalb gibt es diese umfassende Vernichtung. Die Vernichtung wird doppelt so stark sein wie der Aufbau.
Mit zwei Worten kommt es zum Aufbau: bauen und pflanzen. Nach dem größten Kahlschlag kommt der Aufbau. Während der Härte hat Gott schon den Neuaufbau im Blick.
Rabbiner in Amerika sagen: Gott beschloss den Aufbau des Staates Israel in den Gaskammern von Auschwitz.
Vier negative Tätigkeiten zeigen wie in V5 das kosmische Ereignis, das ansteht. Der Kahlschlag, die Reinigung muss manchmal härter sein als der Aufbau. Bevor es gut werden kann, muss es erst einmal schlimm werden, denn das Böse findet zu schnell Nachahmer. Zerstören im Dienst des Neuaufbaus. Das Böse mit Stumpf und Stiel ausrotten, damit der Keim des Guten da ist und Neues wachsen kann, auch mit Selbstheilungskräften. „Banne das Böse aus deiner Mitte!“ (Dtn)

Und da sich die neuen Tage
Aus dem Schutt der alten bauen,
Kann ein ungetrübtes Auge
Rückwärts blickend vorwärts schauen.

(Dreizehnlinden: XVII. Des Priors Lehrsprüche von Friedrich Wilhelm Weber)

Gott ist an der Teschuwa der Heiden interessiert und schickt deshalb besonders Jeremia zu den Heiden. Auch die Erzfeinde Israels sollen die Chance zur Umkehr haben. Der Prophet wird herausgefordert zu Neuem: Eigentlich ist er als Prophet zuerst zu seinem Volk gerufen. Aber da wir Menschen alle miteinander verbunden sind, ist Gott nicht zufrieden, wenn Völker, die ER geschaffen hat, zugrunde gehen. Unser Glück hängt vom Glück der anderen ab: Jer.29,7: Suchet der Stadt Bestes, damit es euch gut geht.
Jeremia ist – wie Paulus – zu den Heiden gerufen. Ein Midrasch setzt die Völker gleich mit den Israeliten, die sich an die Götter der Völker anhängen, die auf das Niveau der Völker herabgefallen sind. Raschi übernimmt diese Deutung. > Selbstkritik der Juden an sich selbst.
Laut anderer Deutung dienen die Völker dazu, dass die Juden durch diese Predigt wachgerüttelt werden. Also spricht die Predigt gegen die Völker eigentlich die Juden an.
Warum gab es unter den Juden immer wieder diese Exzesse? Sie tragen die harte Last der Berufung, des Vorbild-Seins, die ihnen manchmal zu hart ist. Das Volk will vielleicht auch mal dazugehören, nicht immer anders sein. Selbstgerechtigkeit, die nach einem König ruft, wie ihn alle Völker haben.
Abraham erhält die Zusage, dass seine Nachkommen zahlreich wie Sand und wie Sterne sein werden. Sie können einerseits im Banalen, Irdischen verbleiben oder sich nach Gott ausstrecken. „Am ssegula“ = das Volk, das Gott für seine Mission erwählte. Alle abrahamitischen Nachfahren haben das Potential aufzusteigen, wenn sie die Tora beachten, oder abstürzen, wenn sie Gott vergessen und überheblich werden. Die Tora muss jeden Tag gelebt werden. Der Absturz ist riesig, denn je größer das Gebäude, das fällt, umso riesiger ist der Schaden. Wenn Juden ihre Leuchtkraft nicht leben, werden sie schlimmer als die Völker, denn sie haben das Wort Gottes in den Genen vom Berg Sinai. (Dt.32) Die Erwählung Israels ist keine Würde, sondern eine Bürde. (Pinchas Lapide) Gottes Liebe kann auch schmerzhaft sein, deshalb können sich Juden nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. (Mi 8,6)

11 SEINE Rede geschah zu mir, es sprach: Was siehst du, Jirmejahu? Ich sprach: Eine Rute vom Zeitigreg, der Mandel שָׁקֵד [schaked], sehe ich. (,Einen Mandeltrieb sehe ich.‘) 12 ER sprach zu mir: Gut hast du gesehn, ja, zeitig rege שֹׁקֵד [schoked] ich mich über meiner Rede, sie zu tun.
Die Mandel (Shaked, die Aufpassende) ist die früheste Blüte, die sich am frühesten regt (shoked). Damit zeigt Gott Jeremia, dass die Situation pressiert. So ist Jeremia im Bilde, bevor er reden soll. Das erste Bild ist ein Naturbild, es ist eher beruhigend und wohltuend. Alles ist in göttlicher Ordnung. Alles, was geschehen wird, dient der neuen Blüte.

13 SEINE Rede geschah zu mir ein zweites Mal, es sprach: Was siehst du? Ich sprach: Einen Kessel sehe ich unterheizt, seine Vorderseite nordher voran.
Gott ist der fragende Gott. ER schenkt Jeremia zwei Zeichen. Das angenehme Zeichen kommt zuerst, während die Worte in V10 zuerst das Negative ausdrücken. Im Bild ist es umgekehrt, was einen Chiasmus bedeutet: Mit dem Guten des gesprochenen Wortes beginnt das Bild; am Ende steht das negative Bild, mit dem die wörtliche Rede begonnen hatte. Die Bilderwelt hat im Judentum eine nachrangige Bedeutung, denn das Wort Gottes ist zu hören! Aber diese Welt ist von Gott geschaffen und das gesamte Leben ist voll von der Präsenz Gottes. In der Natur der Mandel steckt eine frohe Botschaft. Jeremia ist gefordert, zu schauen und zu erkennen unter der Führung Gottes.
Der heiße und überkochende Kessel zeigt die Gefahr. Norden (Zafon) bedeutet: verborgen, Norden, weil dort die Sonne verborgen ist. Das Böse zeigt sein Gesicht oft nicht offen; es tarnt sich, verbirgt sich. Die Kinder Israel denken, dass der Synkretismus ihnen Hilfe gibt. Sie sehen nicht den Untergang, sondern orientieren sich an den Völkern und erkennen die Gefahr nicht. Sie ziehen einen Trugschluss, haben hier ihren blinden Fleck. Im Norden sitzen die Feinde Syrien und Babylonien.
Dtn 5,20 Schmelzofen Ägypten
Misrach = Osten; das Leuchtende
Ma‘araw = Westen; das Vermischte, Zwielicht, untergehend
Negbar = Süden; das Trockene (Negew); Darom = Süden von daram = bleiben, verharren

14 ER sprach zu mir: Von Norden her eröffnet sich das Böse über alle Insassen des Lands. 15 Denn, wohlan, ich berufe nordher alle Königtumssippen, ist SEIN Erlauten, daß sie kommen, daß sie geben jedermann seinen Stuhl vor die Öffnung der Tore Jerusalems, und wider all seine Mauern rings und wider alle Städte Jehudas.
Gott beruft auch die Heiden (Babylonier), um Gericht über Israel zu halten. Tore sind immer ein Gerichtsplatz. Gott ist es leid, all den Götzendienst und die Schandtaten in Israel zu sehen.
Drei Orte werden genannt, welche die Ernsthaftigkeit von Gottes Ansinnen zeigen und darin schon die große anstehende Transformation ankündigen.

16 Dann rede ich meine Gerichte מִשְׁפָּטַי [mischpati] an die, um all ihr Böses, daß sie mich verlassen haben, ließen aufrauchen anderen Göttern, warfen sich vor dem Gemächt ihrer Hände nieder.
Dass SEIN Volk sich vor Menschenwerk beugt, verletzt IHN, schmerzt IHN, aber deshalb, weil Menschen sich damit selber verletzten, sich selber schaden. Darum spricht ER seine Gerichte über sein Volk, denn Gottes Schmerz hat Konsequenzen.

17 Du aber gürte deine Hüften, stelle dich hin וְקַמְתָּ, rede zu ihnen alles, was ich selbst dir entbiete, – sei nimmer bestürzt vor ihnen, sonst bestürze ich dich vor ihnen!
Drei Aufgaben hat Gott für Jeremia: gürten, stehen, reden. Es ist ernst und nur so kann es zur Transformation kommen. Vgl. Eph. 6: Gürte dich! Steh auf! Stehe, damit du keine Angst hast, denn: Hiob3,25 Denn was ich fürchte, das kommt über mich, / wovor ich schaudere, das trifft mich. Sprich dein Vertrauen aus, denn was ich aussende, spürt mein Gegenüber. Zeige ich mich als ständiges Opfer oder stehe ich in meiner Gott gegebenen Stärke wie Josua 1,9:  Habe ich dir nicht geboten: Sei fest und unentwegt? So lass dir nicht grauen und fürchte dich nicht; denn der Herr, dein Gott, ist mit dir auf allen deinen Wegen.
Wenn du dich auf Gott einlässt, hat die Angst keinen Raum mehr. Gott führt dich in die Weite. Vor nichts anderem sollst du Angst haben als vor der Angst, denn du sollst nicht der Angst vertrauen, dann überrollt sie dich. Nur das Vertrauen an Gott wird dich stehen und bestehen lassen. Es ist keine Schande, Angst zu haben, aber es ist eine Schande, sich an die Angst zu binden.
„Ich lasse dich an dem zerbrechen, an das du dich angstmäßig bindest.“

18 Ich, wohlan, ich gebe dich heut zur Festungsstadt, zur eisernen Säule, zu ehernen Mauern wider all das Land, den Königen Jehudas, seinen Obern, seinen Priestern, dem Volke des Lands:
Zu drei „Festungen“ macht Gott Jeremia. ER stärkt ihn gegen 5 Feinde (Gottes Eingreifen) mit unerschütterlicher Kraft. Jeremia wird zur befestigten Stadt Jerusalem. Die Addition der Zahlen ergibt 8 > Gottes Wort hat ewigen Charakter. Lässt man bei den Feinden das Land in der Zählung aus, ergibt sich die Universalität der Feinde, für die universelle Bedeutung von Gottes Wirken. 7 als Summe zeigt die Zeitlichkeit > das Maß ist voll, aber zeitlich begrenzt.

19 sie werden gegen dich kämpfen und werden dich nicht übermögen, denn ich bin mit dir אִתְּךָ [itcha], ist SEIN Erlauten, dich zu erretten [lehazilecha לְהַצִּילֶךָ].
Die Realität ist, dass man gegen Jeremia kämpfen wird. Jeremias Weg ist kein Spaziergang, aber niemand kann ihn besiegen, weil Gott mit ihm ist – immer!
Diese Rede ist eingebunden in: SEINE Rede und SEIN Erlauten. Jeremia ist ein Vorbild an Gesprächsbereitschaft mit Gott.
Kap 7 ist die Vorlage für die Tempelrede Jesu. Kap. 17,8 > Yuval; Heilung

Jeremia 2

11 hat je ein Volk seine Götter vertauscht, die nicht einmal Götter sind? Mein Volk aber hat seinen Ruhm vertauscht gegen das, was nicht hilft.
Die anderen Völker sind ihren Göttern treu, die nicht einmal Götter sind. Dabei hat Israel doch Gottes Führen in der Wüste erlebt hat.

13 Denn zwiefach hat mein Volk gefrevelt: mich hat es verlassen, den Quell lebendigen Wassers, und hat sich Brunnen gegraben, rissige Brunnen, die das Wasser nicht halten. Jer. 17,13.
Gott ist verletzt und äußert seine Gefühle.

18 Und jetzt, was hast du vom Weg nach Ägypten, des Schwarzflusses Wasser zu trinken? und was hast du vom Weg nach Assyrien, das Wasser des Stroms zu trinken?
Durch die vielen toten Kinder wurde der Nil schwarz (abgestorbene, schwarze Leichen). Warum verlassen die Kinder Israel sich auf diese Mörder ihrer Kinder? Nur der Pakt mit Gott kann Israel vor den Feinden retten. Koalition mit Heiden ist ein Fallstrick, da durch sie die Götzen mit ins Land geholt werden. Das führt zum Desaster. Für das Volk Gottes ist nur Gott der wahre Halt.

19 Züchtigen wird dich dein Böses, deine Abkehrungen werden dich strafen – so erkenns, so ersiehs: ja, bös und bitter wirds, daß du IHN, deinen Gott, verließest! Und nicht trat dich Furcht vor mir an, ist meines Herrn, SEIN des Umscharten Erlauten,
Nicht Gott bestraft sein Volk, sondern ihr Böses wendet sich gegen sie. Die Konsequenzen ihres Handelns werden sie zu spüren bekommen. Was euch fehlt, ist die Ehrfurcht vor Gott.

23 Wildesel, von der Wüste belehrt in der Gier seiner Seele, so schnappt sie nach Luft, – ihre Geilheit, wer könnte die umkehren machen! Alle, die sie suchen, brauchen sich nicht müde zu laufen, in ihrem Monde treffen sie sie,
Die Bibel zeigt das ganze Bild von Gott, wie er mit harten Worten Israel züchtigt und anprangert. Gott wird in seiner Klarheit gezeigt, wie er Schmerz und Liebe ausdrückt.

25 Wie ein Dieb zuschanden wird, wenn er betroffen wurde, so werden zuschanden die vom Haus Jissrael, sie, ihre Könige, ihre Obern, und ihre Priester und ihre Künder.
Gegen diese 4 dekadenten Gruppen bezog sich der 4fache Kahlschlag in 1,10. Es gibt unter den Priestern abtrünnige jüdische Priester und Baals- oder Astartepriester. Unter den Propheten gibt es die falschen Propheten. Alle Gruppen sind korrupt.

26 Zum Holz sprechend: Mein Vater bist du! und zum Stein: Du hast mich geboren! wandten sie ja den Nacken mir zu, nicht das Antlitz mehr, aber in der Zeit ihres Bösgeschicks sprechen sie: Steh auf und befrei uns!
Das Volk ist eben nicht „tamim“, nicht mit ganzem Herzen bei ihrem Gott! Gott reagiert in V27 mit Ironie:
V27 Und wo sind deine Götter, die du dir gemacht hast? sie sollen aufstehn, ob sie dich befreien können in der Zeit deines Bösgeschicks! in der Zahl deiner Städte waren ja deine Götter, Jehuda!V32 Wie gut richtest du deinen Weg, Liebschaft aufzusuchen! Dadurch hast du nun auch das Bösgeschick deine Wege gelehrt! Auch an deinen Kleidzipfeln noch betrifft man Blut dürftiger, unsträflicher Wesen, die du nicht beim Einbruch betrafst.
Du bist selber schuld an deinem Elend. Deine Wege haben gelernt von all deinem Bösen. Aber die Kinder Israel sind so sehr abgestürzt, dass sie ihre Falschheit und Bosheit gar nicht merken. Sie sind in ihrer Bigotterie gefangen. Gott reagiert auf ihre Falschheit mit Ironie und Spott. Das Gewand ist voller Blut vom Morden. Heute würde man sagen: Über Leichen gehen.
Gott nimmt seinem Volk den Tempel, weil sein Volk den Tempel als Alibi missbraucht. Sie opfern im Tempel sowohl dem Baal als auch der Astarte und dem Gott Israels. So wirr waren sie zu dem Zeitpunkt.

V35 Auch von dannen mußt du hinwegziehn, über deinem Kopf deine Hände, denn ER verwirft deine Sicherungen, nicht wirds dir mit ihnen gelingen. –
Gott hat alle Verbündeten verworfen. Sie können Israel nicht mehr helfen.

Jeremia 3

V2 Zu den Kahlhängen hebe deine Augen, sieh: wo bist du nicht beschlafen worden? An den Wegen ersaßest du sie, wie ein Steppenaraber in der Wüste. Da entartetest du das Land mit deiner Hurerei, mit deiner Bosheit,
Gottes Worte sind hart und zeigen die Untreue Israels wie die Untreue einer Hure.

V5 »Will auf Weltzeit er grollen, auf Dauer denn es bewahren?!« Wohl, so redest du, aber du tust weiter das Böse – und meinst zu übermögen?!
Die Ebene von Gott und Israel wird dargestellt wie ein Ehepaar, in dem die Frau fremd geht und sich nicht ändert, obwohl sie es immer wieder beteuert. Die Ehe ist etwas Heiliges. Ehebruch führt zu großen Verletzungen, die hier Gott gegen sein „Weib“ ausspricht.

V6 ER sprach zu mir in den Tagen des Königs Joschijahu: Hast du gesehen, was Frau Abkehr, Jissrael, tat? Da ging sie hin auf alljeden hohen Berg, unter alljeden üppigen Baum, dort hurte sie. V7 Ich sprach, nachdem sie all dies hatte getan: Kehre um zu mir! Sie aber kehrte nicht um. Das sah ihre Schwester, Frau Verrätrisch, Jehuda,
Aus der Tochter Israel wird „Frau Abkehr“. Sie hurt überall. Gott ist direkt. Südreich und Nordreich huren und trennen sich von Gott. Das Südreich lernt nicht von den Fehlern der andern. Gott ist nicht launisch, sondern selber zuverlässig, treu und verletzt. Es geht dem Gott Israels immer um Umkehr, die er immer wieder anbietet. Doch sobald es dem Volk gut geht, wendet es sich ab von seinem Gott.

V11 BRU   Weiter sprach ER zu mir: Bewahrheitet hat ihre Seele Frau Abkehr, Jissrael, eher als die Verrätrin, Jehuda.
ZUR   Und der Herr sprach zu mir: Israel, die Abtrünnige, hat sich gerechter gehalten als Juda, die Treulose. Hes. 16,51; 23,11.

Israel ist abtrünnig, hat aber keine Umkehr versprochen und damit nicht geheuchelt. Dagegen heuchelte Juda und verhielt sich so schlimmer als Israel.

V14 Kehret um, abgekehrte Söhne, ist SEIN Erlauten, denn ich bins, der sich euer bemeistert!  שובו בנים שובבים נאם יהוה כי אנכי בעלתי בכם
Wieder ruft Gott zur Umkehr. 6x ruft Gott allein in diesem Kapitel zur Umkehr! Gott ist der Meister (ba’al) seines Volkes. Warum laufen sie zu den Baalen? Gott ist doch ihr Ba’al = Herr, Ehemann. Er hat doch alles für sie getan.

V22 – Kehret um, abgekehrte Söhne, ich will eure Abkehrungen heilen. – Da sind wir, wir laufen dir zu, denn DU bists, unser Gott!    שובו בנים שובבים ארפה משובתיכם
In all den harten Worten kommt ein Wort der Liebe und Gnade vor. ER heilt sogar unser Fehlverhalten. Unser sündiges Verhalten sieht Gott als Krankheit, die ER heilen kann.

V23 Ja doch, lügnerisch war das von den Hügeln her, das Toben auf den Bergen, jedoch in IHM, unserm Gott, ist die Befreiung Jissraels!
Gott schaut in die Zukunft und sieht schon, dass sein Volk einsichtig wird und Buße tun wird, auch in den folgenden Versen:
V25 In unsrer Schande müssen wir liegen, unsre Schmach muß uns hüllen, denn an IHM unserm Gott haben wir gesündigt, wir und unsere Väter, von unsrer Jugend an und bis auf diesen Tag, nicht gehört haben wir auf SEINE, unsres Gottes, Stimme.

Jeremia 4

V2 Schwörst du dann: ER lebt! in Treue, in Recht, in Bewährung, werden Weltstämme mit ihm sich segnen, preisen werden sie sich mit ihm.
Emet  אמת> Treu gegenüber Gott; Recht = Mischpat משפט  und Bewährung = Zedaka  צדקהbeziehen sich auf Menschen. Wenn Menschen nicht die Ungerechtigkeiten untereinander in Ordnung bringen, nimmt Gott die Opfer seiner Kinder nicht an. Jesus ruft uns ebenso auf, unsere Opfer liegen zu lassen und erst Frieden mit den Menschen zu suchen. Gott kann uns den Weg zum Mitmenschen nicht ersparen; dafür ist ER nicht zuständig. Das Doppelgebot der Liebe nennt Jesus ebenso. Genauso das Gleichnis vom Acker  und der Saat unter die Dornen:
V3 Ja denn, so hat ER gesprochen zu der Mannschaft Jehudas und zu Jerusalem: Erackert euch einen Acker, säet nimmer unter die Dornen!

V4 Beschneidet euch IHM: tut die Vorhäute weg eures Herzens, Mannschaft Jehudas, Insassen Jerusalems, sonst fährt mein Grimm aus wie Feuer, zündet, und keiner kann löschen, wegen eures bösen Spiels.
Die Härtigkeit meines Herzens muss durch Veränderung meines Denkens und Handelns weggenommen werden. Diese Beschneidung betrifft Männer und Frauen. Die Beschneidung des Gliedes sagt noch nichts aus über die Beziehung zu Gott. Das sagt erst die Beschneidung des Herzens.
„arel“ bedeutet eigentlich eine Verformung, verkümmert. Mose empfindet seine Lippen als „vorhautig“, also verformt, sodass sein Sprechen behindert ist.
Früchte von Bäumen dürfen erst nach drei Jahren geerntet werden. Bis dahin ist der Baum noch „unbeschnitten“.
Bei der Beschneidung soll etwas weggenommen werden, damit etwas anderes zum Vorschein kommt. Die Früchte müssen ja wachsen; nichts muss weggeschnitten werden. Wenn das Herz beschnitten wird, kommt die Menschlichkeit zum Vorschein.
Bescheidung geht immer auf Gott hin. „Beschneidet euch IHM“. Manchmal muss etwas weggenommen werden und an mir geändert werden, damit das Leben wieder in Ordnung kommt.
Rö. 2 28Jude ist nicht, wer es nach außen hin ist, und Beschneidung ist nicht, was sichtbar am Fleisch geschieht,29sondern Jude ist, wer es im Verborgenen ist, und Beschneidung ist, was am Herzen durch den Geist, nicht durch den Buchstaben geschieht. Der Ruhm eines solchen Juden kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.

Jeremia 7 – Die Tempelrede

1Die Rede, die zu Jirmejahu von IHM her geschah, es sprach:
2Tritt in das Tor SEINES Hauses, rufe dort diese Rede, sprich: Höret SEINE Rede, alles Jehuda, die ihr durch diese Tore kommt, vor IHM euch niederzuwerfen!
3So hat ER der Umscharte gesprochen, der Gott Jissraels: Bessert eure Wege und eure Geschäfte, und wohnen lasse ich euch an diesem Ort.

Gott beginnt mit einem einfachen Aufruf und dem Hinweis, dass ER zu seinem Wort steht, das Volk an seinem Ort wohnen zu lassen, wenn es auf ihn hört.

4Sichert euch nimmer mit den Reden der Lüge, dem Spruch: SEINE Halle, SEINE Halle, SEINE Halle ist das!
5Ja, bessert in Besserung ihr eure Wege und eure Geschäfte, tut Recht ihr, tuts zwischen jedermann und seinem Genossen, 6 bedrücket nicht den Gastsassen, die Waise, die Witwe, vergießet nimmer Blut des Unsträflichen an diesem Ort, geht anderen Göttern nicht nach, euch zum Bösen, 7dann will ich euch wohnen lassen an diesem Ort, in dem Land, das ich gab euren Vätern von Urzeit her und für Weltzeit.

An einem Ort, an dem Blut vergossen wurde, kann es kein Leben geben. Beispiel ist das Blut Abels, das zu Gott vom Ackerboden schreit. (Gen.4,10) Blut steht dort sogar im Plural, denn die Nachkommen Abels wurden mit umgebracht.

8Ihr aber, da sichert ihr euch mit den Reden der Lüge, den unnützen!
9Wie, stehlen, morden, buhlen, Lüge beschwören, dem Baal aufrauchen lassen, andern Göttern nachgehn, die ihr nicht gekannt habt, – 10dann wollt ihr herkommen, vor mein Antlitz treten in diesem Haus, über dem mein Name gerufen ist, wollt sprechen: Wir sind errettet! Um weiter all diese Greuel zu tun!
11Ist dieses Haus, über dem mein Name gerufen ist, in euren Augen zur Räuberhöhle worden? Wohl, auch ich selber sehe es so an, ist SEIN Erlauten.
12Ja, geht doch nach meinem Ort, der in Schilo war, wo vordem ich einwohnen ließ meinen Namen, und seht, was ich ihm getan habe wegen der Bosheit meines Volks Jissrael!

Schilo wurde zerstört; vgl. Joh.2,13-22 Die Tempelreinigung Jesu. Sein Eifer erinnert an Ps.69,10 Wenn Gottes Haus entweiht wird, ist Jesus nicht bereit zu schweigen.

13Und nun: weil ihr all diese Taten tut, ist SEIN Erlauten, als ich zu euch redete, Rede vom Frühmorgen an, hörtet ihr nicht, als ich euch anrief, antwortetet ihr nicht, 14will ich dem Haus, über dem mein Name gerufen ist, mit dem ihr euch sichert, und dem Ort, den ich euch und euren Vätern gab, so tun, wie ich Schilo habe getan, 15fortschleudern will ich euch von meinem Antlitz hinweg, wie ich fortschleuderte all eure Brüder, allen Efrajimsamen > Nordreich, das zerstört wurde.
16Du aber, bete nimmer für dieses Volk, erhebe nimmer für sie Flehen und Gebet, bedränge mich nimmer, denn ich will dich nicht hören. 17Siehst du nicht, was sie machen in den Städten Jehudas und in den Gassen Jerusalems?

18Die Kinder lesen Hölzer, die Väter entzünden das Feuer, die Weiber kneten Teig: um Gebildwecken zu machen für die Königin des Himmels! Und Güsse gießt man für andere Götter, mich zu verdrießen.
Selbst im Gebäck wurden Götzen für Götzen hergestellt. Die gesamte Familie war involviert. Unschuldige arbeiten mit dem Alltäglichen für das Böse, wie im Dritten Reich. Das Kind weiß nicht, was es tut, aber in diesem Fall dient es dem Bösen.

19Verdrießen sie mich, ist SEIN Erlauten, nicht sich selber nur, ihr Antlitz zu beschämen?!
20Darum, so hat mein Herr, ER, gesprochen, wohlan, mein Zorn, mein Grimm ergießt sich an diesen Ort, über den Menschen, über das Vieh, übers Gehölz des Feldes, über die Frucht des Bodens, zündet und lischt nicht.

Alle stehen unter dem Gericht, selbst das, was so unbeteiligt aussieht. Aber das Holz lässt sich benutzen für das Backen der Götzenopfer und so wird das Unschuldige mit schuldig.

21So hat ER der Umscharte gesprochen, der Gott Jissraels: Eure Darhöhungen häuft noch auf eure Schlachtmahle, daß ihr Fleisch zu essen habt!
Eine Darhöhung ist das, was zu Gott aufsteigen soll, mit dem die Herzen mit aufsteigen zu Gott. Das Wort „Opfer“ ist nur ein Hinlegen. Das ist nicht die Gabe für Gott nach jüdischem Denken.

22Denn nicht habe ich mit euren Vätern geredet, ihnen nicht geboten, am Tag, als ich sie aus Ägypten führte, Reden um Darhöhung und Schlachtmahl, 23sondern diese Rede habe ich ihnen geboten, sprach: Hört auf meine Stimme, dann werde ich euch zum Gott und ihr, ihr werdet mir zum Volk! gehet in all dem Weg, den ich euch gebiete, damit euch gut sei!
> Lev.26,12; Was Gott als erstes wollte, war die Einhaltung der Zehn Worte. Liebe deinen Nächsten! Das Hören steht über dem Sehen. Es ist das bekannte Schema שִׁמְע Israel.

24Aber sie wollten nicht hören, aber sie neigten ihr Ohr nicht, gingen in den Ratschlägen weiter, in der Sucht ihres bösen Herzens, sie wurden zu einem Rücken, nicht einem Angesicht mehr. 25Vom Tag, als eure Väter aus dem Land Ägypten fuhren, bis zu diesem Tag sandte ich all meine Diener, die Künder, zu euch täglich, Sendung vom Frühmorgen an. 26Aber sie horchten mir nicht, sie neigten nicht ihr Ohr, sie härteten ihren Nacken, übten Bösres als ihre Väter.
Hier liegt mittlerweile ein System vor, das nicht mehr zu heilen ist, ohne dass Tabula rasa gemacht wird.

27Redest du nun all diese Rede zu ihnen und sie horchen dir nicht, rufst du sie auf und sie antworten dir nicht, 28dann sprich zu ihnen: Dies ist der Stamm derer, die auf SEINE, ihres Gottes, Stimme nicht hörten, Zucht nicht annahmen, – die Treue ist verschwunden, aus ihrem Mund gerottet! 29 Schere dein Weihehaar ab und wirfs fort, auf den Kahlhöhn erhebe die Klage, denn verschmäht hat ER, verstoßen das Geschlecht seines Überwallens.
Das Schneiden des Barthaares war Zeichen der Trauer. Gott gibt Jeremia diesen Auftrag, damit seine Trauer dem Volk sichtbar wird.

30- Denn das in meinen Augen Böse taten die Söhne Jehudas, ist SEIN Erlauten, ihre Scheusale stellten sie auf in dem Haus, über dem mein Name gerufen ist, es zu bemakeln,
Jehuda steht für das Südreich. Das Volk betreibt Synkretismus, indem im Tempel Gottes Götzen von Astarte  und Baal aufgestellt wurden. Sie bringen ihre vorgeschriebenen Opfer und meinen, dass Gott damit zufrieden sein müsste. Das ist wie Ehebruch.
Synkretismus ist für den Betrüger ebenso schädlich wie für den Betrogenen, denn das Herz kann nicht ganz an einem Ort angekommen. Besonders die Liebe zu Gott soll mit ganzem Herzen sein, so wie die Liebe immer eine Ganzherzigkeit braucht. Ein Herz muss ankommen können.
Gott steigt aus diesem dysfunktionalen System aus, lässt den Tempel zerstören, damit durch dieses Ereignis ein Erwachen des Volkes möglich wird. Es braucht das Exil, damit das falsche Sicherheitsgefühl einbricht. Und wenn das Volk nicht selber zur Vernunft kommt, muss Gott die Krise aus Liebe zum Volk heraufführen.
Können oder wollen sie nicht umkehren? Erst wollen sie nicht, dann können sie nicht. Dtn.30,15-20 Ihr habt die Freiheit der Wahl!!! Wähle das Leben!!!

31und bauten die Kuppen des Ofenplatzes, des in der Schlucht des Sohns Hinnoms, im Feuer ihre Söhne und Töchter zu verbrennen, was ich nie hatte geboten, nie wars mir aufgestiegen im Herzen.
Gott hat ein Herz! Der Ofenplatz ist ein öffentlicher Verbrennungsplatz. Hinnom war eine kanaanäische Gottheit, dem Kinder geopfert wurden. Seit der Akeda (Bindung Isaaks, Gen. 22) ist das Opfern von Menschen ein Tabu und eine Verleumdung Gottes. Aus Gej Hinnom (Tal des Hinnom בְּגֵיא בֶן הִנֹּם) wurde das Gehenna, die katholische Vorstellung einer Hölle.

32Darum: wohlan, Tage kommen, ist SEIN Erlauten, dann wird man nicht mehr sprechen: Ofenplatz, Schlucht des Sohns Hinnoms, sondern: Schlucht des Würgens, begraben wird man im Ofenplatz, da sonst kein Raum ist.
Dieser Opferplatz wird zur Begräbnisstätte derer, die sie zuvor missbraucht haben.

33Zum Fraß wird der Leichnam dieses Volks dem Vogel des Himmels und dem Getier des Erdlands, und keiner scheucht auf. 34Verabschieden will ich aus den Städten Jehudas und aus den Gassen Jerusalems Stimme von Wonne und Stimme von Freude, Stimme von Bräutigam und Stimme von Braut, denn zur Ödnis wird das Land.
> Korrektur in Jer.30

Jeremia 20 – Psychogramm

1Als nun Paschchur Sohn Immers, der Priester, – der war Hauptverordneter in SEINEM Haus – Jirmejahu diese Rede künden hörte, 2 ließ Paschchur Jirmejahu, den Künder, schlagen, er ließ ihn in den Krummblock geben, den am obern Binjaminstor, das an SEINEM Haus ist. 3Am Nachmorgen dann wars, da ließ Paschchur Jirmejahu aus dem Block holen. Jirmejahu aber sprach zu ihm: Nicht Paschchur ruft ER deinen Namen, sondern Magor, Grauen, ringsum.
V3 Der Hohepriester Paschchur > Freiheit spendend; er wird negativ umbenannt in Magor > Grauen
V4 Babel > Gen.11: Verwirrung, durcheinander
Babel ist der Ort der Verwirrung, steht für Überheblichkeit im Äußeren, Größenwahn. Er steht für die Abwendung von Gott und für Entzweiung.  
Das Volk spricht zur Zeit Jeremias nicht mehr die Sprache Gottes. Mit diesem Bild zeigt Gott dem Volk wie in einem Spiegel den verlorenen und verworrenen Zustand und die innere Überheblichkeit. Geht in das Land, das in der jüdischen Tradition Symbol für Verwirrtheit und Überheblichkeit steht. Der Dankbare „Jehuda“ muss in das Gegenteil gehen, um sich zu läutern, denn er hat seine Dankbarkeit nicht gelebt.
Es schickt sich nicht, dass jemand undankbar ist, der Dankbarkeit in seinem Namen hat wie der Jude. Das jüdische Volk darf mit Gott im Bund sein und das Leben gestalten. Glaube beginnt im Herzen, nicht in der Äußerlichkeit.

6Und du, Paschchur, und alle Insassen deines Hauses, ihr geht in die Gefangenschaft, nach Babel wirst du kommen, und dort wirst du sterben und dort begraben werden, du und alle, die dich lieben, denen du in der Lüge hast künden lassen.
Die Ankündigung der Verschleppung nach Babel. Dort soll der Hohepriester sterben und begraben werden, was für einen Juden in Unglück ist.

7Betört hast du mich, DU, ich ließ mich betören, gepackt hast du mich, du hast übermocht. Ich bin zum Gelächter worden alletag, alles spottet mein. 8Ja, sowie ich reden will, muß ich schreien, Unbill! rufen und: Gewalt! zu Hohn ja und zu Posse ist SEINE Rede mir worden alletag. 9Spreche ich: Ich will ihn nicht gedenken לֹא אֶזְכְּרֶנּוּ (lo es’chrenu), nicht mehr reden mit seinem Namen, bleibts mir im Herzen wie ein sengendes Feuer, eingehegt mir im Gebein, ich erschöpfe mich es zu verhalten, ich vermags nicht.

vgl. V15: männlich = sachar bedeutet auch: gedenken. Jeremia will nicht mehr gedenken, aber in der Ankündigung seiner Geburt steckt schon das Konzept, dass er in seiner Männlichkeit erinnern muss.
V7-9: Jeremia spricht von seinen eigenen Gefühlen. Er wird verspottet und leidet darunter. Er kann das, was er sagen muss, nicht zurückhalten, obwohl er manchmal nicht mehr reden will. Jenseits aller Logik spricht er das aus, was Gott ihm aufträgt, obwohl er leidet und leiden muss. Was zu reden ist, ist in ihm wie ein Feuer.
Augustinus: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“
V9 Ich will nicht gedenken

10Ja, ich höre das Flüstern der Vielen, ein Grauen ringsum: Meldets! wir wollens melden! Was an Menschen mir im Friedensbund steht, die passen meinem Ausgleiten auf: Vielleicht wird er betört, dann übermögen wir ihn, nehmen an ihm unsre Rache!11Aber ER ist mit mir wie ein trotziger Held, drum müssen straucheln meine Verfolger und sie vermögen nichts, werden sehr beschämt, denn sie haben nichts ergriffen, – eine Weltzeit-Schmach, die nie vergessen wird.12DU Umscharter, bewährter Prüfer, der Nieren und Herz durchschaut! mag ich schaun deine Rache an ihnen, denn überwälzt habe ich dir meinen Streit.13Singet IHM, preiset IHN, denn er rettet des Bedürftigen Seele aus der Hand der Bösgesinnten.
V10 Die Gedanken seiner Feinde werden offen gelegt, die Jeremia loswerden wollen. Sie wollen seiner habhaft werden, ihn anklagen und aus dem Weg räumen. Vgl: Auch Jesus sollte bei der Obrigkeit verunglimpft werden.
V11 Gegen all diese Feinde steht Gott immer auf Jeremias Seite.
V12 Gott kennt Herz (Weisheit) und Nieren (Gefühle). Sünde entsteht im Herzen. Der Mensch muss den Ausgleich schaffen zwischen Herz und Nieren. Und so überlässt Jeremia die Rache Abrechnung/ Vergeltung (nekama נקמה – das gebeugte Recht wird wieder aufgerichtet; von lakum לקום) seinem Gott. Dtn.32, 35: MEIN ist die Vergeltung (Ausgleich) / Abrechnung. > 2. Kor.12, 5-10 Auch Paulus hat gelitten und erfuhr von Gott, dass durch seine Schwachheit sich Gott am ehesten zeigen kann. „MEINE Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ „… denn wenn ich schwach bin, bin ich stark.“
Ermordete von Auschwitz sprachen solche Zeugnisse vor ihrer Ermordung. Sie wollten Gott mit ihrem Tod verherrlichen. (al Kidusch HaSchem אל קידוש השם – für Gott in den Tod gehen, denn ER verantwortet alles.)
Um Gottes Willen macht Jeremia weiter. Er hat keinen Profit davon und hält das Leiden kaum aus. ABER: Jeremia liebt Gott.
V13 Aus dem Wissen heraus, dass Gott auf seiner Seite steht, kann Jeremia in den Lobpreis überleiten. Er kann IHN loben, weil Gott aus der Hand der Bösen errettet.

14Verflucht sei der Tag, an dem ich geboren bin! der Tag, da mich meine Mutter gebar, nimmer werde er gesegnet!
15- Verflucht sei der Mann, der meinem Vater brachte die Mär, sprach: Ein Kind, ein Sohn בֵּן זָכָר (Ben sacher) ist dir geboren!, hieß ihn sich freuen, sich freuen. 16 Jener Mann müßte werden wie die Städte, die ER umgestürzt hat und ließ sichs nicht leidsein! Geschrei müßte er hören am Morgen, Kriegsgeschmetter zur Mittagszeit! – 17Der mich nicht hat im Schoß sterben lassen, daß meine Mutter mein Grab blieb, in Weltzeit schwanger ihr Schoß! 18Warum doch bin aus dem Schoß ich gefahren, Pein zu schauen und Gram, daß in Schande meine Tage vergehen!

V14/15 „verflucht“ bedeutet: entsegnet, bedeutungslos, wie die Spreu verweht, haltlos in Ps.1
Jeremia sagt, der Tag seiner Geburt möge bedeutungslos gelten. Dieser Tag sei nicht gewichtig und segensvoll, sondern ohne jeden Segen.
Jeremia hat hiobische Züge, denn nur Hiob hat bisher den Tag seiner Geburt verflucht. Solange ein Mensch mit Gott in Beziehung steht, kann er vor Gott alles aussprechen, alles klagen. In seiner Not darf er auch Stimmungsschwankungen unterliegen. Not und Leiden beinhalten solche Schwankungen, denn sie unterliegen nicht einer Logik. Das menschliche Herz ist in verschiedenen Situationen zu Himmel hoch jauchzend und zu Tode betrübt. Jeremia ist ein Beispiel für menschliche Authentizität.
Vor den Menschen hält Jeremia seine Reden, aber vor Gott zeigt er seine Zerrissenheit und seinen Schmerz. Mose wollte seine Berufung ebenfalls ablehnen, aber Gott lässt ihn nicht los. Das geistig Ungeordnete darf vor Gott Raum bekommen.

Jeremia 29 – Brief an die Verbannten

597 v.d.Z. ist die erste Verbannungswelle, die zweite 582 v.d.Z.
Nebukadnezer will unter seiner Herrschaft Juden im Heiligen Land erhalten, damit diese ihm Tribut bezahlen. Die gebildete Elite verschleppte er nach Babylon. Vor der zweiten Welle paktierten die Übriggebliebenen mit den Ägyptern, die aber unzuverlässig waren. So ging das letzte jüdische Leben in Ägypten unter, wohin auch Jeremia verschleppt wurde.

1Dies sind die Worte des Briefs, den Jirmeja, der Künder, aus Jerusalem sandte an die überbliebnen Ältesten der Verschlepptenschaft und an die Priester und an die Künder – an alles Volk also, das Nebukadnezar aus Jerusalem nach Babel verschleppen ließ, 2nachdem aus Jerusalem ziehen mußten Jechonja, der König, und die Gebieterin, und die Kämmerer, die Obern von Jehuda und Jerusalem, und die Schmiede und die Plattner, –
Jeremia schrieb an die Verschleppten und versuchte bei ihnen zu bleiben, damit er sie erinnerte, sich nicht zu assimilieren während ihrer Integration in die Gesellschaft und die Gebote einzuhalten. Er ermutigt sie, auf das Ende des Exils zu vertrauen.

3durch die Hand Elassas Sohns Schafans und Gmarjas Sohns Chilkijas – die Zidkija, König von Jehuda, an Nebukadnezar König von Babel gesandt hatte – , nach Babel, um auszusprechen:
In der Bibel ist die Nennung des Vaters wichtig, da wir alle durch unsere Eltern geprägt werden. Wir sind das, was wir sind, durch unsere Altvorderen.

4 So hat ER der Umscharte, der Gott Jissraels, gesprochen: An alle Verschlepptenschaft, die ich aus Jerusalem nach Babel verschleppen ließ:
Jeremia legitimiert sich zu Beginn des Briefes, dass er die Wahrheit des Wortes Gottes weitergibt, denn seine Rede wird auch gegen falsche Propheten gerichtet.

5 Baut Häuser und siedelt, pflanzt Gärten und eßt ihre Frucht! 6 Nehmt Weiber und zeugt Söhne und Töchter, nehmt euren Söhnen Töchter und eure Töchter gebt Männern, daß sie Söhne und Töchter gebären, mehrt euch dort, mindern dürft ihr euch nimmer!
Im Exil sollen die Juden leben und wirken; sie sollen nicht Trübsal blasen. Sie sollten aktiv sein, sich nicht assimilieren, aber ihr Umfeld befruchten. Sie sollen sich nicht isolieren und in Gettos leben, sondern sich integrieren. Die Juden sollen lernen wieder zu leben. Auch in der Diaspora hat Gott einen Plan mit dem jüdischen Volk, das zum Licht für die Völker sein soll. Erst in späterer Geschichte wurden Juden durch Christen in Gettos verfrachtet.
Dieses Exil ist das erste, aus dem nicht alle zurückkehrten. Viele entschieden sich, dort zu bleiben. Juden dürfen als zweiten Pol ihrer Zugehörigkeit auch die Diaspora haben, wo sie sich wohl fühlen dürfen. Gott stellte eine gute Symbiose (Kooperation, Koexistenz) zwischen Babyloniern und Juden hergestellt.
Pumpedita und Nehardea sind die Orte in Babylon, wo Jeschiwot gegründet und der Talmud niedergeschrieben wurde. Dieser Talmud ist bis heute weltweit der maßgebliche Talmud. Die geistliche Intensität war im Exil tiefer als im sog. Heiligen Land. Als Kyros den Juden die Rückkehr erlaubt, bleiben viele dort und gründen neue Gemeinden. Die Elite der Gelehrsamkeit blieb hier, sodass es bis in die Zeit Jesu Austausch zwischen Palästina und Babylon gab. Die Entwicklung des Judentums wurde hier am meisten weitergebracht und bis heute geprägt. Ohne Babylon gäbe es dieses Judentum nicht. Auch das Judentum ab 70 n.d.Z. hätte ohne diese Vorleistung nicht überlebt, denn durch die Rabbiner in Babylonien entstand das „portative Vaterland“, wie Heine es nannte. Das Judentum konnte durch diese großen Männer im Herzen getragen werden. Fruchtbarkeit wurde auf diese Weise auch spirituell gelebt, weil sie den Gedanken Jeremias ernst nahmen.

V7  ודרשו את שלום העיר אשר הגליתי אתכם שמה והתפללו בעדה אל יהוה כי בשלומה יהיה לכם שלום׃
Und fragt dem Frieden der Stadt nach, dahin ich euch verschleppen ließ, betet für sie zu MIR, denn in ihrem Frieden wird euch Frieden sein.

Gott will das Gebet der Verstreuten, damit sie sich einsetzen für ihr Gastland. Es liegt im Auftrag der Juden, Zeugnis in der Diaspora zu sein. Das Gebet, auf das Gott nicht angewiesen ist, bringt den einzelnen Juden in den Einsatz für die Stadt und das Land. Gebet ist Tun! Dieses Gebet ist eine Verstärkung des abrahamitischen Segens in Gen.12, 3, den Abraham auf dem Weg ins neue Land bekommt und der für die ganze Welt gelten soll. Jeremia verkündet diesen Segen, der im heiligen Land ausgesprochen wird für das fremde Gastland.
Es gibt keinen „Privatfrieden“ für eine einzelne Gruppe, sondern nur für alle, die miteinander leben. Der wirkliche Frieden hat nichts mit Gewalt und Kuschen zu tun, nicht ein säkularer Frieden, sondern ein Schalom, in dem der eine Gott anerkannt wird, auch wenn andere nicht Juden werden müssen. Die Aufgabe ist nicht die Missionierung, sondern die Hinführung zu dem EINEN und zu den Wurzeln. Und wenn der König von Babel eine Idee vom EINEN Gott bekommt, kann er keinen Götzendienst vernichten. > Vgl. Daniel, der die Bekehrung des Belsazars gelingt, nicht zum Judentum, sondern zum einen Gott. Schalom kommt von „schalem = ganz“ und bedeutet integer, in Ganzheit mit sich selbst, mit Gott und seinem Umfeld.
In Amerika weht auf jeder Synagoge die amerikanische Flagge und es wird für die amerikanische Regierung und die Nation in jedem Gottesdienst gebetet. In GB wird für die Queen gebetet und in alten deutschen Gebetbüchern standen Gebete für den Kaiser. Für das Wohl der Nation zu beten, in der Juden leben, geht auf diesen Vers zurück.
Das Fragen nach dem Frieden der Stadt führt zur Aktivität für den Frieden. Überall waren Juden Philanthropen = Menschenliebhaber. In Frankfurt gibt es das „Philanthropin“, eine jüdische Schule. Die Stadt, in der Juden leben, soll in „Ganzheit“, intakt, integer, ohne Zerrissenheit leben und existieren.
Wegen ihres Einsatzes für Deutschland konnten Juden nicht verstehen, dass sie später vernichtet werden sollten.

V10 Ja, so hat ER gesprochen: Ja denn, erst wenn sich Babel siebzig Jahre erfüllten, ordne ich zu für euch, lasse über euch erstehn meine Rede, jene gute, euch an diesen Ort heimkehren zu lassen.
Die Zahl 70 gibt den Anhaltspunkt für die wahre Prophetie. Nichts anderes wird sich bewahrheiten. Sie stellt aber in auch in Aussicht, dass Gott die Rückkehr seines Volkes schon jetzt plant. Gott hat bereits in der Phase der Korrektur die Erlösung und Rückführung im Sinn. Die Zahl bedeutet einen abgeschlossenen Zyklus.

V11 כי אנכי ידעתי את המחשבת אשר אנכי חשב עליכם נאם יהוה מחשבות שלום ולא לרעה לתת לכם אחרית ותקוה׃
Denn ich, ich weiß die Planungen, die ich über euch plane, ist SEIN Erlauten, Planungen des Friedens, nicht zum Bösen mehr, euch Zukunft und Hoffnung zu geben
.
Selbst säkulare, russische Juden, die Chovevej Zion1881 in Rumänien gründeten und nach Israel einwanderten, beriefen sich auf diesen Vers und zitierten ihn in ihrer Literatur. Sie ließen sich in allem Elend der ersten Pioniere von diesem Satz ermutigen.
Gott denkt über das Exil hinaus. Es gibt eine Zukunft und eine Hoffnung. Dieses Exil ist nicht die Endstation.

12 Dann ruft ihr mich an, geht, betet zu mir, und ich will euch erhören, 13 dann verlangt ihr nach mir, und ihr werdet finden: wenn ihr mich mit all eurem Herzen sucht, 14 will ich mich von euch finden lassen, ist SEIN Erlauten. Ich lasse euch Wiederkehr kehren, ich hole euch zuhauf aus allen Stämmen, aus allen Orten, wohin ich euch versprengte, ist SEIN Erlauten, ich lasse euch heimkehren an den Ort, woher ich euch habe verschleppen lassen. 15 Ihr sprecht ja: Erstehn ließ ER uns Künder nach Babel!
Die große Verheißung kommt inmitten der Nacht, und in der Not scheint schon das Licht.

16Ja denn, so hat ER gesprochen von dem König, der auf Dawids Stuhle sitzt, und von allem Volk, das in dieser Stadt sitzt, euren Brüdern, die nicht mit euch in die Verschleppung zogen, 17so hat ER der Umscharte gesprochen: Nun sende ich aus wider sie das Schwert, den Hunger, die Seuche, ich gebe, daß sie werden wie die aufgeplatzten Feigen, die nicht gegessen werden können vor Schlechtigkeit, 18ich jage ihnen nach mit dem Schwert, mit dem Hunger, mit der Seuche, ich gebe sie zum Popanz für alle Königreiche der Erde, zum Droheid, zum Erstarren, zum Zischeln, zum Hohn unter allen Stämmen, dahin ich sie versprengte, – 19dafür, daß sie auf meine Rede nicht hörten, ist SEIN Erlauten, da ich zu ihnen meine Diener, die Künder sandte, Sendung vom Frühmorgen an, ihr aber hörtet nicht, ist SEIN Erlauten.
Diese Nachricht gilt für diejenigen, die nicht verschleppt wurden. Auch sie erhalten ihre Abrechnung. Und beide Gruppen müssen übereinander informiert werden. Keiner kommt um die Abrechnung herum.

19 dafür, daß sie auf meine Rede nicht hörten, ist SEIN Erlauten, da ich zu ihnen meine Diener, die Künder sandte, Sendung vom Frühmorgen an, ihr aber hörtet nicht, ist SEIN Erlauten.
Das Hören ist im Judentum besonders wichtig, denn das Sehen ist trügerisch. Der Mensch sieht nur, was vor Augen ist. Am Sinai hört das Volk den unsichtbaren Gott, der nicht will, dass Menschen sich ein Bildnis machen. Nur das Hören auf Gott im Herzen führt zu IHM. Die Stimme spricht Bände und lässt ins Herz sehen. Es ist nicht leicht, auf den transzendenten Gott zu hören, aber es ist möglich, im Inneren Bilder entstehen zu lassen: Dtn.6,4  Höre, Jisraël! Der Ewige ist unser Gott; der Ewige ist Einer.
Rilke: Höre auf und höre hin!
Die Anatomie zeigt schon, dass wir unsere Augen verschließen können, nicht aber unsere Ohren. Das Hören erfordert volle Konzentration und Mitdenken.

21 So hat ER der Umscharte, der Gott Jissraels, gesprochen: Von Achab Sohn Kolajas und von Zidkijahu Sohn Maassejas, die euch mit meinem Namen Lüge künden: wohlan, ich gebe sie in die Hand Nebukadrezars Königs von Babel, daß er sie vor euren Augen erschlage.
Achab = Gott Vater ist mein Bruder oder: im Bruder sehe ich Gott Vater
Kolaja = die Stimme Gottes; durch ihn soll man Gottes Stimme hören können
Zidkijahu = Gott ist Gerechtigkeit; er soll ein Spiegel der Gerechtigkeit Gottes sein
Ma’asseja = Gottes Tat

V23 ען אשר עשו נבלה בישראל וינאפו את נשי רעיהם וידברו דבר בשמי שקר אשר לוא צויתם ואנכי הוידע ועד נאם יהוה׃    weil sie Schändliches taten in Jissrael, buhlten mit den Weibern ihrer Genossen, redeten Lügenreden mit meinem Namen, was ich ihnen nicht hatte entboten – ich aber bin der Wissende und der Zeuge, ist SEIN Erlauten.
Gott ist der Wissende und Zeuge. Zeuge (ed עֵד) kommt von lada’at לדעַת = erkennen. Wer etwas weiß, kann es bezeugen. Wer Gott kennt, muss IHN bekennen.

26Gegeben hat ER dich als Priester an den Platz Jejohadas, des Priesters, damit in SEINEM Haus Verordnete seien wider alljeden einherrasenden מְשֻׁגָּע (meschuga), einherkündenden Mann, daß du den in den Krummblock und in den Halszwang gebest, – 27jetzt also, warum verschiltst du nicht Jirmejahu den Anatotiter, der euch einherkündet?!
„einherrasen“ ist ein Zustand eines Propheten, wenn er in außersinnlichen Verzückungszuständen und damit unter Kontrollverlust war.

31 Sende an alle Verschlepptenschaft den Spruch: So hat ER von Schmaja dem Nechelamiter gesprochen: Weil euch Schmaja gekündet hat, da ich, ich ihn nicht gesandt hatte, ließ an Lüge euch sicher werden, 32 darum, so hat ER gesprochen, wohlan, ich ordne es zu Schmaja dem Nechelamiter und seinem Samen: nicht wird ihm ein Mann bleiben, siedelnd inmitten dieses Volks, nicht wird er das Gute sehn, das ich meinem Volke tue, ist SEIN Erlauten, denn Abwendiges hat er wider MICH geredet.
Gott rechnet mit den falschen Propheten ab, auch wenn er dem Volk ermutigende Zusagen gibt. Das böse Tun öffnet die Tore des Bösen, während das gute Tun die Tore des Guten geöffnet werden. Das eigene Handeln ruft die Konsequenzen hervor, die Gott zulässt. Das Böse in der Welt kann sich nur ausbreiten, wenn wir ihm die Tore dazu öffnen. Das tun wir, wenn wir die Quelle des lebendigen Wassers verlassen. Gib vielmehr dem Guten Raum, indem du „tamim“ (= ganz, whole hearted) mit Gott gehst. Das Gute ist letztendlich stärker als das Böse. Das Gute wartet auf  uns, aber es ergießt sich nicht von selbst.
Talmud: Die Welt Gottes ist ein Spiegel der Welt unten. Die Welt oben reagiert auf das Handeln in der Welt unten. So ist alles ständig im Austausch. Alles hat Folgen, auch unsere Gedanken.

Jeremia 31

1Zu jener Zeit, ist SEIN Erlauten, werde ich zum Gott allen Sippschaften Jissraels, und sie werden mir zum Volk.2So hat ER gesprochen: Gefunden hat Gunst in der Wüste das Volk, die dem Schwerte entrannen, – geh auf seinen Rastbefehl zu, Jissrael 3 fernher gibt sich ER mir zu sehen! – und mit Weltzeit-Liebe liebe ich dich, darum erstrecke ich dir die Huld.
Gott liebt sein Volk mit ewiger Liebe. Diese Liebe ist unkündbar! Ohne diese Liebe gibt es kein Juden- und kein Christentum. Darum folgen Trostworte über Trost- und Heilungsworte.

4Wieder will ich dich erbauen, daß du auferbaut bist, Maid Jissrael, wieder schmückst du mit Pauken dich und fährst aus in der Spielenden Reigen,5wieder pflanzest Weingärten du auf den Bergen Samarias, Pflanzer pflanzen und dürfen auch schon genießen.6Ja, es west ein Tag, da rufen Wächter im Gebirg Efrajims: Macht euch auf, steigen wir den Zion hinan, zu IHM unserm Gott!7Ja, so hat ER gesprochen: Jubelt Freude Jaakob zu, jauchzt den Weltstämmen zuhäupten, lassets hören, preiset, sprecht: Befreit hat ER sein Volk, den Überrest Jissraels!8Wohlan, aus dem Nordland lasse ich sie kommen, hole zuhauf sie von den Flanken der Erde, unter ihnen Blinde und Lahme, Schwangre und Gebärende zumal, – eine große Versammlung, kehren hierher sie zurück.
Efraim (= Doppelfrucht) bezieht das Nordreich mit ein, Jakob und Israel meinen immer das gesamte Volk.

9 Mit Weinen werden sie kommen, mit Gnadenrufen leite ich sie, gängle sie zu Wasserbächen, auf ebenem Weg, darauf sie nicht straucheln. Denn zum Vater bin ich Jissrael worden, mein Erstling ist Efrajim.
Gott ist Vater seines Volkes, vgl. Mal.2,10. Gott war schon immer Vater Israels, aber es wird am Ende der Zeit sichtbar. Auch die Völker sollen diese Botschaft hören >

V10 Weltstämme, hört SEINE Rede und meldets den Küsten der Ferne, sprecht: Der Jissrael worfelte, holt es zuhauf, hütets wie der Hirt seine Herde, … 13 Dann freut die Maid sich im Reigen, Jünglinge und Alte zumal: Ich wandle ihre Trauer in Wonne, ich tröste sie, nach ihrem Gram erfreue ich sie.
Maid ist eine junge Frau, keine Jungfrau! ER wandelt Weinen in Wonne!

14 Der Priester Seele erfrische ich mit Mark, mein Volk sättigt sich meiner Guttat, ist SEIN Erlauten.
Es wartet nur noch Gottes Gute auf das Volk, Fülle in allem du für alle (V8: Blinde und Lahme, Schwangere und Gebärende).

15So hat ER gesprochen: Eine Stimme ist in Rama zu hören, ein Wehgesang, ein Weinen der Bitternis. Rachel verweint sich um ihre Söhne, weigert, sich trösten zu lassen um ihre Söhne, ach, keiner ist da!16So hat ER gesprochen: Wehre deiner Stimme das Weinen, deinen Augen die Träne, denn es west ein Lohn deinem Werk, ist SEIN Erlauten, aus dem Feindesland kehren sie heim,
Rachel = Mutterschaf; im Bild ist sie die Mutter der Nation, die alle beieinander halten will. Sie gilt als über die Zeit hinaus Trauernde. Sie verkörpert die Rückkehr aus dem Exil, denn sie stirbt auf dem Weg zurück nach Israel und muss vor Bethlehem (Ramat Rachel) begraben werden. Sie verkörpert die Ambivalenz zwischen Leben und Tod sowie zwischen Exil und Rückkehr. Somit ist sie dem jüdischen Volk so nah und Mutter des Volkes.
Gott tröstet sie und wird somit ein „Nehemia = Tröster“.
Dieser Vers soll im modernen Israel Trost sein für die Hinterbliebenen von gefallenen Soldaten, denn der Tod hat nicht das letzte Wort.

17 eine Hoffnung west deiner Zukunft, ist SEIN Erlauten, Söhne kehren in ihre Gemarkung. 18Gehört, gehört habe ich, wie sich schüttelnd Efrajim klagt: – Du hast mich gezüchtigt, und ich empfing die Zucht wie ein ungelehriges Stierkalb, kehren lasse mich nun, daß ich umkehren kann, DU bist ja mein Gott!19Ja, nach meiner Abkehr habe ichs mir leidsein lassen, nachdem mir kundward, klatschte ich mich auf die Lende, ich schämte mich, ich war gar verzagt, denn meiner Frühe Schmach muß ich tragen.
Efraim kehrt um, zeigt sich einsichtig, dass es die Zucht durch Gott erfahren musste.

20 – Ist mir denn Efrajim ein so teurer Sohn oder ein Kind des Ergötzens Liebhabens?! Wie oft ich ja wider ihn rede, muß ich sein denken noch, denken. Drum wallt ihm mein Eingeweid zu, ich muß sein mich erbarmen, erbarmen, ist SEIN Erlauten.
Gott ist ein barmherziger Gott, der alles wieder gut macht, was ER als Erziehungsmaßnahme seinem Volk zumuten musste. Selbst in der größten Härte ist Gott der liebende Gott, voller guter Gedanken an uns! Menschen in den Gaskammern erlebten, dass sie nicht verlassen waren.

21Stelle Meilensteine dir auf, setze Gemerke dir hin, richte dein Herz auf die Straße, den Weg, den du gegangen warst, kehre wieder, Maid Jissrael, kehre wieder zu diesen deinen Städten!
Auf dem Weg, den sie ins Exil gehen mussten, werden sie zurückkehren. Sie werden diesen Weg erkennen können.

22 Bis wann willst du dich spröde gehaben, abkehrige Tochter du! – Ein Neues ja schafft nun ER auf Erden: das Weib muß umwandeln den Mann. –
Die Frau tanzt um den Mann bei den Hochzeitsgesängen. Es gibt wieder Freude geben. Es gibt wieder den Gesang von Braut und Bräutigam!

V23 So hat ER der Umscharte gesprochen, der Gott Jissraels: Noch wird man diese Rede sprechen im Land Jehuda, in seinen Städten, wann ich ihnen Wiederkehr kehren lasse: Segne dich ER, Wahrhaftigkeitstrift, Berg der Heiligkeit! 24Siedeln werden darin Jehuda und all seine Städte zumal, Bauern und die ziehn mit der Herde. 25 Ja, die ermattete Seele erfrische ich, fülle alle schmachtende Seele.
Fülle, Frische

26  Darüber heißts: Ich erwachte, ich sah mich um, da erst wurde süß mir mein Schlaf. – 27Wohlan, Tage kommen, ist SEIN Erlauten, da besame ich Haus Jissrael und Haus Jehuda mit Samen von Menschen und Samen von Vieh.
Hier kommen Nord- und Südreich wieder zusammen.

28 Es soll geschehn: wie ich zeitig mich regte über ihnen, auszureuten, einzureißen, abzuschwenden, niederzuschleifen, böszutun, so will ich zeitig mich regen über ihnen, zu bauen, zu pflanzen, ist SEIN Erlauten.
Rückbindung an Jeremia 1, denn jetzt geht es um Bauen und Pflanzen. Hier schließt sich der Kreis.

30 Sondern – um eigne Schuld stirbt der Mann – : jeder Mensch, der Herlinge (saure Trauben) ißt, dem werden stumpf die Zähne.
Jeder Mensch ist für seine eigene Schuld verantwortlich. Die Einsicht wird so groß sein, dass die Söhne die Fehler der Väter nicht wiederholen werden.

31 Wohlan, Tage kommen, ist SEIN Erlauten, da schließe ich mit Haus Jissrael und mit Haus Jehuda einen neuen erneuerten Bund. 32 Nicht wie der Bund, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe am Tag, als an der Hand ich sie faßte, sie aus dem Land Ägypten zu führen: daß sie selber diesen meinen Bund trennen konnten, – und war ichs doch, der sich ihrer bemeistert hatte, SEIN Erlauten. 33 Denn dies ist der Bund, den ich mit dem Haus Jissrael schließe nach diesen Tagen, ist SEIN Erlauten: ich gebe meine Weisung in ihr Innres, auf ihr Herz will ich sie schreiben, so werde ich ihnen zum Gott, und sie, sie werden mir zum Volk. 34 Und nicht brauchen sie mehr zu belehren jedermann seinen Genossen, jedermann seinen Bruder, sprechend: Erkennet IHN! Denn sie alle werden mich kennen, von ihren Kleinen bis zu ihren Großen, ist SEIN Erlauten. Denn ihren Fehl will ich ihnen verzeihen, ihrer Sünde nicht mehr gedenken.
Der Bund ist ein erneuerter Bund, denn der Bund des Moses ist nicht abgeschafft! Der Bund wird ins Innere, ins Herz gelegt und nicht mehr nur im Äußeren bleiben. Es wird eine innere Reinigung geben, sodass der Jude nicht mehr sündigen kann. Inhaltlich ist der Bund nicht neu, sondern formal, weil sich alles  im Herzen abspielt. Die Ideen der Sünde werden absurd sein. Jeder Jude wird seinen Gott erkennen.
Das Volk bleibt erhalten. Der Bund mit Israel und Juda wird erneuert. Da gibt es keine Zielgruppenveränderung, keine Nichtjuden! Alle werden den EINEN Gott Israels erkennen, ohne dass jemand belehrt werden muss. Die gigantische Erkenntnis wird alle Menschen erfüllen, sodass man in Liebe einander begegnen kann.
In den folgenden Versen gibt es einen Bund mit der Natur.

35So hat ER gesprochen, der die Sonne zum Licht gibt bei Tag, nach Satzungen, Mond und Sterne zum Lichte bei Nacht, der das Meer emporwinkt, daß seine Wellen toben, sein Name ER der Umscharte: 36 Könnten diese Gesetze mir vorm Antlitz je schwinden, ist SEIN Erlauten, dann nur könnte Jissraels Samen aufhören ein Stamm zu sein mir vorm Antlitz alletag. 37 So hat ER gesprochen. Könnten gemessen je werden die Himmel droben, könnten durchspäht je werden die Erdgründe drunten, dann nur könnte ich verwerfen allen Samen Jissraels um alles, was sie getan haben, ist SEIN Erlauten.
Israel kann NIE verworfen werden, denn Gott ändert ja auch die Natur nicht! Trotz Pogromen, trotz Züchtigung ist die gesamte Natur Zeuge dafür, dass Gott SEIN VOLK NIE VERWIRFT! Diese Sätze haben Christen 2000 Jahre nicht verstanden. Ebenso haben sie Paulus nicht verstanden, der gesagt hat, dass Gott sein Volk nicht verworfen hat.

38 Wohlan, Tage kommen, ist SEIN Erlauten, da wird MIR die Stadt wiedererbaut vom Turm Chananel bis zu dem Ecktor,
Chananel ist nicht zu verorten, bedeutet aber: die Gnade Gottes.

39ihm gegenüber ausfährt die Meßschnur weiter zum Hügel Gareb, wendet sich hin nach Goa. 40Und all das Tal – die Äser und die Fettasche – , alle Fluren bis zum Bach Kidron, bis zur Ecke des Roßtors nach Osten, geheiligt ist das dann MIR, nie wird es gereutet, nie wird es geschleift in Weltzeit.
Orte um Jerusalem herum sollen gereinigt werden. Und das Heilige wird weit über den Tempel hinausgehen. Kidron von kadar = schmutzig; Schwarzbach. Das Dunkle und Schmutzige soll weggenommen werden, und zwar bis in alle Ecken. Und jetzt kommt die Sanierung. Jede Zerstörung führt zum Aufbau, denn:
Gott liebt sein Volk auf ewig.

Protokoll eines Jesaja-Seminars

Von meiner kundigen, „künden“ Gattin Debora (Ri. 4) zu den Kapiteln 1, 2, 6, 7, 9, 40, 43, 55
http://deine-wurzel.de/

Einleitung Prophet

Propheten sind das Sprachrohr Gottes. Das griechische Wort Prophet heißt allerdings eher, etwas wahrsagen. Das hebr. Wort Navi ist ein Künder, ein Mahner, ein Korrektiv, ein Warnender im Auftrag Gottes. Er soll die Menschen aufrütteln und warnen vor den Konsequenzen ihres Fehlverhaltens. Er weist in die Zukunft, sowohl im Guten wie im Bösen. Er kündet immer aus der Beziehung zu Gott. Der Navi ist ein Visionär.
Der Navi unterliegt keiner Zensur, im Gegensatz zu Königen, Priestern und Richtern. Ein Navi redet und tut das, was Gott ihm sagt. Hosea musste sogar eine Hure heiraten. Die harten Worte darf er jedem sagen, dem König, dem Priester und dem Richter. Er darf all diesen „Beamten“ die Leviten lesen. Er gehört nur der „Gottespartei“ an, ist also unparteilich. Seine Botschaften sind unbequeme, unangenehme Wahrheiten. Die meisten Propheten wollen gar nicht Navi sein. Sie leben im Zwiespalt, wenn Gott sie anspricht und beruft. Aber der Navi kann sich nicht entziehen, weil die Berufung ins Innere geht. Der echte Navi ringt mit sich und Gott, lässt uns teilhaben an seinen Zweifeln und Ängsten, die er überwinden muss. Er durchlebt Entbehrungen, lässt die Bequemlichkeiten des Lebens hinter sich, lässt jeden materiellen Status hinter sich, um sich auf die Seite Gottes zu stellen. Auch das familiäre Leben ist sehr eingeschränkt.
Der Navi steht treu zum Wort Gottes und ist durchlässig für Gott. Er macht sich unbeliebt bei Menschen und beliebt bei Gott. Der Navi erhebt keinen Absolutheitsanspruch. Ein Prophet erhebt solche Ansprüche, denn er verkündet Orakel, die umgesetzt werden müssen.
Auch Jesus weist ebenfalls auf unangenehme Wahrheiten hin, wenn er sich fragt, wie lange er sich über den Ungehorsam seiner Mitmenschen ärgert.

Die falschen Propheten führen kein integres Leben, genießen Ansehen und Äußerlichkeiten.

48 Neviim sind in der jüdischen Tradition bekannt. Abraham war der erste Navi. Außerdem gibt es 7 Neviot: Hanna, Miriam, Abigail, Debora, Ester, Hulda, Sara (gleichberichtigt mit ihrem Mann). Die Gattinnen der Neviim heißen auch Neviot, ohne selber Nevia zu sein.

Bubers Übertragung der Schrift

Die Bibel wurde mündlich tradiert, weshalb das Wort wichtig ist. Das Wort ist somit inwendig, während die Bibel in der Verschriftlichung auswendig vorliegt. Darum teilt Buber seine Übertragung der Schrift in Atemeinheiten ein (Colometrie). Buber will die Worte des Hebräischen und den Klang der hebräischen Sprache nachempfinden.
Die hebräische Sprache ist sehr kompakt. Das will Buber durch Neuschöpfung von Worten hörbar machen: er gastete, er priesterte, er königte, er amtete. Subjekt und Tätigkeit verschmelzen.

Einleitung Jesaja

Lieblingsprophet Jesu, er zitiert nach Tora und Psalmen ihn am häufigsten. Beide tragen denselben Namen: Jeschajahu = Gott rettet. Für beide ist es Programm, dass Gott ihr Erlöser, Heiland, …ist.

Name der Gedenkstätte Jad Vaschem steh in Jes.56, 5 ונתתי להם בביתי ובחומתי יד ושם טוב מבנים ומבנות שם עולם אתן לו אשר לא יכרת׃ = ihnen gebe ich in meinem Haus, in meinen Mauern ein Handzeichen, ein Namensmal, besser als Söhne und Töchter, jedem gebe ich ein Namensmal für Weltzeit, das nie ausgerodet wird.

Jesaja ist ein sehr bodenständiger Prophet, im Gegensatz zu Hesekiel, der sehr scharfzüngig ist. Jesaja spricht mit den Königen (Hofprediger/ Hofprophet) und mit dem Volk. Er hält Kontakt mit den Königen des Südreiches, denn er will sie an ihre Verfehlungen mahnen. Jesaja kommt aus der Aristokratie, denn mit Königen steht er auf du und du. Amoz = der Mutige. Er war der Bruder des Königs Usijahu (2. Chron.) Das zeigt die Verwandtschaft  des Jesaja. Aber als Navi ist er bereit, auf alles zu verzichten.
Jesaja ist ein nüchterner, souveräner Prophet und geht nicht so stark in der Leid seines Volkes hinein. Jeremia kann zwischen seinem eigenen Leid und dem Leid seines Volkes nicht unterscheiden, weil er sein Volk so liebt. Jesaja verkündet Freude und sieht das Licht am Ende eines jeden Tunnels, wenn er harte Strafen ankündigen muss (Untergang des Nordreiches 722v.d.Z. > Exil nach Assyrien, König Salmanasse, der die 10 Stämme deportiert und das Land zerstört). Entsprechend benutzt er häufig die Metapher „Licht“ und bleibt dabei nüchtern, gerät nicht in Ekstase.
Jesaja lebt in einer konfliktreichen Zeit politischer Spannungen, in der Israel in einem Zustand der Orientierungslosigkeit ist. Er ist ein „Navi“ = Künder. Er stammte aus Jerusalem. Da er Künder sowohl für das Süd- wie das Nordreich war, ist auch sein Prophetenbuch so lang. Er warnte das Nordreich vor dem anstehenden Exil, dann auch vor der Zerstörung des Nordreichs 587v.d.Z. durch die Babylonier. Er gibt sein ganzes Herz, um das Volk zu warnen. In allem ist er bereit, sein Blut zu geben sowohl für die harten Worte als auch für die Tröstungen. Alle 66 Kapitel gehören nach der jüdischen Tradition zu Jesaja. Es gibt keine Dreiteilung wie in der historisch-kritischen Theologie.
Jesajas Schüler waren Amos, Micha und Hosea. Neviim (Plural von Navi) haben immer Schüler, aber das Amt des Navi wird nicht vererbt wie das Königs- oder Priesteramt. Der Navi wird von Gott durch seinen Geist berufen, Richter werden vom Volk gewählt. Jesaja reflektiert die Kriege aus den Büchern der Könige und der Chronik.

Jesaja hat viele Visionen.
1,1 Schauempfang Jeschajahus Sohns des Amoz, den er über Jehuda und Jerusalem empfing in den Tagen Usijahus Jotams Achas‘ Chiskijahus, Könige von Jehuda.
חֲזוֹן יְשַׁעְיָהוּ בֶן אָמוֹץ אֲשֶׁר חָזָה עַל יְהוּדָה וִירוּשָׁלִָם בִּימֵי עֻזִּיָּהוּ יוֹתָם אָחָז יְחִזְקִיָּהוּ מַלְכֵי יְהוּדָה

2,1 NHTS   Das Wort, das Jescha’jahu, Sohn Amoz‘, geschaut über Jehuda und Jeruschalaim
הַדָּבָר אֲשֶׁר חָזָה יְשַׁעְיָהוּ בֶּן אָמוֹץ עַל יְהוּדָה וִירוּשָׁלִָם

Wenn der Vater Amoz so stark erwähnt wird, kann davon ausgegangen werden, dass auch der ein Navi war. Jesaja kommt aus einer Tradition, Visionen  zu haben. Amoz = der Wagemutige, Vorwärtspreschende, Durchhaltender. (So nannte Paulus auch seine traditionelle Linie in Apg.23,6: Pharisäer, Sohn von Pharisäern). Es wird angenommen, dass der Vater Amoz verwand war mit einem König, sodass er aus königlichem Haus kam.

Die Frage ist, wie kann er ein WORT schauen? Wenn der Prophet in der „Verzückung“ ist, sind die Sinne nicht eindeutig getrennt. Schauempfang ist eine intensive Begegnung mit Gott und spricht alle Sinne an, überhöht die Sinne. Es ist alles auf einmal da. Das ist ein Zeichen für den Navi, dass er sich nicht etwas einbildet, sondern dass Gott spricht. Dawar  דָּבָר (griech: logos) heißt auch: Sache, Geschehen. So entstehen u.U. diese Metaphern des Sprachrohrs Gottes. Oft können die Propheten nicht mehr stehen und fallen um. > Synästhesie.
דָּבָר Dawar heißt mehr: Wort, Sinn, Kraft, Tat, Offenbarung > Gott spricht in mein Leben, legt Kraft in sein Wort, sodass es mich verwandelt, mich neu schafft (Neuschöpfung und Transformation). Deshalb bekommt er in Jes. 6 die Kohle, die diese Verwandlung sichtbar und fühlbar macht.

Exkurs Faust Kap.6: Studierzimmer

Doch dieser Mangel läßt sich ersetzen,
Wir lernen das Überirdische schätzen,
Wir sehnen uns nach Offenbarung,
Die nirgends würd’ger und schöner brennt
Als in dem Neuen Testament.
Mich drängt’s, den Grundtext aufzuschlagen,
Mit redlichem Gefühl einmal
Das heilige Original
In mein geliebtes Deutsch zu übertragen,

(Er schlägt ein Volum auf und schickt sich an.)

Geschrieben steht: »Im Anfang war das Wort!«
Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort?
Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,
Ich muß es anders übersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.
Bedenke wohl die erste Zeile,
Daß deine Feder sich nicht übereile!
Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
Es sollte stehn: Im Anfang war die Kraft!
Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,
Schon warnt mich was, daß ich dabei nicht bleibe.
Mir hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat
Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!

2,2 Geschehn wirds in der Späte der Tage: festgegründet ist der Berg SEINES Hauses zu Häupten der Berge, über die Hügel erhaben, strömen werden zu ihm die Weltstämme alle, 2,3 hingehn Völker in Menge, sie werden sprechen: »Laßt uns gehn, aufsteigen zu SEINEM Berg, zum Haus von Jaakobs Gott, daß er uns weise in seinen Wegen, daß auf seinen Pfaden wir gehn! Denn Weisung fährt von Zion aus, von Jerusalem SEINE Rede.«

Jesaja geht zu seinem Volk und befasst sich partikular mit seinem Volk. Andererseits sieht er für die Ende der Tage alle Nationen in Jerusalem! Somit ist Jesaja der weltoffenste Prophet.  Jerusalem ist in seiner Vision die Hauptstadt der ganzen Welt. Von hier geht das Wort Gottes aus in ALLE WELT! Jerusalem und Zion haben eine Verpflichtung, eine Aufgabe gegenüber den Nationen dieser Welt.

2,4 ZUR   Und er wird Recht sprechen zwischen den Völkern und Weisung geben vielen Nationen;

Nordreich – Südreich

Die Teilung entstand nach dem Tod Schlomos als Konsequenz auf seine Vielweiberei und den daraus entstandenen Götzendienst. Zum Südreich gehörten Juda und Benjamin mit Jerusalem und dem Tempel.
Die Könige des Nordreiches opferten deshalb oft in Bethel und Dan, wo sie Götzendienst praktizierten.
Das Doppelanliegen der Neviim ist, den Götzendienst zu unterlassen und Nächstenliebe zu üben.
Jesaja ist Prophet im Nord- und Südreich, aber überwiegend des Südreiches. Eine solche Doppelberufung ist selten. Amos > Südreich, Hosea, Elija, Obadja > Nordreich
Im Südreich eskaliert die Situation nicht so stark, weil dort zum einen der Tempel steht und die davidische Linie fortbesteht. Im Nordreich kommt es zu ständigen Dynastiewechseln.

Jesaja und die Propheten haben ihre Tora vor Augen. Von der Tora bis in die Propheten gibt es eine rote Linie. Deshalb muss man intertextuell in der Bibel arbeiten. Dabei wissen die Propheten, dass der Mensch mit Götzendienst gegen sich selbst handelt.  Der Mensch handelt gegen seine von Gott geschaffene Konstitution. Es ist Gottes Liebe, dass er den Propheten (Seher) ins Volk schickt, der die Missstände sieht und die Folgen kündet (Navi= Künder). Und alle möglichen Missstände und deren Folgen stehen schon im 5. Buch Mose. Darauf brauchen sich die Neviim nur zu berufen.
Die besonders schwierige Situation damals war für Israel, dass es in einem völlig heidnischen Umfeld lebt und sieht, wie die umliegenden Völker mit ihrem Kult leben. Es gibt überall Skulpturen und heidnische Bräuche, die verführerisch wirken. Gott erwartet von seinem Volk, dass es sich deutlich von den anderen Völkern unterscheidet.
Die Könige waren gehalten, eine „eigene“ Tora abzuschreiben, sodass sie die Weisungen Gottes kennen mussten.

5.Mo 17 14Wenn du in das Land kommst, das ER dein Gott dir gibt, es ererbst, darin siedelst, du sprichst: Ich will einen König über mich setzen, wie all die Stämme, die rings um mich sind,15setze, einsetze über dich einen König, den ER dein Gott erwählt, aus dem Kreis deiner Brüder sollst du einen König über dich setzen, …  18Es sei: sowie er sich auf den Thron seines Königtums niederließ, schreibe er sich den Doppel dieser Weisung auf ein Buch aus dem unter der Aufsicht der Priester, der lewitischen, 19das sei nun bei ihm, er lese darin alle Tage seines Lebens, damit er lerne, IHN seinen Gott zu fürchten, zu wahren alle Reden dieser Weisung und diese Gesetze, sie zu tun,20daß keinesfalls sein Herz sich seinen Brüdern enthebe und daß er keinesfalls dem Gebot entweiche rechts oder links, damit er Tage längre auf seinem Königtum, er und seine Söhne, im Innern Jissraels.

Alle Propheten sind davon überzeugt, den Kindern Israel den falschen Weg austreiben zu können, weil die Bundesschlüsse Gottes mit seinem Volk doch in seinen Genen liegen müssen. Am Ende muss das Gute siegen, weil es im Innersten geprägt ist vom Sinai-Bund und derzeit nur vernebelt ist. Israel weiß, dass es nur einen Gott gibt und Götzendienst ist eine Sinnestäuschung. Deshalb reagieren die Propheten so heftig – in Liebe.

Dtn.7,7  SCHL2    Nicht deshalb, weil ihr zahlreicher wärt als alle Völker, hat der Herr sein Herz euch zugewandt und euch erwählt — denn ihr seid das geringste unter allen Völkern —, 7,8 sondern weil der Herr euch liebte und weil er den Eid halten wollte, den er euren Vätern geschworen hatte, darum hat der Herr euch mit starker Hand herausgeführt und dich erlöst aus dem Haus der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten.

Jesaja Kap. 1

V1 BRU   Schauempfang Jeschajahus Sohns des Amoz, den er über Jehuda und Jerusalem empfing in den Tagen Usijahus Jotams Achas‘ Chiskijahus, Könige von Jehuda.

Jeschajau = Jeschu = Gott ist mein Retter, Erlöser (wie Jesus)

4 Könige werden genannt, denn 4 ist die Universalität. Jehuda ist das Südreich und bedeutet: der Dankbare.
Usijahu = Gottes Kraft;
Jotam = Gott ist rein, vollkommen;
Achas = Gott hat  mich erfasst;
Chiskijahu = Gott ist meine Stärke. Die Könige praktizierten Gottes Willen nicht, außer Chiskijahu, der sich aufwühlen lässt zur Umkehr zu Gott.

V2 Horchet, Himmel, lausche, Erde, denn ER hat geredet: Söhne zog ich groß, brachte ich hoch, und die, abtrünnig wurden sie mir.

Jesaja ruft die ewige Schöpfung als Zeugen an. Er legitimiert sich durch die Könige und durch die Zeugen, die er hinzuruft. Die Abtrünnigen sind sozialkritisch zu verstehen.

V3 Ein Rind erkennt seinen Eigner, ein Esel die Krippe seines Meisters, der nicht erkennt, ist Jissrael, der nicht unterscheidet, mein Volk.

Das ist eine Parabel, ein Bild und ein Vergleich mit der Natur, um etwas zu veranschaulichen, das mit dem Halten von Rind und Esel zu tun hat. Eigner und Meister stehen für Gott. Wir sind Gottes Eigentum. Landwirtschaftliche Bilder sind bekannt, ebenso die Beziehung, die zwischen Vieh und Eigner entstanden ist. Diese liebevolle Beziehung bleibt in der Kritik bestehen, indem Gott noch von „meinem Volk“ spricht. Israel wird immer Gottes Volk bleiben.

V4 Weh, wegverfehlender Stamm, schuldbeschwertes Volk, Saat Bösgesinnter, verderbte Söhne! sie haben IHN verlassen, den Heiligen Jissraels verschmäht, rückwärts sich abgefremdet.

Hört auf, euch zu benehmen, als wäret ihr nicht mein Volk. Ihr seid mein Volk durch den Bund am Sinai. Indem Israel anderen Göttern nachläuft und מַשְׁחִיתִים = masch’chitim = korrupt, verderbt ist, bleibt es aber sein Volk und seine Söhne. Die Milde liegt in der Schärfe. Es schmerzt Gott, dass das Volk sich von IHM abgewandt hat, fremdgeht. Wir sehen hier den verletzten Gott, einen betrogenen Ehemann in der Bildsprache der Bibel.

V5 Worauf noch wollt geschlagen ihr werden, da ihr euch immer weiter entfernt?! Alles Haupt ist der Krankheit worden, alles Herz ist siech!

Womit kann Gott das Volk noch erziehen, nachdem ER ihnen alles gegeben und eröffnet hat, nachdem sie schon Krankheiten und Leid erlebt haben (V6+7). Gott hat alles in der Hand, auch die Natur. Gott kann Dürre und Flut schicken, denn das soll zu Demut (הצְנֵעַ = hazne‘a), Bescheidenheit (עֲנָוָה = anawa) und Dankbarkeit erziehen, wenn wir dieses vergessen haben. „Wenn Gott will, steht alles still.“ Aber sie verstehen nicht, dass sie umkehren sollen zu IHM. Warum verstehen sie Gott nicht? Warum verstehen sie nicht ihre falschen Wege? Antropomorphismus > Gott wird mit menschlichen Eigenschaften dargestellt, damit er von Menschen verstanden wird. Dadurch wird Gott Mensch, der weint, der enttäuscht ist, der trauert.

V8 Die Tochter Zion blieb übrig wie eine Hütte im Weinberg, wie ein Nachtdach im Gurkenfeld, wie eine umschlossene Stadt.

Es bleibt zärtlich: Tochter, Söhne, mein Volk. Sie sind der Trost in der Schärfe. Das Nordreich ist zerstört sowie Jerusalem und es bleibt nur ein Rest, klein wie eine Hütte im Weinberg, wobei der Weinberg größtenteils vernichtet ist, vom Gurkenfeld ist nur noch ein Dach und die Stadt ist belagert, umzingelt

צְבָאוֹת = Zebaoth = der Umscharte ist der Herr der Heere im Himmel. ER hat „Entronnene“ = Überlebende übrig gelassen. Sodom und Gomorra waren Sünder vor Gott, waren Abschaum, Sündenpfuhl. Wenn Jesaja predigt, hat er immer die Völker und Israel im Blick. Er ist ein universeller Prediger, was unter den Propheten besonders ist, dem auch das Geschick der Völker wichtig ist. Gott vergleicht sein Volk mit dem Abschaum der Welt! Es gab dort auch nur wenige Entronnene: Lot und seine Töchter.
Im innersten Kern sind wir bei Gott alle geliebt. Er hat immer auch die Völker im Blick. Wer sich unanständig benimmt, bekommt die Abrechnung wie die bösesten Völker.

V10 So höret SEINE Rede, ihr Sodomsschöffen, so lauscht der Weisung unsres Gottes, Gomorravolk:

Der Aufruf zum Hören wird wiederholt wie in V2. Himmel und Erde können hören, aber Gottes Volk nicht! Die Kinder Israels hören wie in Sodom und Gomorra auf die falschen Richter, aber sie sollen endlich auf Gott hören.

V11 Wozu mir eurer Schlachtungen Menge? hat ER gesprochen, satt bin ich der Darhöhung von Widdern, des Mastkälberfetts, Blut von Farren, Lämmern, Böcken, danach gelüstet mich nicht.

Gott hat den Tempeldienst eingeführt, aber er schafft diesen heiligen Dienst ab, wenn seine Kinder nicht mehr mit dem Herzen bei der Sache sind. ER will die Liebe, die Nächstenliebe.

Hosea 6,6 … ja, ich habe an Huld Gefallen, an Schlachtmahl nicht, an Gotterkenntnis mehr als an Darhöhungen.

V12 Wenn ihr kommt, vor meinem Antlitz euch sehen zu lassen, wer hat dies von euch gefordert, das Zerstampfen meiner Höfe?! V13 Nicht weiter laßt vor mich Falschspende kommen, sie ist mir ein Greuelrauch! Mondneuung und Wochenfeier, Ausrufen von Gemeinberufung, Ich mags nicht: Arglist und Festgewühl!

Jesaja zeichnet das Bild einer permissiven Gesellschaft; die gesellschaftliche Ordnung wird zerstört, weil durch Synkretismus ein einheitlicher Wertmaßstab fehlt. Das Volk ist geworden wie Sodom und Gomorra. Das ist der Abschaum. Deshalb hasst Gott alle Kultpraktiken, selbst wenn es um Opfer, Schabbatfeiern, Neumond oder Wallfahrtsfeste geht. Sie werden nur missbraucht.

V14 Eure Mondneuungen, eure Begegnungszeiten haßt meine Seele, sie sind mir zur Bürde geworden, ich bin des Tragens müde.

Hier erleben wir wieder den mitfühlenden, mitleidenden Gott, der sogar hasst, was seine Kinder missbrauchen. Gott darf Gefühle ausdrücken, wieviel mehr erst der Mensch. Für Gott sind die Feiertage keine Lust mehr, sondern eine Last.

V15 Und breitet ihr eure Arme aus, ich verhülle vor euch meine Augen, und betet ihr auch die Menge, ich bin kein Hörender mehr: eure Hände sind Blutes voll!

Die Kinder Israel gehen über Leichen, morden und kommen mit blutigen Händen zu Gott. Darum kann und will er sie nicht mehr hören. Wer die Arme zu Gott erhebt, lässt ihn auch sehen, welche Schuld sie auf sich geladen haben.

V16 Badets ab, läutert euch, entfernt die Bosheit eures Spiels aus dem Blick meiner Augen, meidet Böstun,

Die Idee der Kritik Gottes ist, dass die Kinder Israel umkehren und sich reinigen von ihren Sünden. Er traut uns zu, zu lernen, Gutes zu tun. Es geht nicht um das Böse und das Gute, sondern um das TUN! Besonders Witwen, Waisen und Fremde, Benachteiligte haben erste Priorität bei Gott. Gott schickt uns diese Menschen, damit wir an ihnen wachsen und Menschlichkeit lernen.

V17 lernet Guttun, suchet das Recht, lenket den Erschöpften, rechtet für die Waise, streitet für die Witwe!

Jesaja gibt Anweisungen: 4 Anweisungen in V16, die Voraussetzungen für die 5 Anweisungen in V17 sind. 4 = Universalität, 5 Gott greift ein (Tora); 9 Neubeginn

V18 Geht doch her, wir wollen uns vergleichen, hat ER gesprochen, wurden wie Scharlachzeug eure Sünden, sollen sie sich weißen wie Schnee, röteten wie Karmesin sie sich, wie Wolle sollen sie werden:

Gott lädt uns ein, damit wir eine Einigung finden. Er ist der ewig uns ansprechende Gott. Gott spricht immer zu uns, aber wir müssen hören. Die Extreme sollen sich verwandeln. Da es doppelt vorkommt, zeigt es die Ernsthaftigkeit, die für Gott darin steckt. Es zeigt auch die Zerrissenheit des sündigen Volkes. Jesaja nennt die Tochter Zion sogar eine Hure (V21), aber er gibt auch die Verheißung in V18.

V19  seid ihr willig, gehorcht, sollt das Gut des Lands ihr verzehren,

Gott gibt das Gute ins Land, und wenn sein Volk hört, kann es das Gute genießen. Die Natur wehrt sich gegen alles, was Menschen gegen Gott, gegen Menschen, gegen die Natur tun.

V20 weigert ihr euch und trotzet, werdet ihr vom Schwerte verzehrt.. Ja, geredet hats SEIN Mund.

Das Schwert wird zum Feind, aber auch die inneren Feinde wie Krankheiten. Dtn.30,15-20 Gott will, dass wir uns entscheiden, für Gott und für das Gute. Es gibt feste Spielregeln. Gott ist der Schöpfer, der Hausherr. ER, der Meister, spricht! Gottes Wort müssen wir ernst nehmen, um Gottes Willen handeln. Wenn eine ganze Gesellschaft desaströs ist, dann schickt Gott Konsequenzen. Es geht bei Exzessen darum, dass es so in der Gesellschaft nicht weitergehen kann.

V21 Ach wie ist sie zur Hure geworden, die getreue Burg! von Recht war sie erfüllt, Wahrspruch nachtete drin, jetzt aber Mordgeübte! > siehe V26

Im mündlichen Vortrag spricht der Prophet assoziativ. Er springt in seinen Gedanken nun zum Bild der Hure. Die Erinnerung an die Treue bleibt. Wieder Ambivalenz, Trost im Schmerz. Gott sehnt sich nach der alten Zeit, nach der guten Zeit zurück. Wahrheit und Recht blieb in der Stadt, sie waren in Israel zu Hause. Der Kontrast zum Mord ist darum sehr scharf.

V24 Darum, Erlauten vom Herrn, IHM dem Umscharten, dem Recken Jisraels: Weh, ich letze mich an meinen Bedrängern, ich räche mich an meinen Feinden,

So viele Namen für Gott bringt kein anderer Prophet in dieser Dichte. Dreimal steht für die Transformation. Es zeigt, dass sich etwas ändern muss! Gott macht kurzen Prozess mit den Feinden und übt Rache an ihnen, sobald Israel durch die Bedränger „erzogen“ wurde. Nicht nur Israel, sondern genauso die Völker werden gezüchtigt. Das ist die universelle Botschaft Jesajas. Wenn Gott abrechnet, rechnet er mit allen ab.

Warum straft Gott die Feinde, die ER nutzt, um Israel zu erziehen? Gott benutzt die Menschen, die gewalttätig sind und sein wollen, für Seine Zwecke. Sie entscheiden sich nicht mit ihrer eigenen Freiheit gegen das Böse. Gott zwingt niemanden, Böses zu tun, sondern er bringt den bereiten Gewalttäter mit dem zu Erziehenden  zusammen. Menschliches Denken und göttliches Planen verweben sich in der Bibel. („Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm deine Pläne.“) Die Bedränger unseres Lebens sollen uns unsere Grenzen aufzeigen. (Goethe: Grenzen der Menschheit) Da, wo der Gewalttäter übertreibt, rechnet Gott mit ihm ab. Das Böse steht immer im Dienste des Guten. Jes. 45,7 Ein Jude stellt die Frage: Wozu, nicht warum. „Wozu hat Adolf Hitler von Gott die Erlaubnis bekommen, 6 Mio Juden und andere Millionen zu töten?“ Das ist die Theologie im orthodoxen Judentum.

V25 ich kehre um meine Hand wider dich [gerichtete Hand], ich schmelze deine Schlacken wie mit Laugensalz aus, ich entferne alle deine Bleiklumpen.וְאָשִׁיבָה יָדִי עָלַיִךְ וְאֶצְרֹף כַּבֹּר סִיגָיִךְ וְאָסִירָה כָּל בְּדִילָיִךְ

Gott ist der Handelnde. Er reinigt sein Volk und er nimmt seine Hand von seinem Volk, sodass der Druck weicht und das Volk heil wird. Gottes Hand kehrt um, so wie das Volk umkehren soll. Umkehren und rückkehren ist im Hebräischen ein Wort.

Das Leiden dient der Läuterung. Danach kommt sofort die Verheißung, dass das Abschmelzen der Schlacke das wahre Gute hervorbringt. Mit V26 wechselt Jesaja zwischen Zärtlichkeit und Drohbotschaft in hoher Emotionalität. Seine Botschaft kommt aus dem Herzen und wurde gesprochen, nicht geschrieben. Es fehlt ein akademisch roter Faden. Wie es kommt, so spricht er. Deshalb kommt es zu diesen Brüchen. Das sind die typischen Empörungen des Navi, der die Nähe Gottes spürt

V26  Wiederkehren lasse ich Richter dir dann wie vormals, Berater dir wie im Anbeginn. Danach wird man neu dich rufen: Stadt des Wahrspruchs, getreue Burg! > siehe V21 וְאָשִׁיבָה שֹׁפְטַיִךְ כְּבָרִאשֹׁנָה וְיֹעֲצַיִךְ כְּבַתְּחִלָּה אַחֲרֵי כֵן יִקָּרֵא לָךְ עִיר הַצֶּדֶק קִרְיָה נֶאֱמָנָה  
וְאָשִׁיבָה  = we aschiwa = und ich werde umkehren, wiederkehre

V27 Zion wird durch Recht abgegolten, seine Umkehrenden durch Bewährung.
צִיּוֹן בְּמִשְׁפָּט תִּפָּדֶה וְשָׁבֶיהָ בִּצְדָקָה

Thema ist Umkehr und Rückkehr. Ein Teil wird es verstehen und umkehren, ein anderer Teil wird es nicht verstehen und zusammenbrechen.
V28 Aber Niederbruch den Abtrünnigen, den Fehlhaften mitsammen! alldahin, die IHN verlassen! V29 Ja, zuschanden wird man an den Gotteichen, deren ihr begehrt habt, schämen müßt ihr euch an den Heggärten, die ihr erwählt habt! V30 ja, ihr werdet wie die Eiche, deren Laub abwelkt, und wie der Garten, der kein Wasser hat! V31Der Sperrige wird zum Werg und was er schaffte zum Funken, sie entzünden sich beide mitsammen, und keiner ist, der löschte.

Das erwählte Volk wählt sich Götzen! Am Sinai (Ex.19+20; 24,7) hat das Volk auch Gott erwählt! Das schmerzt Gott. Das Volk hat das Bündnis vergessen. Es wird dem Volk ergehen wie der Eiche, deren Blätter im Herbst verwelken. Pflanzen verwelken in Kürze, wenn der Regen von Gott ausbleibt. Der Überhebliche und sein Bauwerk gehen beide zugrunde, wenn der oberste Regent, Gott, seinen Segen abzieht und den Überheblichen seinem Schicksal überlässt. Dann gibt es keinen, der helfen kann.

Jesaja Kap. 2

Jes 2:8  SCHL2 … auch ist ihr Land voll Götzen; das Werk ihrer Hände beten sie an, und das, was ihre Finger gemacht haben.
BRU   und voll ward sein Land von Gottnichtsen, vorm Gemächt seiner Hände sank er hin, vor dem, was seine Finger machten!
וַתִּמָּלֵא אַרְצוֹ אֱלִילִים לְמַעֲשֵׂה יָדָיו יִשְׁתַּחֲווּ לַאֲשֶׁר עָשׂוּ אֶצְבְּעֹתָיו

Elilim ist die Verkleinerung von El, damit wird das Göttliche verneint und lächerlich gemacht. Gott richtet Israel und die Völker. Es kommt der große Tag der Abrechnung in der Endzeit, der Tag der Erleuchtung.

V2 Geschehn wirds in der Späte der Tage: festgegründet ist der Berg SEINES Hauses zu Häupten der Berge, über die Hügel erhaben, strömen werden zu ihm die Weltstämme alle, V3 hingehn Völker in Menge, sie werden sprechen: »Laßt uns gehn, aufsteigen zu SEINEM Berg, zum Haus von Jaakobs Gott, daß er uns weise in seinen Wegen, daß auf seinen Pfaden wir gehn! Denn Weisung fährt von Zion aus, von Jerusalem SEINE Rede.« 
 כִּי מִצִּיּוֹן תֵּצֵא תוֹרָה וּדְבַר יְהוָה מִירוּשָׁלִָם

Nach Israel und Jerusalem ist es immer ein Aufstieg, denn Jerusalem liegt auf einer Anhöhe. Es ist geht aber auch um einen inneren Aufstieg in die Göttlichkeit. Jakob ist genannt, weil er mit Gott gerungen hat. Und er hat einen komplett anderen Namen bekommen: Israel, der Gotteskämpfer. Gott weist uns durch seine Weisung (= Tora) Seine Wege.

V4 Richten wird er dann zwischen den Weltstämmen, ausgleichen unter der Völkermenge: ihre Schwerter schmieden zu Karsten sie um, ihre Speere zu Winzerhippen, nicht hebt mehr Stamm gegen Stamm das Schwert, nicht lernen sie fürder den Krieg.

Gott selber richtet unter den Völkern. Das geht tiefer als das Richten der Menschen. Der Aufwand ist gering, ein Schwert als Pflugschar zu benutzen. Man sieht, dass schon kleine Veränderungen große Wirkung haben. Dieses Umschmieden war im damaligen Alltag bekannt, denn es gab zu wenig Metall. Es war eine reale Erfahrung, in Friedenszeiten ein Schwert als Pflugschar oder Speere als Winzermesser zu nutzen. Aber es wird eine Zeit kommen, in der das alle Menschen tun werden. Was einst dem Töten diente, soll verwandelt werden in „Lebensmittel“, in Gegenstände, die dem Leben dienen; eine Totalverwandlung. Kein Mensch will mehr töten, sodass er das Schwert noch nicht einmal in die Hand nimmt. Kein Mensch wird mehr den Krieg lernen, sondern wie in 1,17 lernen, das Gute zu tun. Lernen heißt Veränderung, die in unser Inneres aufgenommen wird. Der Indoktrination wollen sich die Menschen nicht mehr aussetzen.

Jeder Soldat in Israel muss jeden Tag lernen, wie die Bürger vor Angriffen geschützt werden können, wie man mit Mördern und Anschlägen umgeht, wie man die Waffen abwehrt u.s.w. Dann aber wird es ein komplettes Umdenken geben.

V5 Haus Jaakobs, laßt nun uns gehn, einhergehn in SEINEM Licht!

Die fremden Völker rufen die Juden auf, mitzugehen zu Gott. Sie wollen die Juden dann nicht mehr töten, sondern sie haben so einen Gesinnungswandel erlebt, dass sie die Juden bitten, ihnen vorauszugehen. In Gottes Licht gibt es die absolute Erkenntnis. Alle Judenhasser werden sich fragen, warum und wozu sie die Juden töten wollten. Hier bringt Jesaja wieder die universelle Botschaft, die alle Menschen in die Einheit bringt. Die Juden sind zu dieser Erkenntnis die Katalysatoren. Das ist die Berufung der Juden, alle Menschen zu dem Gott Zions zu bringen, damit alle in Gottes Licht leben können.

V6 Verworfen ja hast du dein Volk, das Haus Jaakobs: angefüllt ja wurden mit Östlichem sie, sind Zeichengucker wie die Philister, klatschzaubern mit Kindern der Fremde!
V11 Hoffartsaugen der Menschen geniedert, Stolz der Männer gesenkt, ragend einzig ER an jenem Tag. V12 Ja, ein Tag ists IHM dem Umscharten über alles Hehre und Stolze, über alles Erhabne: geniedert wirds!
V17 Gesenkt wird die Hoffart des Menschen, der Männerstolz geniedert, ragend einzig ER an jenem Tag.
V20  An jenem Tag schleudert der Mensch fort die Gottnichtse seines Silbers, die Gottnichtse seines Goldes, die man ihm machte, – vor den Maulwürfen und den Fledermäusen hinzusinken

In den Tagen der Endzeit kommt es zu großer Abrechnung und zu großem Leid, aber Gott führt durch diese Läuterung die Menschen zur Erkenntnis und Erleuchtung, dass sie ihre Götzen wegwerfen (V20) und Gott in seiner Einzigkeit erkennen und anbeten.
Wer abgestiegen ist, wird wieder aufsteigen, und wer die Dunkelheit erlebt hat, kann das Licht erst wirklich schätzen und würdigen. Verwandlung ist möglich und wird geschehen. Das Mittel Gottes für dieses Aufwecken aus der Illusion sind die Neviim. In jeder Generation gab Gott diese Boten, eigentlich bis heute, doch sind sie heute nicht so präsent.

Berg des Herrn – Die Universalität Jesajas

Ex.19: Das Sinai-Ereignis zeigt eine Distanz zwischen Gott und dem Volk: Gott ist oben und das Volk unten; Gott erscheint majestätisch auf dem Berg und das Volk muss sich vorbereiten in Askese. Die Begegnung findet in der Wüste statt und nur das Volk Israel darf hinzutreten.
Laut Jes.2 dürfen am Ende der Tage alle Völker hinzutreten, und zwar auf dem heiligen Berg in Jerusalem.

In Gen. 11 verlangt die Menschheit danach, Gott nahe zu kommen:
V4 Nun sprachen sie: Heran! bauen wir uns eine Stadt und einen Turm, sein Haupt bis an den Himmel, und machen wir uns einen Namen, sonst werden wir zerstreut übers Antlitz aller Erde!
וַיֹּאמְרוּ הָבָה נִבְנֶה לָּנוּ עִיר וּמִגְדָּל וְרֹאשׁוֹ בַשָּׁמַיִם וְנַעֲשֶׂה לָּנוּ שֵׁם פֶּן נָפוּץ עַל פְּנֵי כָל הָאָרֶץ

In Ex.19 – Toravergabe am Sinai – findet eine Korrektur der Babel-Gesellschaft statt, denn Gott entscheidet, wann ER heruntersteigt und sich offenbart, und ER gibt vor, wer wem einen Namen macht.
Jes.2 ist die endgültige Korrektur, wenn alle Völker aus Gen. 11 am Ende der Tage zum Berg Gottes wallfahrten. Gott versteht und nimmt es ernst, dass die Menschen ein Bedürfnis haben, zu IHM zu kommen, aber es geht nicht um sie und ihren Hochmut, sondern um Gott.

V2 festgegründet ist der Berg SEINES Hauses zu Häupten der Berge, über die Hügel erhaben, strömen (naharu וְנָהֲרוּ) werden zu ihm die Weltstämme alle

Sie strömen den Berg hinauf, was ein unnatürliches Bild ist, denn ein Fluss strömt immer bergab. Genauso unnatürlich war es, dass Menschen aus eigener Kraft hinauf wollten zu Gott. Es gibt einen Sog, der zum Berg zieht! Und es ist eine Gemeinschaft, die motiviert wird zu einem besonderen, lebensveränderten Ereignis. Das Strömen ist ein innerer Prozess, getragen von den gehenden Füßen. Zu der Zeit wird der Berg des Herrn und sein Haus fest gegründet, unerschütterlich stehen. Das ist die Zeit nach der Zerstörung der Tempel, in die der Navi hineinschauen kann. Damit gibt Gott schon vor der Ankündigung der Zerstörung einen Trost der unerschütterlichen Wiederherstellung. Eine Zerstörung geht immer einem Aufbau voraus, die eine Reinigung gebracht hat und die Basis für Neues bringt.

Ex.25,8 NHTS   Und sie sollen mir ein Heiligtum errichten, daß ich unter ihnen wohne.
                           וְעָשׂוּ לִי מִקְדָּשׁ וְשָׁכַנְתִּי בְּתוֹכָם

Was Bestand hat, ist Gottes Annäherung zu den Menschen. So hat ER versprochen, in der Mitte seiner Kinder zu leben. ER entscheidet! Und ER gibt die Vorgaben mit den Bauvorschriften und den Gebetszeiten, damit es keine  Beliebigkeit gibt. Damit ist der Tempel dort schon ein Symbol für den menschlichen Leib.

V5 Haus Jaakobs, laßt nun uns gehn, einhergehn in SEINEM Licht!
Die Weltvölker sprechen zu den Kindern Israel, zum Haus Jaakob, dass die Fremden mit Israel gemeinsam gehen wollen, weil die Juden das Vorbild, der Wegweiser zum Licht Gottes sind. Auch das ist ein Schöpfungsakt, denn Licht aus der Schöpfung ist eine innere Erleuchtung.  So sagt auch Sacharja, dass zehn Heiden von einem Juden lernen wollen.
Sach 8:23 :BRU So hat ER der Umscharte gesprochen: In jenen Tagen ists, da werden fassen zehn Männer von allen Stämmewelt-Zungen (goyim הַגּוֹיִם), anfassen den Rockzipfel eines jüdischen Mannes, sprechend: Mit euch wollen wir gehn, denn, wir habens gehört, Gott ist mit euch.

Am = עם ist das in sich geschlossenes Gebilde eines Volkes.
goij = גוי bezeichnet die Nation Israel als eine innerhalb der Nationen. So wird der Begriff seltener benutzt. Einerseits ist es die universelle Gleichberechtigung, andererseits muss auch das jüdische Volk sich entwickeln. Zudem entstand das jüdische Volk aus den heidnischen Völkern, denn Abraham war Götzendiener. Juden sind also keine „geborenen“ Monotheisten. Das soll das jüdische Volk vor Überheblichkeit bewahren.
Überwiegend meint der Begriff die damals heidnischen Völker, die Gott nicht kannten und Götzen verehrten. Sie werden diese Erkenntnis des wahren Gottes bekommen.

Wie ist die Rede aufgebaut?

In Kap. 2 beginnt Jesaja mit den letzten Tagen, in denen die Nationen zur Umkehr finden und sogar die Israeliten auffordern, im Licht Gottes zu wandeln. Im Kontrast dazu zeigt er auf, dass Gott sein Volk verworfen hat, weil es Mammon hortet und Macht übt, weil es Götzendienst treibt (Elilim).
Ab V9 zeigt Jesaja, wie Gott korrigierend eingreift, indem ER den Stolz der Menschen bricht und SEINE eigene Macht zeigt, SEINE Heerscharen anführt gegen die Überheblichkeit der Menschen. Das sind ebenfalls Kontraste: göttliche Macht vs. menschliche Macht und Hybris, göttliche Heere vs. menschlichen Stolz.
Jesaja zeigt, dass die Erkenntnis und Erleuchtung in den letzten Tagen geschieht, wenn Gott Sein Volk durch Leiden geläutert hat. Diese Erkenntnis wird dazu führen, dass die Menschen selber ihre Götzen wegwerfen.

Jesaja Kap. 6: Schau im Hallenraum – Berechtigungskapitel

Das Kapitel ereignet sich im Todesjahr des Königs Usija. Er brachte ein falsches Opfer (Weihrauch), denn er war ein lasterhafter König. (Informationen in 2. Kön. und 2. Chron.) Das Rauchopfer durfte er nicht bringen, sodass er aussätzig, aus dem Palast ausgesetzt wurde und starb. Die Söhne Aarons brachten ebenfalls ein fremdes Opfer und starben. Im Heiligtum darf nicht experimentiert werden. Der Tod des Königs ist ein tragisches Ereignis, weil er als Sündenbeladener qualvoll starb. Darunter litt auch das Volk.
Dagegen zeigt sich Gott dem Jesaja in der Schau mit den feurigen Engeln im Tempel. ER lässt sich schauen, wenn ER sich zeigen will.
Unter der Überschrift von Kap.1 sehen wir eine Einleitung, was Jesaja alles unter den vier Königen von Gott erfahren wird. Der Leser wird hingeleitet zu der universellen Botschaft Jesajas, die sich an die irdischen Menschen, darunter die Könige, richtet. Seine Botschaft ist bodenständig, weshalb dieser Überblick vor dem eigentlichen Anfang in Kap.6 hilft, Jesaja nicht zu überheben.
Auf der Erde muss etwas geschehen, damit Gott sich manifestieren kann. In Jesaja erleben wir, dass Gott zu uns spricht und sich manifestiert, doch der Mensch hört nicht zu. Permanent offenbart sich Gott, aber der Mensch hört und sieht in seinem Leben nichts. Es liegt an Gott, ob ER sich auf eine andere Weise zeigen will. Deshalb legt Jesaja diese Erfahrung mit Gott und den Engeln erst an hintere Stelle. Er zeigt damit, dass er Gott so vertraut, dass er diese himmlische Offenbarung nicht für seine Berechtigung braucht. Es geht Jesaja nicht um seine Erfahrung, sondern um sein Volk. Außerdem ist der Tempel noch etwas Alltägliches. Dagegen war Hesekiel ein Exilsprophet.
Da Usija sich im Tempel derart an Gott vergangen hatte als vermeintlicher König der Welt, flocht Jesaja sein Erleben mit dem Tempel ein. Der Wille Gottes verlangt Heiligkeit und Reinheit.

V1 Im Todesjahr des Königs Usijahu sah ich meinen Herrn sitzen auf hohem und ragendem Stuhl, seine Säume füllten den Hallenraum. (> innerster Raum des Tempels, das Allerheiligstem mit der Bundeslade)

Es beginnt mit dem Tod Usijas (= Gottes Kraft). Der König war der höchste Herrscher, den Jesaja sah. Der aber starb, wogegen der König der Könige (Gott) lebt, den der Navi erst dann zu sehen bekommt. Manchmal muss etwas sterben, damit etwas Neues erstehen kann. Der Tod steht im Dienst des Lebens. Der Kontrast zeigt den vergänglichen König und den ewigen König auf seinem Thron. Usija war ein Angeber, trotzdem ging auch sein Leben zu Ende. Überheblichkeit bringt Menschen zu Fall.

V2 Brandwesen umstanden oben ihn, sechs Schwingen hatten sie, sechs Schwingen ein jeder, mit zweien hüllt er sein Antlitz, mit zweien hüllt er seine Beine, mit zweien fliegt er.

Zwei steht für die Polarität des Lebens: oben – unten, Mann – Frau, Tag – Nacht.
Sechs ist das Umfassende: Nord, Süd, Ost, West, oben und unten, die Ausdehnung des Raumes. Was hier geschieht, hat Auswirkung auf den gesamten Raum der Erde. Das Geschehen ereignet sich oben, aber es wirkt weiter. 4 Flügel bedecken den Körper und bleiben inaktiv, zwei Flügel sind aktiv. Das Aktive spielt sich oben und unten ab. Die Passivität und Aktivität steht im Verhältnis 2:1. Es gibt also Zeiten, in denen es der Ruhe und der aufmerksamen Wahrnehmung bedarf. Der Vorgang ist mehr geprägt von mehr Innerlichkeit.

V3 Und der rief dem zu und sprach: Heilig heilig heilig ER der Umscharte, Füllung alles Erdreichs sein Ehrenschein!
קָדוֹשׁ קָדוֹשׁ קָדוֹשׁ יְהוָה צְבָאוֹת מְלֹא כָל הָאָרֶץ כְּבוֹדו

Ein dreimaliges Heilig lässt Franz Rosenzweig die Entwicklung der Menschheit in dieser Triade sehen: Schöpfung, Offenbarung, Erlösung. Die Idee des Satzes besteht darin, dass die Erde zwar desolat ist, aber Gott in der Höhe in die niedrigsten Ebenen der Erde reparativ eingreift. Die Erde ist von IHM erfüllt.
In Gen.18 kommen drei Männer Gottes (drei Engel). Drei steht für Transformation. Zwei Gegensätze erzeugen etwas Neues.
Jemand, der geehrte wird, bekommt Gewicht. Derjenige bekommt Gewichtigkeit = kawod = כַּבוֹד. Von Gott ist alles erfüllt. Es gibt keinen Ort ohne Gott. Gott ist und trägt alles.

V4 Die Lager der Schwellen erbebten von der Stimme des Rufers, und das Haus füllte sich mit Qualm.

„Wo Rauch ist, da ist Feuer.“ Darum ist hier viel Qualm als Synonym für die Fülle von Gottes Geist. Es gibt wieder die Drei: Rauch, Feuer, Glut in der Kohle.

V5 Ich sprach: Weh mir, denn ich werde geschweigt, denn ich bin ein Mann maklig an Lippen und bin seßhaft inmitten eines Volkes maklig an Lippen, – denn den König, IHN den Umscharten, haben meine Augen gesehn! V6 Aber von den Brandwesen flog eines zu mir, eine Glühkohle in seiner Hand, mit der Greifzange hatte es sie oben von der Statt gegriffen,

Jesaja empfindet sich als Mensch unreiner Lippen, weil die Heiligkeit Gottes ihn überwältigt. Es verschlägt ihm die Sprache. Dann bekennt er sich solidarisch mit seinem Volk. Durch das Sehen Gottes erfährt er eine Klarheit, die er vorher nicht hatte. Er merkt, dass er klein ist und beschuldigt sich selbst, ohne dass ihm jemand etwas sagen muss. Die Mystik des Judentums sagt, dass du in der anderen Welt den Film deines Lebens siehst mit allen positiven und negativen Gefühlen. Du kannst durch dieses Sehen und die Erkenntnis, die du am Ende hast, entweder den Himmel in dir haben oder die Hölle. Wir werden uns selber zum Himmel oder zur Hölle. Das Gefühl, das sich dann einstellt, wird sehr echt sein. Gott gibt die Möglichkeit des Purgatoriums = Ort der Reinigung. Durch die Einsicht Gottes wird das Leben verändert.
Was Jesaja nicht darf, ist, sein Volk als ein Volk unreiner Lippen zu benennen, weil er damit Dreck auf die anderen wirft. Ein Mann Gottes soll das Gute benennen und herbei beten, aber nicht den schlechten Status quo benennen. Im Gegensatz zu ihm trat Mosche für sein Volk ein.
Andererseits sieht er sich nicht als etwas Besseres als das Volk, denn der Kontrast zwischen der Heiligkeit Gottes und seinem Leben sowie dem Leben des Volkes schmerzt ihn. Dieses schlechte Sprechen über sich selbst und über sein Volk versündigt ihn, sodass der Seraph seine Lippen reinigt.
Es gab immer viel Rufmord, auch die Ritualmordlegenden gegen Juden. Da es diese schlechten Worte gibt, muss die Lippe mit Feuer gereinigt werden. Gott will keine Lippenbekenntnisse, denn sie sind nicht ernst gemeint. Die können im Empfänger die Freude auf etwas töten. Seine Sünde wird bedeckt, nicht einfach weggetan: (Jom Kippur = Tag der Bedeckung)

V7 er berührte damit meinen Mund, er sprach: Da, dies hat deine Lippen berührt, so weicht dein Fehl, so wird deine Sünde bedeckt.
וַיַּגַּע עַל פִּי וַיֹּאמֶר הִנֵּה נָגַע זֶה עַל שְׂפָתֶיךָ וְסָר עֲוֹנֶךָ וְחַטָּאתְךָ תְּכֻפָּר

2.Sam.12,13 Dawid sprach zu Natan: Ich habe IHM gesündigt. Natan sprach zu Dawid: Hat ER auch deine Versündigung vorbeischreiten lassen, daß du nicht sterben mußt,
וַיֹּאמֶר דָּוִד אֶל נָתָן חָטָאתִי לַיהוָה וַיֹּאמֶר נָתָן אֶל דָּוִד גַּם יְהוָה הֶעֱבִיר חַטָּאתְךָ לֹא תָמוּת
Auf  der bedeckten Sünde darf durch Gottes Gnade Neues wachsen. Gott nimmt die Sünde nicht weg, sondern lässt sie hinwegschreiten aus seinem Angesicht.

Wie am brennenden Dornbusch ist das Ereignis dreistufig: Halle, Engel, Gott:

V8 Nun hörte ich die Stimme meines Herrn, sprechend: Wen soll ich senden, wer wird für uns gehn? Ich sprach: Da bin ich, sende mich! וָאֶשְׁמַע אֶת קוֹל אֲדֹנָי אֹמֵר אֶת מִי אֶשְׁלַח וּמִי יֵלֶךְ לָנוּ וָאֹמַר הִנְנִי שְׁלָחֵנִי

Gott stellt Fragen, weil er in Beziehung tritt. ER stellt zwei Fragen und Jesaja gibt zwei Antworten.
Jesaja gilt als ein verkörperter Engel. Da Gott fragt: Wer geht für uns?, kann angenommen werden, dass Jesaja einer des inneren Kreises ist. Darum legt ihm auch ein Engel die feurige Kohle in den Mund, der verbrennt daran nicht, weil er gewohnt ist, mit Engeln umzugehen.

Dtn.4, 24denn ER dein Gott, ein verzehrendes Feuer ist er, ein eifernder Gottherr.
Gott ist ein eiferndes Feuer, deshalb kommen hier die Seraphim = Brandwesen vor (Jes.6,2). Die Begegnung mit Gott ist ein feuriges Ereignis. Die Reinigung kann durch Feuer geschehen, muss aber nicht. Auf jeden Fall gibt es kein Feuermeer.
Erst jetzt hört Jesaja deutlich die Stimme Gottes. Und jetzt erwartet Gott eine beherzte Entscheidung, weshalb ER die Frage stellt, wer gehen will. Gott muss nicht fragen, denn ER weiß alles. Aber nun entscheidet Jesaja sich eindeutig. Er sagt: Hier bin ich, sende mich. Damit geht er sogar über Mose hinaus, indem er sich ausdrücklich senden lässt. Jesaja ist der einzige Mensch, der dieses „schlacheni“ = „sende mich“ ausspricht. Er ist bereit, ganz in dieser Sendung aufzugehen und die himmlische Ordnung, die er gesehen hat, auf Erden zu verkünden. Wer Jesaja sieht und hört, soll den Vater sehen und hören. Längst vor Jesus sagt Jesaja dasselbe wie später Jesus.

V9 Er sprach: Geh, sprich zu diesem Volk: Hört nur, höret, und unterscheidet nimmer, seht nur, sehet, und erkennet nimmer! V10 Zu verfetten ist das Herz dieses Volks, seine Ohren zu verstumpfen, seine Augen zu verkleben, sonst könnte es mit seinen Augen sehn, mit seinen Ohren hören, in seinem Herzen unterscheiden, umkehren und Genesung würde ihm!!
 וַיֹּאמֶר  לֵךְ וְאָמַרְתָּ לָעָם הַזֶּה שִׁמְעוּ שָׁמוֹעַ וְאַל תָּבִינוּ וּרְאוּ רָאוֹ וְאַל תֵּדָעוּ

Der typische Sendungsauftrag: Geh! Gott gibt 8 Imperative, was auf die Unendlichkeit hinweist. Und dann wird Gott ironisch. Das zeigt Gottes Verletztheit und verletzt den Hörer. Seine drei wichtigsten Organe sind nicht in Ordnung. Das Herz ist der Sitz der Weisheit, mit dem ich Gott lieben soll. Gott hat ja Heilung bereit, aber es muss zur Wende kommen. Augen und Ohren sollten aufnahmefähig sein, dann muss es im Herzen am Wort Gottes geprüft und entschieden werden. Wieder die Drei führt zu Umkehr und Heilung = Neuerstehung. Daraus wird die Fünf, das Begreifen.

V11 Ich sprach: Bis wann, mein Herr? Er sprach: Bis dahin, daß Städte verheert sind, kein Insasse mehr, Häuser, kein Mensch mehr darin, des Menschen Boden verheert zu Öden. V12 Entfernen will ER den Menschen, groß wird die Verlassenheit des Landesinnern.

Und nur Jesaja fragt Gott: Bis wann? Wie lange dauert es bis zur Heilung. Jesaja nimmt Anteil an dem Leid seines Volkes. Er braucht eine Perspektive für seine Botschaft und für seine Trostbotschaft. Es muss leider erst so geschehen, dass es Zerstörung gibt, damit es einen Neuaufbau geben kann. Und die Zerstörung, die Entfernung betrifft den Menschen, also alle Völker.

V12 Dann, wenn nur noch ein Zehntteil darin ist und es wieder zur Abweide ward: der Eiche gleich, der Steineiche gleich, von denen beim Fällen ein Stumpf blieb: sein Stumpftrieb ist Same der Heiligung.

Die Einheit Gottes wirkt durch die Zehn. Wenn nur noch ein kleiner Stumpf übrig bleibt, der wird zum Same für das Neue. Die Triebquelle wird erhalten. Gott zerreißt nicht gnadenlos alles aus und pflanzt neue Bäume an, sondern er erhält diesen kleinen Lebenstrieb, in dem Sein Lebenshauch Neues erschafft. In Bezug zu V3 entsteht das neue Heilige.

Jüdische Engellehre

Es gibt 7 Himmel. In den Zwischenhimmeln arbeiten die regulären Engel. In der obersten Etage, der dritten Heiligkeitsstufe, sitzt Gott mit den Seraphim. Jesaja darf in diese oberste Etage blicken.

„Vier Klassen von dienenden Engeln dienen dem Heiligen Einen – gesegnet sei Er – und sprechen sein Lobpreis: das erste Lager, angeführt von Michael, zu seiner Rechten, das zweite Lager, angeführt von Gabriel, zu seiner Linken, das dritte Lager, angeführt von Uriel, vor ihm, und das vierte Lager, angeführt von Raphael, hinter ihm. Die Schechina des Heiligen Einen aber – gesegnet sei Er – befindet sich in der Mitte. Er sitzt auf einem Thron hoch und erhaben.“
(Pirqe de Rabbi Eliezer, Kapitel 4; Pirḳê de Rabbi Eliezer: According to the Text of the Manuscript belonging to Abraham Epstein of Vienna. Transl. and annot. with introd. and indices by Gerald Friedlander. Kegan Paul, London, 1916. S. 22.)

Jesaja Kap. 7 Wer ist die junge Frau?

V1 Aram = heutiges Syrien bildet eine Koalition mit dem Nordreich gegen Assyrien. Aram und das Nordreich wollen das Südreich mit in diese Koalition hineinnehmen. Ahas will aber einen Bund mit Assyrien schließen und sein Vasallenstaat werden, damit er Ruhe hat.
Jesaja weiß und mahnt an, dass weder Kampf gegen noch Bundesschluss mit Assyrien richtig ist, sondern allein Vertrauen auf Gott. Es ist von Assyrien aus noch nichts geschehen; alle reagieren prophylaktisch. Es wird durch solche Maßnahmen jedoch zu Götzendienst kommen, denn der Assyrerkönig will natürlich als Gottkönig verehrt werden. Cuius regio, eius religio, auch cuius regio, illius religio (lateinisch für wessen Gebiet, dessen Religion, im damaligen Sprachgebrauch oft wes der Fürst, des der Glaub‘), ist eine lateinische Redewendung, die besagt, dass der Herrscher eines Landes berechtigt ist, die Religion für dessen Bewohner vorzugeben.

Manasse und Efraim sind die Hauptstämme des Nordreichs. Der große Feind war Assyrien, später Babylonien. Pakach ist der König des Nordreichs, der mit König Rezin von Aram gegen Jerusalem paktiert. Sie wollten eigentlich mit dem Südreich gegen Assyrien paktieren, was es aber nicht wollte. Darum kämpften sie gegen den König des Südreichs.
Achas hat Angst, dass er den Kampf nicht gewinnen darf. Er hat eine Vasallenmentalität. „If you can beat them, join them.“ Diese Mentalität ärgert Pakach, sodass er mit dem eroberten Südreich die Feinde besiegen will.

V2 Gemeldet war dem Hause Dawids worden, man sprach: Aram überlagert Efrajim. Da bebte sein Herz und das Herz seines Volks, wie die Bäume des Waldes vor dem Windbraus beben.

Ahas, der doch als König des Südreichs von Gott ergriffen ist, zittert vor dem Feind. Er festigt sich nicht in Gott, sondern überträgt seine Angst auf das Volk, sodass alle Herzen wie die Bäume im Wind zittern. All unser Tun und Unterlassen hat Auswirkungen auf die gesamte Schöpfung: zittern wie Espenlaub; Interdependenz von Mensch und Schöpfung. Wind ist auch der Geist (ruach). Aber der König lässt sich nicht vom Geist Gottes erfüllen.
Gemeldet wird dem Hause David, obwohl es doch um Ahas geht. Ahas sollte sich bewusst machen, dass er die davidische Linie repräsentiert. Was diese letzten Könige in dieser Linie tun, wird dem Haus David nicht gerecht.

V3  ER aber sprach zu Jeschajahu: Zieh doch hinaus, Achas entgegen, du und Rest-kehrt-um dein Sohn, ans Ende der Rinne des oberen Teichs, an der Straße zum Wäscherfeld,

שְׁאָר יָשׁוּב  = Sche’ar Jaschuw ist der Name, den Jesaja seinem Sohn geben soll, was bedeutet: Rest-kehrt-um.

V4 und sprich zu ihm: Hüte dich, halte dich still,(innehalten, nachdenken und vertrauen, kein blinder Aktionismus) fürchte dich nimmer, nimmer weich werde dein Herz vor diesen zwei qualmenden Fackelstummeln, bei der Zornglut Rzins und Arams und des Remaljahusohns!

Vier Mal sagt Gott dem Ahas: Zittere nicht! Vier Mal, das heißt: Fürchte dich nicht vor der Welt, denn ich habe die Welt überwunden. „qualmenden Fackelstummeln“ – das ist wie ausgebrannte Zigarettenstummel, vor so etwas darf man sich nicht fürchten.

V5 Dieweil Böses wider dich beschloß Aram samt Efrajim und dem Remaljahusohn, sprechend: V6 Hinübersteigen wollen wir wider Jehuda, es aufschrecken, es uns aufbrechen und als König in seiner Mitte den Sohn Tabels königen

 בֶּן טָבְאַל = Ben Taw-el kann bedeuten: die Güte Gottes (von tow) oder: Gott wird zuschanden bringen; Gott wird die Zerstörung führen. Aber das soll nicht geschehen.

V8 und über fünfundsechzig Jahre stürzt Efrajim aus dem Volksein« –
Wenn du wartest, wird sich das Problem von selbst erledigen. Quersumme 2 zeigt: Die Polarität hört auf.

V9 Vertraut ihr nicht, bleibt ihr nicht betreut. אִם לֹא תַאֲמִינוּ כִּי לֹא תֵאָמֵנוּ
Wenn du dich nicht festigst in Gott, bleibst du nicht fest > AMEN אמן
Wenn du dich an Gott festhältst, bist du festgehalten.
Wenn du mir traust, bin ich dir treu. Wenn du mir vertraust, werde ich dir vertraut werden.

V11-12 Ahas wird aufgefordert von Gott, ein Zeichen zu erbitten. Er nimmt das Angebot aus Pseudobescheidenheit nicht an, denn es könnte sein, dass ihm Gottes Entscheidung in dem Zeichen nicht gefällt. Ahas ist ein Heuchler, der sogar vor Gott zittert. Dabei will Gott ihm sagen, dass Ahas nichts anderes tun muss als Gott zu vertrauen
Gen.24,16 Sehr schön anzusehn war das Mädchen, eine Jungfrau, nicht kannte ein Mann sie.
וְהַנַּעֲרָ טֹבַת מַרְאֶה מְאֹד בְּתוּלָה וְאִישׁ לֹא יְדָעָהּ וַתֵּרֶד הָעַיְנָה וַתְּמַלֵּא כַדָּהּ וַתָּעַל
Rebekka mied auch heimlichen Kontakt zu Männern, sodass sie eine reine Frau war, eine Jungfrau = Betula.

14 daß ihr auch meinen Gott ermüden wollt?! Darum gibt von selber mein Herr euch ein Zeichen. Da, die Junge wird schwanger und gebiert einen Sohn. Seinen Namen soll sie rufen: Immanuel, Bei uns ist Gott!
לָכֵן יִתֵּן אֲדֹנָי הוּא לָכֶם אוֹת הִנֵּה הָעַלְמָה הָרָה וְיֹלֶדֶת בֵּן וְקָרָאת שְׁמוֹ עִמָּנוּ אֵל

Jesaja zeigt auf DIE Frau, die bestimmte Frau, auf die Jesaja zeigt. Es ist eine Frau, die Ahas vertraut ist, vielleicht seine Frau oder seine Tochter. Vielleicht wird sie in unerwarteter Kürze schwanger, vielleicht auch ohne Geschlechtsverkehr, das geht aus dem Text nicht hervor. Und die gibt dem Kind den Namen Immanuel, denn Ahas soll Vertrauen auf Gott lernen. Für ihn ist das Zeichen, dass er siegen wird.

15 Doch wird Rahm und Honig er essen müssen, wann er erst weiß, das Böse zu verwerfen, das Gute zu erwählen,

Der Vers klingt in Anlehnung an die Verheißung: ein Land von Milch und Honig. Diese Verheißung wird obsolet, wenn Ahas nicht auf Gott hört. Die Spitze in diesem und dem folgenden Vers ist, dass das Kind eher in der Lage sein wird, das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen als zu Ahas.

16 denn ehe der Knabe weiß, das Böse zu verwerfen, das Gute zu erwählen, wird zwar der Boden verlassen sein, vor dessen zwei Königen du zusammenschrickst, 17 aber kommen lassen wird ER auch über dich, über dein Volk, über dein Vaterhaus Tage, wie sie nicht gekommen sind seit dem Tag, da Efrajim (Nordreich) wich von Jehuda, – durch den König von Assyrien. 18 Geschehn wirds an jenem Tag, pfeifen wird ER der Fliege, der am Ende der Flußarme Ägyptens, und der Biene, der im Lande Assyrien,

Gott schickt tödliche Fliegen und Bienen, die das Nordreich und Syrien (Aram) zerstören. So wirkt Gott, wenn der Mensch einfach vertraut und Gott wirken lässt. So wirkte Gott für die, die IHM vertrauen in

2.Kö19 35 In jener Nacht geschahs: SEIN Bote fuhr aus, er schlug im Lager Assyriens hundertundfünfundachtzigtausend, als man sich frühmorgens aufmachte, wohl, da waren sie alle Leichen, tot.

Nachdem Ahas sich Assyrien unterworfen hatte und der Götzendienst eingezogen war, versuchte er, mit Ägypten zu koalieren. Er vergaß weiterhin sein Vertrauen auf Gott.

19 und die kommen und ruhen alle in den Dellen der Sturzhalden, in den Klüften der Schroffen, in allem Stechgesträuch, auf allen Weidewiesen. 20 An jenem Tag wird scheren mein Herr mit dem Messer, gedungen von jenseits des Stroms, mit dem König von Assyrien, das Haupt und das Haar der Beine, auch den Bart rafft es hinweg. 21 Geschehn wirds an jenem Tag: jemand hält sich ein Kühlein oder zwei Schafe am Leben, 22 und geschehn wirds, ob der Menge des Milchgewinns ißt er Rahm, ja, Rahm und Honig essen muß alles im Innern des Landes Übriggebliebne. 23 Geschehn wirds an jenem Tag, es wird aller Ort, wo tausend Reben waren um tausend Silberstücke, des Dorns und der Distel wird er, 24 mit Pfeilen und mit Bogen kommt man dahin, denn Dorn und Distel wird all das Land sein; 25 und alle Bergäcker, die man mit der Jäthacke behackt, du kommst nicht dorthin aus Furcht vor Dorn und Distel, zum Schickplatz für Ochsen wirds und zum Trottplatz für Schmalvieh.

Es muss trotzdem zum Tabula rasa kommen. Dornen und Disteln erschweren Adam und der Menschheit die Arbeit. Im Schweiße des Angesichtes muss der Mensch arbeiten. Jesaja schlägt den Bogen zur Urvertreibung aus dem Paradies, das  Schlimmste, das ihnen passieren konnte. ABER am Ende der Tage wird wieder ein Volk in der Dunkelheit ein Licht sehen. Ohne Finsternis gibt es kein Licht. Ohne Dornen und Disteln ist die Erlösung für den heiligen Rest der Menschheit nicht erlebbar.
In diesem Text geht es um zwei Söhne: den Sohn Jesajas (Rest-kehrt-um) und den Sohn des Königshofes. Frieden kann entstehen, wenn Königtum und Prophetensohn sich versöhnen, denn Prophet und König lagen immer in Spannung und Streit. Der Ungehorsam Gott gegenüber wird überwunden: Das Reich Gottes ist mitten unter uns und Gott ist wieder der zentrale Anker der Gesellschaft. Das steckt im Namen „Immanuel“. Eine neue Theokratie wird wieder eingeführt. Gott überwindet die Zerrissenheit.

Jesaja Kap. 9

1 Das Volk (das jüdische Volk in Nord- und Südreich), die in Finsternis gehen, ersehen ein großes Licht, die Siedler im Todschattenlande בְּאֶרֶץ צַלְמָוֶת (be’eretz zalmawet), Licht erglänzt über sie.

Das Volk verrennt sich in der Dunkelheit. Nur die Güte Gottes schenkt ihnen Licht, lässt es über denen, die im Dunkeln tappen, erscheinen.

2 Reich machst du den Jubel, groß machst du die Freude, sie freun sich vor deinem Antlitz       לְפָנֶיךָ (lefanecha), wie beim Erntefreudenfest, gleichwie man jubelt beim Beute verteilen.

Der Sieg des jüdischen Volkes über Ägypten, Assyrien, Philister, … ist gewiss. Zuerst will Jesaja seine Trostbotschaft als Grundlage geben. Die Juden freuen sich über den Sieg über ihre Feinde vor Gottes Angesicht, weil DER den Sieg schenkt.
Jesaja liebt, wie alle Orientalen, die Übertreibung und die Verstärkung, weshalb diese Wiederholungen vorkommen.

3 Denn das Joch seiner Fron, das die Schulter ihm beugt, den Stock, der es antreibt, du zerknickst sie wie am Midjantag. (= Gericht, Urteil in Ri.8 Gideon, mit 300 siegte er über die Übermacht der Midianiter) 4 Denn alljeder Stiefel, herstiefelnd mit Gedröhn, Rock in Blutlachen gewälzt, zum Brande, Feuerfraß wirds. 5 Denn ein Neugeborner ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, auf seiner Schulter wird die Fürstenschaft sein. Seinen Wundernamen ruft man: Ratsmann des heldischen Gottes, Vater des Siegesgewinns, Fürst des Friedens.

Der Sohn ist der Sohn von Ahas, der spätere König Hiskia, der aus dem Haus Davids kommt und das tut, was Gott gefällt. Diesen Nachfolger, vielleicht von der Frau in Kap.7 geboren, sieht Jesaja in dieser besonders großen Hoffnung und zeichnet ihn überschwänglich. Trotzdem strauchelt er, weil er die Tempelschätze zu seiner eigenen Ehre vorzeigt und nicht Zeugnis gibt für Gott.
2. Kö.18 1 Es war im dritten Jahr Hoscheas Sohns Elas Königs von Jissrael geschehn, daß Chiskija Sohn des Achas Königs von Jehuda die Königschaft antrat, 2 fünfundzwanzigjährig war er worden, als er die Königschaft antrat, und neunundzwanzig Jahre hatte er Königschaft in Jerusalem.. Der Name seiner Mutter: Abi Tochter Secharjas. 3 Er tat das in SEINEN Augen Gerade, allwie sein Vorvater Dawid getan hatte.

4 Er wars, der die Koppen beseitigte, der die Standmale zertrümmerte, der die Pfahlfrau ausrottete, der die Viper aus Kupfererz zerstieß, die Mosche gemacht hatte, denn bis zu jenen Tagen hatten die Söhne Jissraels immerfort ihr geräuchert, man rief sie Erzbold. 5 Auf IHN den Gott Jissraels verließ er sich, keiner war ihm gleich unter allen Königen Jehudas nach ihm und denen, die vor ihm waren, 6 er haftete an IHM, von seiner Nachfolge wich er nicht seitab, er wahrte seine Gebote, die ER Mosche geboten hatte. 7 ER war bei ihm, überall da, wo er ausfuhr, ergriff ers. Er empörte sich gegen den König von Assyrien und wollte ihm nicht mehr dienstbar sein. 8 Er wars, der die Philister schlug, bis nach Gasa und dessen Gemarkungen, vom Wächterturm bis zur Festungsstadt.

כִּי יֶלֶד יֻלַּד לָנוּ בֵּן נִתַּן לָנוּ וַתְּהִי הַמִּשְׂרָה עַל שִׁכְמוֹ וַיִּקְרָא שְׁמוֹ פֶּלֶא יוֹעֵץ אֵל גִּבּוֹר אֲבִיעַד שַׂר שָׁלוֹםV5

Nach rabbinischer Auslegung gehören die Titel Gott Vater, der mit diesen Titeln geehrte wird, weil ER gepriesen wird dafür, dass ER den Sohn mit dem Titel „Fürst“ beschenkt hat. Besonders deshalb, weil Abi-Ad heißt: mein Vater ist ewig. Dieser Vater kann nur Gott sein, denn kein Mensch ist ewig.

6 Zu reicher Fürstenschaft und zum Frieden ohne Ende über Dawids Stuhl, über seiner Königsmacht, zu gründen die, sie zu stützen mit Gerechtigkeit, mit Wahrhaftigkeit (בְּמִשְׁפָּט וּבִצְדָקָה Recht und Gerechtigkeit), von jetzt in die Zeit fort (die uns verborgene Ewigkeit): vollbringen wird das SEIN des Umscharten Eifer. 7 Rede sendet mein Herr auf Jaakob hin, nieder fällt sie auf Jissrael, 8 erkennen sollen sies, all das Volk, Efrajim, Samariens Sasse, in dem Hochmut, in der Herzensgroßsucht, da sie sprachen: 9 »Ziegel sind eingefallen, mit Quadern bauen wirs auf, Maulbeerfeigen sind umgehaun, mit Zedern tauschen wirs aus!«
10 ER wiegelt Rzins Unterfürsten gegen es auf, seine Feinde stachelt er an, 11 Aram von vorn, die Philister von hinten, sie fressen Jissrael vollen Munds bei alledem kehrt sein Zorn nicht um, und noch ist seine Hand gereckt. 12 Nicht kehrt das Volk um zu dem, der es schlug, IHN den Umscharten suchen sie nicht. 13 Da rottet ER von Jissrael aus Kopf und Schwanz, Palmwedel und Binse an einem Tag. 14 – Alte und Hochangesehne, das ist der Kopf, lugunterweisende Künder, das ist der Schwanz. – 15 Die dieses Volk lenken, fuhren irre, die sich lenken lassen, werden verstört. 16 Darum mag an seinen Jünglingen mein Herr sich nicht freuen, sich nicht erbarmen seiner Waisen und Witwen, denn entartet und böslich ist alles, aller Mund redet Schändlichkeit. Bei alledem kehrt sein Zorn nicht um, und noch ist seine Hand gereckt. 17 Denn wie Feuer sengt der Frevel, er frißt Distel und Dorn, er zündet im Gestrüpp des Waldes, und das wirbelt als Rauchsäulen hoch, 18 von SEINER, des Umscharten, Wallung ist das Land ausgeglüht, wie Feuers Fraß (
Gottes Feuer) wurde das Volk. Nicht schont ein Mann seinen Bruder, (Bürgerkrieg; Gottes Feuer wütet, wenn das Feuer unserer Unmenschlichkeit wütet.) 19 man haut ein zur Rechten und hungert, man frißt zur Linken und wird nicht satt, jedermann frißt das Fleisch seines Arms, (Leid während der Belagerung durch die Assyrer; Zerstörung des Nordreiches; Mütter aßen das Fleisch ihrer Kinder) 20 Mnasche den Efrajim, Efrajim den Mnasche, die zusammen über Jehuda her – bei alledem kehrt sein Zorn nicht um, und noch ist seine Hand gereckt.(Die Not kommt von Gott, weil das Volk nicht umkehrt.)

Kap.10,1 Weh ihnen, die Gesetzlein der Arglist aufsetzen, den Schreiberlingen, die drauflos Plackerei schreiben, 2 abzudrängen vom Urteil die Armen, meines Volks Gebeugten das Recht zu rauben, daß Witwen ihre Beute werden und sie Waisen plündern! Wenn die Bedürftigen mit Füßen getreten werden, dann ist Gottes Grenze überschritten.

Jesaja Kap.40

Das Volk sieht sich in der Irre, in der Hoffnungslosigkeit. Es sieht Gott als Versager. Man sieht sich also lieber nach Götzen um. Es gibt keine Beziehung zu Gott. Die Kinder Israels vertrauen ihrem Gott nicht. Ihre Überheblichkeit wird umgekehrt, indem das menschliche Leben sich als ein ohnmächtiges erzeigt wie die verdorrenden Blumen. Gott lehrt auf diese schmerzvolle Weise sein Volk und zeigt ihm seine Macht. Deshalb darf er auch schweigen ohne sich rechtfertigen zu müssen. Diese seine Langmut missinterpretierten die Kinder Israel als Schwäche. Gott stellt Fragen – typisch jüdisch. Und wenn ER so deutliche, rhetorische Fragen stellt wie in V12/21, dann geht es IHM um eine scharfe Korrektur. Denn Gott schuf den Menschen zu Seinem Bilde, aber bis heute bilden Menschen Gott nach ihrem Bilde. Gott ist darüber enttäuscht und traurig, wenn sein Volk nicht die Beziehung mit IHM pflegt.

Die Rede beginnt mit dem allgemeinen Aufruf, Gottes Volk zu trösten nach all dem Leid, durch das das Volk gehen musste. Das Leid des Exils bedrängt das Volk so sehr, dass Gott sich wieder erbarmt durch Trost. Obwohl das Volk den Grund und Sinn des Exils nicht verstanden hat, ist Gott der Langmütige, sich Seinem Volk zuzuwenden, obwohl es seinerseits den Kontakt zu Gott hätte suchen müssen. Die Doppelung von „Tröstet, tröstet“ zeigt die Dialektik von Gottes Demut und des Hochmuts des Menschen.

V3 Stimme eines Rufers: In der Wüste bahnt SEINEN Weg, ebnet in der Steppe eine Straße für unseren Gott!
Es handelt sich hier um die innere Wüste im Menschen.

V5 Offenbaren will sich SEIN Ehrenschein, alles Fleisch vereint wirds sehen. Ja, geredet hats SEIN Mund.
Gott ist in der Lage, die gesamt Natur zu bewegen. Das Ziel ist es, dass Gottes Ehre offenbar wird, und zwar nicht nur den Menschen, sondern allen Lebewesen. Das Fleisch ist vergänglich und damit die Antithese zu Gottes Unvergänglichkeit und Gottes Geist.
V7 Verdorrt ist das Gras, verwelkt ist die Blume, da SEIN Windbraus sie angeweht hat! – Gewiß, Gras ist das Volk, V8 verdorrt ist das Gras, verwelkt ist die Blume, aber für Weltzeit besteht die Rede unseres Gottes.
Der Geist Gottes belebt und tötet. Beides liegt in Gottes Hand. Der Gegensatz wird aufgebaut zwischen dem ewigen Gott und dem vergänglichen Menschen. Das Wort Gottes kann nicht vergehen, wohl aber jeder Mensch. Darum ist es sinnvoll, auf das ewige Wort Gottes zu hören. Für diesen vergänglichen Menschen gibt es aber die Freudenbotschaft der Tochter Zion, denn IHM gegenüber steht der ewige, starke Gott.
V9 Auf einen ragenden Berg steig dir als Glücksmärbringerin, Zion, schwing hoch mit Kraft deine Stimme als Glücksmärbringerin, Jerusalem, schwinge sie hoch, fürchte dich nimmer, sprich zu den Städten Jehudas: Da, euer Gott!
In der jüdischen Tradition gibt es die Ansicht, dass es eine Theophanie gab. Die letztendliche Theophanie wird in der letzten Zeit stattfinden. „Hine הִנֵּה“ = „siehe“ kommt in V9 + 10 dreimal vor. Bedeutung von Wandlung, Transformation. Es ist vergleichbar mit „ecce“, das auf Jesus hinweist.
Zion steht für David, der die Jebusiterstadt eroberte und Zion (= Gezeichnete) nannte. Jakob / Israel zeigt die Anfänge des jüdischen Volkes in den Patriarchen, als es noch nicht so drüber und drunter ging.

V11 wie ein Hirt weidet er seine Herde, Lämmer hält er in seinem Arm, trägt sie an seinem Busen, die Mutterschafe leitet er sacht.
Gott gibt sich als der gute Hirte zu erkennen und macht damit deutlich, dass Er die falschen Propheten absetzt und selber für sein Volk eintritt. Daraus nimmt Jesus sein Vergleich vom guten Hirten.

V13 Wer hat SEINEN Geistbraus begriffen, ein Mann, dem seinen Ratschluß er kundgäbe? V14 mit wem hat er sich beraten, der zu unterscheiden ihm hülfe, der um den Pfad des Rechts ihn belehrte, der Erkenntnis ihn lehrte, der den Weg der Unterscheidungen ihm kundgäbe?

Jes.55, 8 Denn: »Nicht sind meine Planungen eure Planungen, nicht eure Wege meine Wege.« ist SEIN Erlauten.9Denn: »Hoch der Himmel über der Erde, so hoch meine Wege über euren Wegen, mein Planen über eurem Planen.«

In der Rede kommen viele rhetorische Fragen vor. Gott stellt dem Menschen Fragen (Gen.3,9 und 4,9 – Dialogisches Prinzip), weil ER immer mit dem Menschen ins Gespräch kommen will. Wie in den 4 Kapiteln bei Hiob (38-41) werden Fragen gestellt. Mittels dieser Fragen wird der Suchende überwältigt. Die Antworten sind so offensichtlich! Es muss erkennbar werden, dass Götzen „Nichtse“ sind und Gott unermesslich groß ist.
Wir Menschen müssen von uns lernen, nicht ER von uns. Der Hochmut der Menschen ist davon ableitbar.

V17 Stämme da, sie sind wie vom Schöpffaß ein Tropfen, wie fürs Schalenpaar ein Korn gelten sie, Eilande da, er lüpft sie wie Flocken.

Wie Israel so werden die gesamten Völker wegen ihrer Überheblichkeit gebrandmarkt. Die Völker hatten die Macht als Züchtigungsrute von Gott allein. Sie sind nicht die Herren der Schöpfung. Aber Israel ist mit seinem Zweifel auf dieselbe Stufe gesunken wie die Völker. > V18  Und wem wollt ihr den Gottherrn vergleichen, was als Gleichnis ihm zupassen?…
V21 Wollt ihrs nicht erkennen? wollt ihrs nicht hören? wards aus Urfrühe nicht euch gemeldet? habt ihr nicht unterschieden, was der Erde Grundfeste ist?

In diesem einen Satz stellt Gott sogar vier Fragen auf einmal. Das zeigt Seine große Kritik, die ER übt. Überheblich waren auch die Richter des Süd- und Nordreiches, wie auch im folgenden Vers zu lesen ist. Die Macht Gottes und die Ohnmacht des Menschen stehen im Mittelpunkt und sprechen in unsere heutige Zeit deutlich hinein. In den folgenden Versen zeigt ER, dass ER die Naturkräfte in den Händen hält und der Mensch unterlegen und ohnmächtig ist.
V25 Wem wollt mich ihr vergleichen, daß ich ähnlich wäre? spricht der Heilige.
Der Heilige ist der Abgesonderte. ER lässt sich mit niemandem vergleichen.
V27 Warum sprichst du, Jaakob, redest du, Jissrael: Verborgen vor IHM ist mein Weg, mein Recht entzieht sich meinem Gott?!
Wie kann der Mensch denken, dass Gott irgendetwas nicht sieht. Gott ist unbegrenzt und schläft und schlummert nicht. Gott prangert die Vermenschlichung Gottes an, die IHN begrenzen wollen und IHN nach dem Ebenbild des Menschen schaffen.

V31 aber die SEIN harren tauschen Kraft ein, wie die Adler treiben sie Schwingen, sie rennen und werden nicht müde, sie gehen und werden nicht matt.
Die Rollen werden wieder in der richtigen Reihenfolge definiert. Die Rollen mussten korrigiert werden. Nur wer sich in Gott fest macht, IHM vertraut, bekommt von Gott Kraft, denn IHM selber mangelt es nie an Kraft. Die Vertrauenden sind auch heute eine Minderheit, die sich als privilegiert sehen darf. Darin sieht man die Überheblichkeit der heutigen Mehrheitsgesellschaft. Aber wir dürfen uns zu Gott rechnen und dadurch die Kraft für jeden Tag bekommen.
Voller Bilder ist diese Rede. Der Orientale lernt von der Natur.

„Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern wie wir sind.“ (* 21. Februar 1903 als Angela Anaïs Juana Antolina Rosa Edelmira Nin y Culmell in Neuilly-sur-Seine bei Paris; † 14. Januar 1977 in Los Angeles) war eine amerikanische Schriftstellerin.)

Kurze Anmerkungen zu Kap. 43 und 55

Jes.43, 1Jetzt aber, so hat ER gesprochen, dein Schöpfer, Jaakob, dein Bildner, Jissrael, fürchte dich nimmer, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich mit Namen berufen, du bist mein.

Du bist mein, d.h. du brauchst nicht die high society, denn du gehörst zu mir. Das ist der große Trost für Jesaja. Zu Gott zu gehören, ist seine Berufung und sein Ein und Alles.

Jesaja 55,8 Denn: »Nicht sind meine Planungen eure Planungen, nicht eure Wege meine Wege.« ist SEIN Erlauten.

„Was wir von Gott wissen, ist ein Tropfen und was wir von Gott nicht wissen, ist ein Ozean.“ Isaac Newton

Gott ist von uns nicht zu erfassen. Jesaja spricht in Katastrophen herein. Die Kinder Israel fragen ebenfalls: „Wozu?“ Gott fordert eine eigene Souveränität ein. ER hat Seine Pläne und den Überblick über alles. Wir dürfen vor Gott klagen, aber ihm Vorwürfe zu machen, ist unnütz. Es gibt eine Weisheit von Gott, die uns nicht zugänglich sind. Selbst wenn Gott uns Dinge sagen oder erklären würde, könnten wir Menschen es mit unserem Gehirn nicht begreifen. Der Schöpfer muss sich uns gegenüber nicht legitimieren. Wir müssen  uns unterordnen, demütig und dankbar sein.

NHTS – Übersetzung von Naftali Thur Herz-Sinai
SCHLA – Schlachter-Übersetzung 2000
ZUR – Zürcher Übersetzung 1931
Im Allgemeinen sind die Bibelstellen aus BRU „Die Schrift“, Martin Buber und Franz Rosenzweig genommen.